Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Änderung des § 522 der Zivilprozessordnung
Wir bleiben beim Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz und kommen zur Frage 11 der Abgeordneten Sonja Steffen:
Wird die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Änderung des § 522 der Zivilprozessordnung vorlegen?
Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Frau Kollegin Steffen, vielleicht darf ich kurz erläutern, dass es bei § 522 Abs. 2 ZPO darum geht, dass Berufungen in Zivilsachen per Beschluss verworfen werden können, ohne mündliche Verhandlung, allerdings nach einem Hinweis des Gerichts. An dieser Regelung wird in der Praxis vielfach Kritik geübt. Deswegen sollte diese Vorschrift so geändert werden, dass bei ihrer Anwendung insbesondere eine einheitliche Rechtsprechungspraxis erreicht wird. Zu diesem Zweck ist insbesondere die Einführung eines Rechtsmittels gegen den Zurückweisungsbeschluss ins Auge zu fassen. Man muss auch darüber nachdenken, die mündliche Verhandlung wieder zu stärken oder vielleicht die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen solchen Zurückweisungsbeschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verschärfen. Das ist die eine Seite.
Auf der anderen Seite ist in die Überlegungen allerdings auch einzubeziehen, welche Folgen dies für die Justiz und insbesondere welche finanziellen Auswirkungen eine Gesetzesänderung auf die Haushalte von Bund und Ländern hätte. Insofern handelt es sich um keine ganz einfache Thematik. Auch hier ist die Meinungsbildung innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen.
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Eine Nachfrage? - Bitte schön.
Sonja Steffen (SPD):
Vielen Dank. - Ich möchte Sie an den Gesetzentwurf erinnern, der 2008 seitens der FDP-Fraktion eingebracht worden ist. Sie werden wissen, dass die gesamte Anwaltschaft im Grunde genommen dafür plädiert, dass § 522 Abs. 2 ZPO abgeschafft wird. Ich hätte gerne gewusst: Sprechen tatsächlich nur finanzielle Gründe dagegen? Denn ich glaube, jeder Jurist plädiert dafür, diese Vorschrift abzuschaffen; es sei denn, er ist Richter und hat aus dieser Perspektive damit zu tun. Aus meiner Sicht stellt sie einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip dar.
Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Frau Kollegin Steffen, Sie haben zu Recht Kritik aus der Anwaltschaft an dieser Vorschrift zitiert, aber es gibt auch eine erhebliche Kritik von Bürgerinnen und Bürgern, die persönlich davon betroffen gewesen sind. Ihre Kritik geht vor allem dahin, dass man auch bei bedeutsamen Rechtstreitigkeiten und durchaus erheblichen Streitwerten keine weitere Instanz zur Verfügung hat und dass es im Falle eines solchen Zurückweisungsbeschlusses nicht möglich ist, dem Gericht in mündlicher Verhandlung sein Anliegen persönlich vorzutragen. Deswegen habe ich die Punkte dargelegt, bei denen wir Änderungen ins Auge fassen.
Wir gehen in unseren Überlegungen allerdings nicht so weit, die Vorschrift gänzlich abzuschaffen. Dazu muss man vielleicht erläutern, dass dem Zurückweisungsbeschluss eine begründete Darlegung des Gerichts vorausgeht, warum eine Berufung nicht für aussichtsreich gehalten wird. Zumindest von Teilen der Anwaltschaft wird gesagt, solche Hinweise seien durchaus nützlich, um die Prozessrisiken und die Chancen eines Rechtsmittels einschätzen zu können. Diese Hinweise führen dann vielleicht auch dazu, dass eben doch eine Reihe von Fällen auf diesem schnelleren und kostengünstigeren Weg erledigt werden kann. Diese Möglichkeit wollen wir eben nicht völlig abschneiden, aber wir haben Änderungen ins Auge gefasst, die ich Ihnen geschildert habe.
Ein hauptsächliches Gegenargument ist in der Tat, dass man die finanziellen Auswirkungen noch genau untersuchen muss. Danach müssen wir eine Entscheidung treffen, die wir Ihnen vorlegen, und dann werden wir sehen, wie Sie dazu stehen.
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Haben Sie eine zweite Nachfrage? - Das ist nicht der Fall.