Maßnahmenlisten der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan
Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN )
(Drucksache 17/4406, Frage 41):
Wie rechtfertigt die Bundesregierung auch unter strafrechtlichen Gesichtspunkten, vor allem einer bedingt vorsätzlichen Mordteilnahme, die laufende Praxis deutscher Militär- oder Sicherheitsbehörden, in Afghanistan angebliche Aufständische für diverse Maßnahmenlisten der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan zu benennen, obwohl die Bundesregierung dabei in Kenntnis entsprechender Vorgehensweisen nicht ausschließen kann, dass die betreffenden Personen daraufhin in Afghanistan oder Pakistan unter anderem durch Drohnenangriffe von US-Stellen getötet werden (vergleiche Antworten der Bundesregierung auf meine zahlreichen Anfragen sowie auf die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Bundestagsdrucksache 17/2884 zu Frage 27), und wie beurteilt die Bundesregierung ebenfalls strafrechtlich die Praxis des Bundeskriminalamtes sowie wohl weiterer deutscher Sicherheitsbehörden, laufend an ausländische Partnerdienste Personaldaten über aus Deutschland ausreisende „Gefährder“ zu übermitteln, ohne dabei eine Datenverwendung zu deren Tötung auszuschließen, wie – einer Strafanzeige des Richters am Oberlandesgericht Thomas Schulte-Kellinghaus zufolge – der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, schon am 21. Juni 2006 öffentlich eingeräumt haben soll (vergleiche Spiegel Online vom 8. Januar 2011, taz vom 12. Januar 2011)?
Die strafrechtliche Beurteilung der von Ihnen angesprochenen Geschehnisse obliegt den zuständigen Stellen der Justiz des Bundes und der Länder. Dementsprechend hat – vergleiche die Antwort der Bundesregierung auf die Frage 23 der Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 23. November 2010 „US-Drohnenangriff tötet deutsche Staatsangehörige – Eingreifen der deutschen Justiz“, Bundestagsdrucksache 17/3916, Seite 8, – der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof wegen eines mutmaßlichen Drohnenangriffs am 4. Oktober 2010 bei der Stadt Mir Ali, über den in den Medien berichtet wurde, einen Prüfvorgang angelegt. Gegenstand der Prüfung ist die Frage, ob Anlass besteht, ein Ermittlungsverfahren wegen eines in die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts fallenden Straftatbestandes einzuleiten. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen.
Der Bundesregierung ist weiterhin bekannt, dass bei der Staatsanwaltschaft Hamburg eine Strafanzeige im Zusammenhang mit den „Drohnenfällen“ in Pakistan eingegangen ist, die dort derzeit bearbeitet wird. Im Übrigen darf ich auf die – auch von Ihnen bereits angeführte – Antwort der Bundesregierung auf die Frage 27 der Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 8. September 2010 „Informationspolitik zum Afghanistan-Einsatz“, Bundestagsdrucksache 17/2884, Seite 10 f., verweisen.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Der Bundesregierung ist bekannt, dass ein Richter am Oberlandesgericht eine Strafanzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Wiesbaden gestellt hat. Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden hat den Vorgang mit der Bitte um Prüfung, ob der Anfangsverdacht einer in die Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft fallenden Straftat besteht, an den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof übersandt. Diese Prüfung findet derzeit statt. In diesem Verfahrensstadium nimmt die Bundesregierung zu dem erhobenen strafrechtlichen Vorwurf keine Stellung.