Dr. Max Stadler

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Donnerstag, 3. Januar 2013

„Seehofer hat meine Telefonnummer“

„Seehofer hat meine Telefonnummer“

 

Wirtschaftsminister Zeil verteidigt im PNP-Interview seine Arbeit gegen das „verantwortungslose Sommertheater der CSU“

 

„Bald macht uns die CSU auch noch für das schlechte Wetter verantwortlich“: Der stellvertretende Ministerpräsident und bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) warnt seinen Koalitionspartner, im Eifer der Wahlkampf-Gefechte „nicht die Grenze der Seriosität“ zu überschreiten. *

 

München. Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) spricht über seine Differenzen mit Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), analysiert dessen angebliche Wahlkampf-Manöver und zieht Bilanz darüber, was er in seinem Ressort bisher verbessert hat.

 

Herr Zeil, wie lange hält die Koalition in München noch?/

 

Zeil: Die FDP ist der stabile Faktor der Koalition. Die Wähler wollten die 46 Jahre währende Alleinregierung der CSU bewusst beenden. Wir nehmen den Wählerauftrag ernst. Der CSU fehlt eine inhaltliche Strategie für die Bundestagswahl, deshalb redet sie die gemeinsame tägliche Regierungsarbeit schlecht.

 

Aber Ministerpräsident Horst Seehofer hat doch auf einer Pressekonferenz erklärt, dass Bayern nach einem Jahr mit ihm an der Spitze seine Spitzenstellung in Deutschland behauptet und sogar ausgebaut habe. Warum waren Sie als stellvertretender Ministerpräsident und Wirtschaftsminister nicht mit dabei? Hatten Sie keine Lust?/

 

Zeil: Ich war zu dieser Wahlkampfveranstaltung des CSU-Parteichefs Horst Seehofer nicht eingeladen. Diese Rolle steht bei ihm im Moment sowieso im Vordergrund. Fakt ist: Unter meiner Verantwortung betreiben wir eine effektive Wirtschaftspolitik, und zwar erfolgreich.

 

Seehofer sagt, sein Vorstellungsvermögen reiche nicht für den Gedanken, wie es wäre, der FDP nach der Bundestagswahl die Ministerstühle vor die Türe zu stellen. Glauben Sie ihm das?

 

Zeil: Mit so etwas beschäftige ich mich nicht. Die Wirtschaftskrise wird uns noch viel Kraft abverlangen. Für dieses verantwortungslose Sommertheater der CSU haben die Menschen nicht das geringste Verständnis.

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„Mit dem Wählerwillen darf man nicht spielen“

 

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Immerhin gibt es das Gerücht, Seehofer wolle die Koalition mit Ihnen beenden, wenn es im Bund nicht für Schwarz-Gelb reichen sollte. Dann wolle er auch in Bayern klare Verhältnisse, wohl mit Überläufern oder der Fraktion der Freien Wähler. Treibt Sie dieser Gedanke um?

 

Zeil: Nein, überhaupt nicht. Ich rate Horst Seehofer ganz klar: Mit dem Wählerwillen darf man nicht spielen. Das ist gefährlich - nicht nur für die beteiligten Parteien, sondern vor allem für den Freistaat Bayern. Eine Regierung braucht klare Mehrheiten. Wer sich aus parteipolitischem Denken heraus solchen Überlegungen hingibt, versündigt sich an der Zukunft unseres Landes.

 

Am Beginn des Wahlkampfs hieß es, die bayerische CSU-FDP-Koalition sei beispielgebend für den Bund. Aber ein solches Gezänk wie in München kann sich doch kaum jemand für Berlin wünschen, oder?

 

Zeil: Wir haben in den ersten neun Monaten sehr gut zusammengearbeitet, selbst bei einem so schwierigen Thema wie der von der CSU allein zu verantwortenden Katastrophe bei der Bayerischen Landesbank. Nun haben Teile der CSU begonnen, die erfolgreiche gemeinsame Regierungsarbeit falsch darzustellen und schlechtzureden. Damit wird der Eindruck erweckt, unsere Zusammenarbeit sei nicht besser als die letzten vier Jahre in der Großen Koalition in Berlin. Dafür trägt allein die CSU die Verantwortung.

 

Duzen Sie sich eigentlich noch mit Horst Seehofer? Oder sind Sie schon wieder beim „Sie“?

 

Zeil: Wir duzen uns - immer noch. Schließlich geht es nicht um persönliche Befindlichkeiten, sondern um die Sache.

 

Viele Themen, die Sie sich im Bund vorstellen können, etwa eine Modernisierung des Arbeitsrechts oder eine tiefgreifende Gesundheitsreform, sind mit Seehofer nicht zu machen, falls das für die Arbeitnehmer Einschnitte bedeutet, sagt er. Wer ist eigentlich der Gegner der FDP - Seehofer oder die SPD?

 

Zeil: Ich kann mir nicht permanent über die täglichen Kurswechsel der Union Gedanken machen. Mal soll Schwarz-Gelb richtig sein, ein andermal spielt sich die Union als die bessere SPD auf. Fakt ist: Die Gesundheitspolitik muss dringend auf neue Füße gestellt werden. Gerade Bayern hat daran ein großes Interesse. Das wird ein zentraler Punkt der Berliner Koalitionsverhandlungen werden. Zusätzlich kämpfen wir weiter für den Abbau von Einstellungshemmnissen im Mittelstand, um so mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Die FDP steht aber nicht zur Verfügung für einen Kahlschlag von Arbeitnehmerrechten - auch wenn Horst Seehofer das gerne glauben machen möchte.

