Datenherausgabe an Ermittlungsbehörden der USA
Fragestunde - Protokoll Nr. 213 vom 12.12.2012
Verfahren der Datenherausgabe aus der Vorratsdatenspeicherung an Ermittlungsbehörden der USA und Deutschland
Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Fragen des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 17/11786, Frage 64):
Welche verschiedenen Instanzen bzw. deren Abteilungen müssen jeweils an den Rechtshilfeersuchen beteiligt werden, über die Ermittlungsbehörden aus den USA und Deutschland – Bund und Länder – Vorratsdaten aus der Telekommunikation austauschen, wie es das Magazin heise online am 6. Oktober 2012 unter anderem für einen „Elefantenpfad“ beschreibt, wonach der Ablauf über Bundeskriminalamt, Auswärtiges Amt, State Department, Justice Department, FBI bis zu neun Monate dauere – bitte auch die zugrunde liegenden Abkommen anführen und schildern, wenn der Prozess juristisch oder diplomatisch abgekürzt werden kann –, und inwiefern gelten diese Verfahren auch für die Herausgabe von Daten aus der Cloud, was nach Berichten von heise online -europäische Schutzbestimmungen verletzt (6. Dezember 2012)?
Bitte erlauben Sie, dass ich auf die Frage in gedanklichen Abschnitten antworte.
Erstens. Rechtsgrundlage für Rechtshilfeersuchen zur Übermittlung von Telekommunikationsdaten ist im Wesentlichen der Vertrag vom 14. Oktober 2003 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Rechtshilfe in Strafsachen in Verbindung mit dem Zusatzvertrag vom 18. April 2006 zu dem vorbezeichneten Vertrag. Solche Ersuchen zur Übermittlung von Daten aus der Telekommunikation richten sich im Einzelnen nach Art. 12 Nr. 1 dieses Rechtshilfevertrags vom 14. Oktober 2003.
Zweitens. Im ersten Teil der Frage erkundigen Sie sich nach den beteiligten Instanzen an Rechtshilfeersuchen zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland. Hierzu gilt:
Bei der Rechtshilfe in Strafsachen für Ersuchen um Übermittlung von Telekommunikationsdaten findet der justizministerielle Geschäftsweg Anwendung. Rechtshilfeersuchen werden zwischen dem Bundesamt für Justiz einerseits und dem US-amerikanischen Justizministerium andererseits übermittelt. In dringenden Fällen können Ersuchen zwischen den Justizministerien der Länder – Landesjustizverwaltungen – einerseits und dem US-amerikanischen Justizministerium andererseits übermittelt werden. So sieht es der deutsch-amerikanische Rechtshilfevertrag in Art. 2 vor.
Ersuchen um Datensicherung können in Eilfällen auch von den Kontaktstellen eines von den G8-Staaten initiierten 24/7-Netzwerkes übermittelt werden. Deutsche Kontaktstelle ist das Bundeskriminalamt. Die Herausgabe und Verwertung in diesem Verfahren gesicherter Daten setzt dann aber wiederum ein justizielles Rechtshilfeersuchen voraus.
Diese Erläuterungen beziehen sich ausschließlich auf die Übermittlung von Telekommunikationsdaten. Eine sogenannte und von Ihnen in Ihrer Frage erwähnte Vorratsdatenspeicherung, das heißt eine Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten von einem Anlass unabhängig und unabhängig von einem gerichtlichen Beschluss, findet in Deutschland nicht statt.
Drittens. Der zweite Teil Ihrer Frage betrifft den Zugang der Ermittlungsbehörden zu Daten, die im Wege des Cloud Computing gespeichert wurden.
Bei der Frage, auf welchem Weg auf Daten zugegriffen werden kann, die in der Cloud gespeichert sind, sind verschiedene Fallkonstellationen zu unterscheiden: Ausgangspunkt ist dabei, dass der Zugriff auf die Daten in dem Staat erfolgt, in dem sie lagern oder in dem der Cloud Provider seinen Sitz hat. Der Zugriff erfolgt nach den strafverfahrensrechtlichen Regelungen in diesem Staat. Dieser Staat ist, falls erforderlich, um Rechtshilfe zu ersuchen.
In der ersten Phase sind die Daten schnell zu sichern. Anschließend muss die Herausgabe und Verwertung der Daten unter sorgfältiger Prüfung rechtsstaatlicher Standards ermöglicht werden.
Die Voraussetzungen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit sind unterschiedlich, wenn der berechtigte Nutzer die Daten selbst und freiwillig auf seinen Rechner zurückholt, wenn er das Passwort bekannt gibt oder die Daten nicht gesichert sind, aber ein deutscher Ermittler am ausländischen Standort hoheitlich tätig wird, oder wenn der berechtigte Nutzer nicht mit der Rückholung der Daten einverstanden ist.
Die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und den USA erfolgt dabei auf der Grundlage des deutsch-amerikanischen Rechtshilfevertrages und des Übereinkommens des Europarates über Computerkriminalität, das die USA gezeichnet und in Kraft gesetzt haben.
Danach ergibt sich Folgendes:
Handelt der Nutzer selbst, ist weder für die Datensicherung noch für die Datenverwertung ein Rechtshilfeersuchen erforderlich.
Handelt ein Polizeibeamter, ist für die Datensicherung dann kein Ersuchen erforderlich, wenn die Daten öffentlich zugänglich sind oder der Nutzer zustimmt, Art. 32 Buchstaben a und b des Übereinkommens des Europarates über Computerkriminalität. Handelt ein Polizeibeamter und stimmt der Nutzer nicht zu, ist für die Datensicherung nach allgemeinen Grundsätzen ein Rechtshilfeersuchen zu stellen, wobei der Geschäftsweg zwischen den Polizeibehörden stattfindet, Art. 29 des genannten Übereinkommens.
Handelt ein Polizeibeamter, ist für die anschließende justizielle Verwertung der Daten regelmäßig ein justizielles Rechtshilfeersuchen nach allgemeinen Grundsätzen erforderlich, unabhängig davon, ob die Daten öffentlich zugänglich sind, der Nutzer zustimmt oder nicht zustimmt.