Keine Ahnung, Herr Dr. Stadler?
Zum Artikel „Staatssekretär will Laden-Öffnungszeiten freigeben“ vom 6. November:Herr Max Stadler - Staatssekretär im Justizministerium, nicht im Wirtschaftsministerium - darf mich gerne in meinem beruflichen Alltag begleiten und sich auch mit den Sorgen und Nöten der Einzelhändler, egal welche Branche, mit auseinandersetzen. In meiner täglichen Beratungstätigkeit bei den Einzelhandelsunternehmen sind auch die Öffnungszeiten ein heikles Thema.
Für die „kleinen“ Handelsgeschäfte, die sowieso nur noch mit den Inhabern selbst betrieben werden (können), weil der „übermächtige“, zentralisierte Einzelhandel mit seiner Preis- und Sortimentspolitik den kleineren Geschäften keine Chance mehr gibt, stellt sich die Frage nach längeren Öffnungszeiten nicht. Man kann nicht Tag für Tag zwanzig Stunden im Laden stehen, im Urlaub seinen Laden zusperren, und am Jahresende ein positives Betriebsergebnis erwarten.
Große Unternehmen und Filialbetriebe haben es da wesentlich leichter. Man kann öffnen, so lange man will, neben dem ausgedünnten Stammpersonal bedient man sich dort so genannter „Geringverdiener“ (welch ein abwertendes Wort). Das meiste sucht sich der Kunde zu gesenkten Preisen oder zu „sagenhaften“ Rabatten im Regal sowieso selbst. Sicher, so der Staatssekretär weiter, ist es nicht besonders angenehm, wenn diese „Geringverdiener“ dann abends bis spät in die Nacht im Laden stehen. Es leidet nicht nur ein geregeltes Familienleben darunter, das Herr Stadler und seine Kollegen bei allen Möglichkeiten hervorhebend erwähnen, schlimmer ist, dass diese Menschen für Null Rente, Null Arbeitslosenversicherung und Null Aufstiegschancen Dienst tun.
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*Übermächtige Konzerne*
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Jetzt könnte man sagen, diese Leute sind selbst Schuld, dass sie keinerlei Vorteile aus ihrem Job haben, aber da steht, wie oben gesagt, die Personalpolitik der „übermächtigen“ Konzerne dagegen. Geringe Preise und längere Öffnungszeiten erfordern geringe Kosten, eine ganz einfache Rechnung. Beides kann der „kleine“ Einzelhändler nicht rechnen.
Mit freigegebenen, längeren Öffnungszeiten haben die Einzelhändler in Stadt und Land schlicht und ergreifend geringere Chancen, in der Handelslandschaft dauerhaft zu bestehen. In Konzernen und zentral gesteuerten Unternehmen tut man sich da wesentlich leichter, Organisationen mit längeren Öffnungszeiten aufzubauen. [...]
Herr Stadler kann sich sicher gut vorstellen, dass man in kleinen Orten verlängerte Öffnungszeiten nicht durchsetzen kann und die Menschen dann dorthin fahren, wo diese angeboten werden.
Schade ist nur, dass Herr Stadler anscheinend wirklich nicht weiß, welche Sorgen und Nöte die inhabergeführten Einzelhandelsunternehmen jetzt und in Zukunft haben. Lassen die Umsätze nach, verringern sich die Erträge, verringern sich die Erträge, bleiben Investitionen aus, bleiben die aus, kommen keine Kunden mehr in diese Geschäfte. Ein Kreislauf, der sich dann in den Leerständen in den Orten und auch Städten zeigt, manchmal unannehmbar hoch.
Wo bleibt die „gesunde“ Handelsstruktur (Einkaufserlebnis), die von allen Politikern, auch von der FDP gefordert wird? Oder wollen selbst die Vertreter der FDP jene Handelsstruktur, die sich derzeit entwickelt, wo alle Einkaufszentren und Outlets in jeder Stadt gleich aussehen, gleich gestaltet sind, meistens ohne Individualität? Und Herr Stadler hat noch nicht bemerkt, dass der inhabergeführte Einzelhandel seit Verlängerung der Öffnungszeiten doch Probleme hat, die er nur so lösen kann, dass man sein Geschäft aufgibt. Die prophezeite Entwicklung ist irgendwie doch eingetroffen.
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*Auswirkungen überlegen*
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Kein Mensch möchte die Zeit zurückdrehen, auch der selbstständige Händler nicht. Aber man sollte sich immer vorher überlegen, welche Auswirkungen Forderungen von Politikern haben, die nicht mit den Beteiligten diskutiert und durchgespielt werden. Und noch einen Tipp an Herrn Stadler: Er kann ja seinen „Befürworter“, den Herrn Dittlmann einmal fragen, warum er sein Geschäft aufgegeben hat und an zwei zentral geführte Einzelhandelsunternehmen vermietet hat. Vielleicht schwächt dies dann seine Aussage ab.
Josef Himsl, Obernzell