Diplomatisch sagt Stadler Nein zum Datenkauf
Der Justiz-Staatssekretär äußert sich aus Kabinettsdisziplin offiziell nicht zur Steueraffäre. Die Fragen stellten die MZ-Redakteure Gustav Norgall, Stefan Stark und Manfred Sauerer.Warum hört man in der Diskussion um die Steuersünder-CD nichts von der Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger oder von Ihnen als ihr Staatssekretär?
Das liegt an der Zuständigkeitsverteilung innerhalb der Bundesregierung. Es handelt sich um eine Angelegenheit der Steuerfahndung, dafür ist der Bundesfinanzminister zuständig und die betroffenen Länderfinanzminister. Es gibt ein ungeschriebenes Gesetz, dass ein Ressort, das nicht zuständig ist, einem anderen zuständigen Minister keine öffentlichen Ratschläge gibt. Wir halten diese Kleiderordnung ein und machen dem Finanzminister Wolfgang Schäuble keine Vorschriften.
Aber was ist Ihre persönliche Meinung? Die CD kaufen oder nicht?
Beim Ankauf der Liechtenstein-Unterlagen habe ich geäußert, dass ich es als unzulässig angesehen habe, den Bundesnachrichtendienst zum Einkauf gestohlener Daten einzuschalten. Ich darf auch darauf hinweisen, dass der FDP-Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag, Thomas Hacker, sich klar gegen den Kauf ausgesprochen hat, mit dem Argument, der Staat dürfe nicht von einem Datendieb gegen Geld Beweismittel ankaufen.
Aber Steuersünder müssen doch bestraft werden?
Der Punkt ist unstreitig. Steuerdelikte sind strafbare Handlungen. Damit wir uns aber nicht die Frage stellen müssen, ob wir von einem Datendieb Beweismittel beschaffen sollen, wäre es dringend erforderlich, die Verhandlungen mit der Schweiz über ein Doppelbesteuerungsabkommen zum Abschluss zu bringen.
Sie halten sich an die Kabinettsdisziplin, aber die Koalition insgesamt streitet sich und hat einen Stolperstart hingelegt
Die Lage ist besser als die Stimmung. Wenn sich alle Seiten bemühen würden, das, was wir im Koalitionsvertrag festgelegt haben, Schritt für Schritt umzusetzen, wäre das Erscheinungsbild der Bundesregierung besser. Die ersten Maßnahmen sind so schlecht nicht gewesen.
Das sieht die Öffentlichkeit anders.
Ein Gegenbeispiel. Die Afghanistan-Frage bewegt die Bevölkerung sehr stark. Die Bundesregierung hat dank des Einsatzes von Außenminister Guido Westerwelle eine neue Linie eingeleitet. Der zivile Aufbau wird stärker betont und Afghanistan soll in absehbarer Zeit in die Lage versetzt werden, selber für die Sicherheit zu sorgen. Damit wurde eine Abzugsperspektive für die Bundeswehr geschaffen.
Aber innenpolitisch steht schwarz-gelb unter Druck.
Die Koalition hat Entscheidungen getroffen, die notwendig waren, zum Beispiel im Erbschaftssteuerrecht und bei der Unternehmensbesteuerung. Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz fand aber keine positive Resonanz, weil der Streit um die Mehrwertsteuersenkung für die Hotellerie leider alles überlagert.
War das eine falsche Entscheidung, die man zurücknehmen muss?
Ich halte sie gerade als ostbayerischer Abgeordneter für richtig. Unser Nachbarland Österreich hat die Mehrwertsteuer für die Hotellerie abgesenkt. Damit unsere Betriebe konkurrenzfähig bleiben und investieren können, haben wir uns für die Mehrwertsteuersenkung eingesetzt. Das hatte mit einer Spende nichts zu tun ? auch wenn uns das keiner glaubt.
Wird die FDP jetzt wieder nur als Steuersenkungspartei wahrgenommen?
Wenn wir als Steuersenkungspartei bezeichnet werden, haben wir nichts dagegen. Das ist ein Markenzeichen der FDP. Die Frage einer großen Steuerreform wird uns aber sicher die ganze Legislaturperiode begleiten.
Die FDP will das Image der sozialen Kälte loswerden. Warum wollen Sie dann eine Kopfpauschale im Gesundheitssystem?
Gesundheitsminister Philipp Rösler kämpft für den Umbau, weil die Kopfpauschale sozialer ist als das jetzige System. Ein sozial Schwächerer bekommt dann einen Ausgleich über Steuergelder. Nicht nur der etwas besser verdienende Arbeitnehmer leistet so über seine Beiträge einen sozialen Ausgleich, sondern das Geld wird aus allen Einkünften genommen, zum Beispiel vom Hauseigentümer mit seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung oder vom Aktienbesitzer und seinen Einnahmen.
Dann müssen Sie aber Millionen Menschen auch auf ihre Bedürftigkeit überprüfen. Ist das nicht eine Horrorvorstellung für einen Liberalen?
Jeder kann selber entscheiden, ob er einen Zuschuss in Anspruch nimmt. Man muss aber natürlich offen sagen, dass das Modell einen gewissen Verwaltungsaufwand mit sich bringt.
Der Koalitionspartner CSU sagt, dieser Plan ist nicht bezahlbar.
Das Modell ist nur durchsetzbar, wenn die ganze Koalition dazu steht. Nach unserer Meinung ist es im Koalitionsvertrag angelegt.
Rösler hat sein Schicksal als Minister mit der Kopfpauschale verknüpft. Ist er in zwei Jahren noch im Amt?
Er wird noch im Amt sein.
Der Jurist Max Stadler