Auch der Zweitwohnsitz ist wählbar
Der ehemalige Thurmansbanger Rat Andreas Bauer ist glücklich, eine Gesetzesänderung mit angestoßen zu haben
Von Hermann Haydn
Thurmansbang. Für Andreas Bauer ist es quasi der entscheidende Sieg. In München wurde das Kommunalwahlrecht vor wenigen Tagen reformiert, wie FDP-Kreisrat Gerhard Drexler jetzt mitteilte. Und Bauers Fall könnte mit ein Auslöser dafür gewesen sein. Künftig reichen auch Zweitwohnungsmeldungen, um in einer Gemeinde politische Ehrenämter zu bekleiden, sofern damit auch der persönlich definierte Lebensmittelpunkt verbunden ist. Dort müssen nicht unbedingt Frau und Kind leben. Auch dort zu arbeiten und seine Existenz zu bestreiten, kann dafür der entscheidende Grund sein.
Vor etwa vier Jahren sorgte der Fall Andreas Bauer für Schlagzeilen, sogar überregional. Dabei gibt es seiner Schätzung nach etwa 500 solcher Fälle in Bayern. Nur, wo kein Kläger, da kein Richter. So lange sich niemand daran stört, dass ein Gemeinderat beispielsweise hier seinen Hof hat, seine Frau aber außerhalb der Gemeindegrenzen ihre Wohnung, so lange wurde dieser Umstand bisher auch politisch toleriert. Nicht aber rechtlich, wenn die Frage zur Prüfung aufgeworfen wird.
In Thurmansbang wurde die Frage gestellt. Die Freien Wähler mit Bürgermeister Martin Behringer hatten so die Möglichkeit, nach geltendem Recht den CSU-Ortsvorsitzenden aus dem Amt zu hebeln. Und auch vor Gericht hatte die Entscheidung Bestand. Als Nächstes wäre Bauer noch der Weg zum Europäischen Gerichtshof bevorgestanden. Auf dem Weg war die Frage bereits. Aber das kann dauern. Das Warten hat sich nun erübrigt.
Schützenhilfe bekam er zwischenzeitlich von anderer Seite. Landwirtschaftsminister Helmut Brunner und Landrat Ludwig Lankl wollten sich stark machen. Und auch die FDP mit Gerhard Drexler aus Freyung und der Passauer Justizstaatssekretär Dr. Max Stadler boten politische Koalition.
Andreas Bauer sieht diese Entscheidung für wichtiger als vor Gerichten Recht zu bekommen. Denn das wäre dann doch wieder eine Einzelfallentscheidung, sagt er. Nun können aber alle Bewerber und Amtsinhaber in Bayern aufatmen, die ihr Engagement und ihr Ehrenamt mit der Überzeugung verbinden, dort politisch aktiv zu sein, wo sie politisch auch hingehören; unabhängig von Ehestand oder Wochenendaktivitäten. Diesen öffentlichen und medial ausgetragenen „Seelenstriptease“ müsse nun keiner mehr abliefern.
Er habe doch seine Existenz in Thurmansbang, er sei in Vereinen aktiv. Dort sei er CSU-Vorsitzender und dort möchte er gerne mitgestalten, betont Bauer. Man könne es sich auf Dauer ohnehin nicht mehr leisten, Leute, die ein Ehrenamt ausüben wollen, zu verprellen, nur weil sie sich auch außerhalb der Gemeinde aufhalten. Da wären die Lebensmodelle heutzutage einfach viel flexibler. Wie gesagt, vor dem geltenden Recht hatte er damit nicht als Rat bestehen können. Seine politische Sicht der Dinge wurde nun aber bestätigt. In einem muss sich aber jeder Bewerber auch weiterhin klar sein: Kandidieren kann er nur in dem Bereich, den er als seinen Lebensmittelpunkt ansieht, nicht an zwei Wohnorten zugleich.
Für Andreas Bauer ist es eine Genugtuung. Denn er betonte stets, dass er sich als unnötiges politisches Opfer in der Gemeinde gesehen habe. Vom Innenministerium sei da nie Druck aufgebaut worden und auch vor Gericht sei der Bürgermeister darauf angesprochen worden, dass die Ratsentscheidung dafür ursächlich sei, dass verhandelt werden musste. Für Andreas Bauer sei es dagegen ein inneres Bedürfnis gewesen, der Amtsenthebung nicht einfach tatenlos zuzuschauen. Das wäre für ihn gewesen, wie eine Schuld einzugestehen, sagt er. Umso zufriedener sei er, dass er als kleiner, einfacher Mann das nun mit angestoßen habe. Eine große Medienresonanz sah er als ursächlich dafür, dass die Wahlrechtsänderung nun als sinnvoll erachtet wurde. In einem Mail schreibt er: „Wer kann schon von sich behaupten, eine solch einschneidende Wahlrechtsänderung in die Wege geleitet zu haben?“
Wie geht es nun politisch mit ihm weiter? 2014 steht die nächste Wahl an. Politisch war Bauer weiter aktiv; wahrscheinlich sogar mehr, als er es als Gemeinderat hätte sein können. Und das möchte er auch gerne weiterhin. Vorgreifen wolle er aber keiner Entscheidung, die nicht allein an ihm liege. Da müsse erst einmal der Ortsverein sagen, wie es nun weiter gehen solle, so Bauer.
Von Bürgermeister Martin Behringer war zu dieser Entscheidung zu erfahren: Man habe damals nach geltendem Recht gehandelt. Und auch jetzt sei das veränderte Recht die Grundlage für eine künftige Zusammenarbeit auf kommunalpolitischer Ebene. Für ihn stelle es kein Problem dar, gesetzliche Vorgaben zu akzeptieren.