Härteleistungen für Opfer extremistischer Übergriffe
Fragestunde Protokoll Nr. 145 vom 30. November 2011Gründe für die geringe Anzahl positiver Bescheide auf Gewährung von „Härteleistungen für Opfer extremistischer Übergriffe“
Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage des Abgeordneten Burkhard Lischka (SPD)
Wie erklärt es die Bundesregierung, dass angesichts von 762 rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten im Jahr 2010 – darunter 638 Körperverletzungen – lediglich 68 Anträge auf Gewährung von „Härteleistungen für Opfer extremistischer Übergriffe“ positiv beschieden worden sind und im Jahr 2010 aus dem mit 1 Million Euro ausgestatteten Haushaltstitel 681 01 des Bundesamtes für Justiz insgesamt nur 8 160 Euro für Opfer extremistischer Übergriffe ausbezahlt wurden?
Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Zu dieser Frage darf ich mitteilen, dass im Jahr 2010 bei dem für die Bearbeitung dieser Anträge zuständigen Bundesamt für Justiz von Opfern rechtsextremistischer Übergriffe insgesamt 97 Anträge auf Bewilligung von Härteleistungen gestellt worden sind. Davon sind 67 Anträge positiv beschieden worden, 22 Anträge abgelehnt worden, und über acht Anträge ist noch nicht entschieden.
Die Diskrepanz zwischen der Zahl der erfassten rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten, die ja höher liegt, und der relativ geringen Zahl der gestellten Anträge lässt sich vielleicht teilweise dadurch erklären, dass die jährlichen polizeilichen Statistiken über politisch motivierte Kriminalität weitaus mehr Taten erfassen als jene, bei denen die Opfer Härtefallleistungen erhalten können. Ein weiterer Grund dürfte darin liegen, dass in den Bundesländern ein sehr unterschiedliches Netz von Opferberatungsstellen existiert. In manchen Ländern wird sehr intensiv beraten, in anderen weniger. Gleichwohl sind diese Erklärungen auch für uns nicht völlig ausreichend. Insgesamt sind die Gründe für die geringe Zahl der Antragsstellungen daher nicht genau zu benennen.
Wir bemühen uns, die Opfer verstärkt zu informieren. Dafür gibt es verschiedene Maßnahmen, die ich wegen der Ein-Minuten-Regel jetzt nicht im Detail aufzählen kann. Aber das Bundesministerium der Justiz ist mit allen Stellen, die für die Opfer in Betracht kommen, in Kontakt und informiert über die Möglichkeit der Antragstellungen, mehrmals jährlich auch mit Rundschreiben. Es bleibt zu hoffen, dass damit diese Möglichkeit der Ersatzleistungen besser bekannt wird und die Zahl der Anträge, für die ja Mittel zur Verfügung stehen, zunehmen wird.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Eine Nachfrage, Herr Kollege Lischka? – Bitte sehr.
Burkhard Lischka (SPD):
Herr Stadler, könnten Sie mir mitteilen, wie viel Gelder im vergangenen Jahr zum einen an die Opfer rechtsextremistischer Gewalttaten und zum anderen an die Opfer linksextremistischer Gewalttaten ausgezahlt wurden? Können Sie vielleicht auch etwas zu der Spannbreite der ausgezahlten Einzelbeträge sagen?
Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Ich habe, da Sie ja insbesondere nach der Zahl der rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten gefragt und die Frage gestellt haben, wieso nur ein Teil der Opfer Anträge gestellt hat, in Vorbereitung meiner Antwort auch die Summe, die an Opfer rechtsextremistischer Gewalt ausgezahlt worden ist, notiert. Diese Summe betrug im Jahr 2010 etwa 63 000 Euro. Im Jahr 2011 sind bisher 67 800 Euro zugesprochen worden. Die Summen variieren natürlich im Einzelfall. Sie werden sich erinnern, weil es ja auch veröffentlicht worden ist, dass jetzt für die Angehörigen der Opfer der Nazi-Mordserie Beträge von 10 000 Euro vorgesehen sind.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Weitere Nachfrage.
Burkhard Lischka (SPD):
Vielen Dank. – Herr Stadler, ich darf den letzten Aspekt, den Sie genannt haben, direkt aufgreifen. Es ist durch die Bundesjustizministerin angekündigt worden, dass die Angehörigen der durch die Zwickauer Terrorzelle Ermordeten eine Pauschalentschädigung in Höhe von 10 000 Euro erhalten sollen. Nun habe ich dem Merkblatt des Bundesamtes der Justiz entnommen, dass darüber hinaus beispielsweise auch Unterhaltsschäden ersetzt werden können, die im Einzelfall natürlich weitaus höher sein können als der Betrag von 10 000 Euro, der jetzt pauschal ausgezahlt werden soll. Haben die Angehörigen – neben dieser Pauschalentschädigung – die Möglichkeit, noch weitere Schäden geltend zu machen, oder sollen diese mit der Pauschalentschädigung abgegolten sein?
Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Im streng juristischen Sinn kann man bei diesen Leistungen nicht von Entschädigung sprechen. Sie sind vielmehr als eine Art Soforthilfe und als Anerkennung des erlittenen Unrechts gedacht. Daher wird dieses Geld auch pauschal ausgereicht. In jedem Einzelfall wird geprüft, ob besondere Umstände hinzukommen, was zu einer zusätzlichen Entscheidung führen kann. Das kann ich aber nur anhand des Einzelfalls bewerten.