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„Im Fall Nachtmann gab es Scharfmacher vor Ort“

 

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Eine zentrale Fehde gab es zuletzt rund um das Thema Nachtmann. Warum haben Sie nicht einfach die Busse mit den Mitarbeitern aus dem Bayerischen Wald empfangen? Mal ehrlich: Sie haben die Situation falsch eingeschätzt, oder?

 

Zeil: Nein. Wir haben das Thema Nachtmann von Anfang an begleitet. Staatssekretärin Katja Hessel war bereits am ersten Tag vor Ort. Uns lag an einem Fachgespräch. Wir hätten aber auch kein Problem gehabt, wenn jemand diese Delegation begleitet hätte. Aber einige Scharfmacher vor Ort haben das vereinbarte Gespräch für eine ganz andere Inszenierung missbrauchen wollen - und das Ganze danach so dargestellt, als hätte man nur ein Buch überreichen wollen.

 

Seehofer jedenfalls hat eine Show daraus gemacht - und Sie hatten das Nachsehen.

 

Zeil: Wir waren in der Region. Die Menschen vor Ort wissen, dass wir tun, was wir können. Wir arbeiten beharrlich an Lösungen und nicht an Wahlkampfinszenierungen. Wir sind es, die jetzt Versäumnisse ausbügeln, die in früheren Zeiten gemacht wurden, als die CSU über Jahrzehnte alleine in Bayern regiert hat. Seit der Rettung von Knaus Tabbert weiß jeder in der Region, dass unser Engagement für die Menschen kein bloßes Lippenbekenntnis ist.

 

Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) wirft Ihnen vor, statt massive Standortpolitik zu betreiben den Marktkräften freien Lauf zu lassen. Das schade Bayern. Center Parcs gehe wohl nach Baden-Württemberg statt nach Bayern, Schaeffler und Conti vielleicht von Bayern weg nach Niedersachsen. Müssen Sie sich mehr für Bayern einsetzen?

 

Zeil: Bald macht uns die CSU auch noch für das schlechte Wetter verantwortlich. Die CSU muss aufpassen, im Eifer des Gefechts nicht die Grenzen der Seriosität zu überschreiten. Die FDP steht für die soziale Marktwirtschaft. Das ist gerade keine Marktradikalität. Wir achten darauf, dass alle Regionen Bayerns gleich behandelt werden und es nicht nach dem Motto geht: Wo ich gerade bin, da lasse ich die Taler regnen. Wir sind die Treuhänder des Steuerzahlers. Wir geben nicht leichtfertig Geld aus für Strukturen, die sich überlebt haben, und wir bitten die Steuerzahler nicht für Managementfehler zur Kasse. In diesem Rahmen machen wir eine effektive und erfolgreiche Standortpolitik. Bei Center Parcs lagen die Gründe ausschließlich in der Region und beim Unternehmen selbst.

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„Aigner kann doch etwas für Milchbauern tun“

 

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Noch so ein Zank-Thema ist die Milchmarktquote. Eine hohe Quote bedeutet mehr Wettbewerb, eine niedrige schützt dafür die bayerischen Milchbauern. Die CSU sagt, sie kämpfe für eine niedrige Quote. Doch Sie machen nicht mit. Warum?

 

Zeil: Ich kann mich über so viel Wahlkampfaktionismus nur wundern. Wer kann denn tatsächlich Verbesserungen für die Milchbauern erzielen? Das ist doch Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner von der CSU. Wo ist denn ihr Einsatz in Brüssel und Berlin? Wo sind ihre Konzepte? Die CSU gaukelt den Bauern Lösungen vor, die schon im Bund niemals Aussicht auf Erfolg haben und den Landwirten im Ergebnis sogar schaden würden. Die CSU hat es jahrzehntelang versäumt, ihre Agrarpolitik den neuen Herausforderungen anzupassen. Wir brauchen endlich ein tragfähiges Konzept für die Zukunft und keine windigen Manöver aus Angst vor dem Wähler.

 

In Ihr Ressort fällt die Breitbandversorgung im ländlichen Raum. Warum geht da nichts voran?

 

Zeil: Die CSU hat das Thema jahrelang verschlafen. Schon Otto Wiesheu hätte etwas in die Wege leiten können, wenn er gewollt hätte. Erwin Huber hat dann in seiner Zeit als Wirtschaftsminister das Nichtstun sogar zum Programm erhoben. Er wollte den Staat ausdrücklich heraushalten, damit der Markt das selbst regelt. Und Emilia Müller hat dann ein viel zu kompliziertes Programm zusammengezimmert. So habe ich das vorgefunden. Ich habe in wenigen Monaten viele Versäumnisse der Vergangenheit aufgearbeitet. Wir haben in Rekordzeit das Förderprogramm vereinfacht. Außerdem habe ich dafür gesorgt, dass die Mittel mehr als verdoppelt wurden. Jetzt geht es um die Umsetzung. Die Zahl der Anträge steigt täglich. Endlich sind wir auf einem guten Weg.

Wann reden Sie sich endlich mit Horst Seehofer aus?

 

Zeil: Er hat meine Telefonnummer.

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Gespräch: Alexander Kain

 


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