Position des BMJ zur Einführung von Warnhinweismodellen
Fragestunde - Protokoll Nr. 164 vom 07.03.2012
Position der Bundesministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zur Einführung von Warnhinweismodellen
Vizepräsident Eduard Oswald:
Vielen Dank. – Die Frage 14 des Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz wird schriftlich beantwortet. Wir kommen damit zur Frage 15 unseres Kollegen Burkhard Lischka:
Wie lässt sich der Sinneswandel der Bundesministerin der Justiz, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, im Hinblick auf die Einführung von Warnhinweismodellen erklären, die sich in ihrer Berliner Rede zum Urheberrecht im Jahr 2010 zunächst positiv hierzu geäußert hatte, mittlerweile eine solche Regelung in einer YouTube-Botschaft vom 8. Februar 2012 jedoch ablehnt?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Herr Kollege Lischka, die Bundesministerin der Justiz, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, hat sich in der Tat in der sogenannten Berliner Rede zum Urheberrecht vom 14. Juni 2010 zu Warnhinweisen geäußert, sie jedoch nicht befürwortet. Sie hat nämlich erklärt, ein Warnhinweismodell könne nur in Betracht kommen, wenn es sich technisch ohne eine Inhaltskontrolle und Datenerfassung realisieren ließe. In ihrer YouTube-Botschaft vom 8. Februar 2012, auf die Sie sich beziehen, hat die Bundesjustizministerin dies bekräftigt.
Vizepräsident Eduard Oswald:
Ihre erste Nachfrage, Herr Kollege.
Burkhard Lischka (SPD):
Vielen Dank, Herr Stadler, für Ihre Beantwortung.
In Bezug auf das Warnhinweismodell aus der Studie des Bundeswirtschaftsministeriums, das auch Gegenstand vorheriger Fragen war, wird davon ausgegangen – so verläuft im Augenblick ja auch der Dialog –, dass es aufgrund einer freiwilligen Vereinbarung zwischen den Rechteinhabern und den Providern umgesetzt werden kann, indem es durch allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbart wird. Halten Sie das juristisch für möglich, oder sehen Sie hier einen gesetzgeberischen Handlungsbedarf, sofern man ein derartiges Warnhinweismodell umsetzen will?
Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Herr Kollege Lischka, eine ähnliche Debatte hatten wir ja bei dem seinerzeitigen Zugangserschwerungsgesetz, als von der Großen Koalition Internetsperren eingeführt worden sind, die auf Initiative dieser Bundesregierung jetzt gerade wieder abgeschafft worden sind – übrigens auch mit Ihren Stimmen. Damals gab es eine Debatte darüber, wie man der Darstellung von sexuellem Missbrauch von Kindern im Internet begegnet.
Als seinerzeit die Internetsperren von der Großen Koalition eingeführt worden sind, gab es auch schon eine Debatte darüber, ob eine freiwillige Vereinbarung zwischen den Beteiligten ausreichen würde. Die damalige Bundesjustizministerin Brigitte Zypries von der SPD hatte die Auffassung vertreten, dass eine gesetzliche Regelung notwendig ist. Diese Auffassung habe ich seinerzeit auch geteilt. Bei der aktuellen Debatte müsste man diese Frage, wenn es denn überhaupt zu einem solchen Modell käme, noch einmal aufgreifen und sorgfältig prüfen, ob die Sachverhalte vergleichbar sind.
Noch einmal will ich aber sagen: Das, was aus dem Bundeswirtschaftsministerin bisher in die Debatte eingebracht wurde, ist noch keine Festlegung auf ein -bestimmtes Modell – weder auf das sogenannte Vertragsmodell, bei dem man mit allgemeinen Geschäftsbedingungen arbeitet, noch auf eine gesetzliche Regelung –, und noch steht überhaupt nicht fest, ob es überhaupt zu einem Warnhinweismodell kommen wird.
Vizepräsident Eduard Oswald:
Ihre zweite Nachfrage, Herr Kollege.
Burkhard Lischka (SPD):
Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Urheberrechtsverletzungen im Internet werden derzeit über einen Auskunftsanspruch verfolgt, der bei Gericht geltend gemacht werden kann und den es hier in Deutschland seit September 2008 gibt.
Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Ja, genau.
Burkhard Lischka (SPD):
Haben sich dieser Auskunftsanspruch und das Verfahren, das wir derzeit in Deutschland praktizieren, nach Ansicht der Bundesregierung bewährt?
Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Herr Kollege Lischka, dieses Verfahren hat sich unserer Auffassung nach bewährt. Es ist ja zu Ihrer Regierungszeit von der Großen Koalition eingeführt worden. Nachdem ich vorhin ein anderes Gesetzgebungsvorhaben kritisch erwähnt habe, will ich jetzt gerne auch einmal etwas positiv darstellen.
Die Rechteinhaber können den Inhaber einer dynamischen IP-Adresse über einen Auskunftsanspruch bei Gericht abfragen. Dieses Verfahren geht sehr schnell; es wird sehr häufig praktiziert. Es ist dann Sache der Rechteinhaber, wie sie ihr Urheberrecht weiter durchsetzen. Beispielsweise wäre es eben auch möglich, dass man dem Nutzer den Hinweis gibt, dass er sich urheberrechtswidrig verhalten hat, ohne dass dies schon mit Abmahnkosten oder Schadensersatzansprüchen verbunden ist. Dies wäre nach geltendem Recht ja möglich.