„Wir sind doch alle Christen“
Ein Präsident und ein Kardinal bei MiE: Was Persönlichkeiten ihnen sagen wollenPassau. Politik und Kirche treffen am 16. September im Passauer Medienzentrum aufeinander. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe ?Menschen in Europa? (MiE) diskutieren der tschechische Staatspräsident Václav Klaus und Christoph Kardinal Schönborn, der Erzbischof von Wien. Die Passauer Neue Presse hat Persönlichkeiten aus dem Verbreitungsgebiet befragt, was sie sich von den Diskutanten wünschen und wie sie die Politik der beiden Männer sehen.
?Gibt es eine gemeinsame Idee Europas?? ist die Frage, zu der sich Kardinal Schönborn und Präsident Klaus äußern werden - durchaus provokant, da Klaus als EU-Skeptiker bekannt ist und die Wirtschaftssysteme der Mitgliedsländer durch die Europäische Union unterdrückt sieht.
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Die Vorteile der EU: Friede und Reisefreiheit
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Die Bedenken des Staatspräsidenten kann Deggendorfs Oberbürgermeisterin *Anna Eder* (CSU) nicht teilen: ?Ohne die EU stünden wir nicht da, wo wir jetzt stehen. Was will ein kleines Land, ohne eingebunden zu sein in eine Gemeinschaft?? Der wirtschaftliche Aufschwung vor der Krise sei nicht zuletzt auch der Europäischen Union zu verdanken. Die Vorteile der Europäischen Union liegen für sie auf der Hand: seit Jahrzehnten Frieden und die Freiheit zu reisen.
Als ?Erfolgsgeschichte? bezeichnet daher MdB *Max Stadler* (FDP) die EU. Er ist ebenfalls Gegner der Klaus-Politik, gibt aber zu bedenken: ?Man muss nicht alles gut heißen, was aus Brüssel kommt, und kann trotzdem überzeugter Europäer sein. Ich bin voll für die EU, aber auch Gutes kann immer noch besser gestaltet werden?. Der Politiker sieht einen deutlichen Reformbedarf, unter anderem mit einer Stärkung des Europäischen Parlaments und mehr Mitsprache des Bundestags, aber die EU sei unverzichtbar.
Politikwissenschaftler Prof. Dr. *Heinrich Oberreuter* würde Präsident Václav Klaus gerne sagen, dass grundsätzlich nichts einzuwenden sei gegen Skepsis gegenüber einem Übermaß an europäischer Integration und gegen die Verteidigung nationaler Identität und Souveränität. ?Aber so gut wie keine Symbiose zwischen Nation und Europa zulassen zu wollen, ist borniert und widerspricht eigenen Interessen.? Klaus schaue sich doch die Grenzregion an und den ökonomischen Aufschwung Tschechiens: ?Dann sollte er wissen, was sein Volk an Europa hat.?
Der zweite Podiumsteilnehmer, Kardinal Schönborn, fordert zusammen mit der katholischen Kirche, dass Europa wieder christlicher werden muss. Aber was müsste sich ändern, damit sich wieder mehr Menschen für den Glauben engagieren? Einen konkreten Plan dazu hat Künstlerseelsorger *Bernhard Kirchgessner*, der drei Jahre lang vom Wiener Kardinal unterrichtet wurde: ?Wir müssen christliche Spiritualität wiederentdeckten, pflegen und zugänglich machen?, sagt der Passauer. Damit könne man viele Menschen ansprechen, man müsse nur das eigene Angebot wiederentdecken. Die christliche Spiritualität sei ein maßgebliches Element Europas.
Das sieht Schriftsteller *Manfred Böckl* anders. Europa habe bereits eine vorchristliche Tradition. Der gebürtige Landauer bezeichnet sich selbst als Heide, als Anhänger einer alteuropäischen Religion in
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Ein Plädoyer für die Ökumene
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keltischer Form, deren Grundlage Toleranz gegenüber anderen Glaubensrichtungen ist. Daher kann Böckl nicht verstehen, warum christliche Kirchen am Alleinvertretungsanspruch festhalten: ?Die katholische Kirche müsste Achtung vor Andersdenkenden haben, dann ist sie glaubwürdiger - und ich glaube, auch christlicher.?
Während der Schriftsteller gerne eine Toleranz allen Glaubensrichtungen gegenüber hätte, greift Moderatorin *Carolin Reiber* nach einem Kompromiss: Die katholische Kirche könne nur gewinnen, wenn sie ökumenisch denke, wenn also alle christlichen Richtungen, Katholiken, Orthodoxe und Anhänger der evangelischen Kirche zusammenarbeiteten: ?Wir sind doch alle Christen.?