Sollte bei Abstimmungen im Bundesrat künftig die einfache Mehrheit gelten?
Gastbeitrag für Pro und Contra in der Braunschweiger Zeitung vom 1.2.2009
Die bestehenden Abstimmungsregelungen im Bundesrat haben sich bewährt. Votiert wird vielfach nicht entlang der üblichen Parteilinien, sondern - wie es der Idee der Mitwirkung des Bundesrats entspricht - nach Länderinteressen. Diese lassen sich derzeit effektiv durchsetzen. Wenn die notwendige Mehrheit nicht erreicht wird, besteht die Möglichkeit, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Dessen praktische Erfolgsquote ist durchaus beachtlich. Er zwingt die Beteiligten zu Kompromissen. Alles in allem funktioniert das System. Deshalb müssten die Verfechter neuer Abstimmungsregeln beweisen, unabweisbarer Änderungsbedarf besteht.
Dies wäre nur der Fall, wenn der Bundesrat als Blockadeinstrument missbraucht würde. Eine solche Phase gab es in den Neunziger Jahren. Damals hat die SPD unter Lafontaine die Steuerreformpläne der schwarz-gelben Bundesregierung aus parteitaktischen Motiven verhindert.
Diese damalige Fehlentwicklung hat sich seither nicht wiederholt. Ein sachliches Bedürfnis für eine Änderung der Abstimmungsregeln wurde daher zu Recht von keiner Seite thematisiert. Solange die große Koalition die absolute Mehrheit im Bundesrat hatte, haben weder CDU/CSU noch SPD an eine Änderung der Regeln gedacht. Erst durch die Ergebnisse der Landtagswahlen in Bayern und Hessen und den damit einhergehenden veränderten Mehrheitsverhältnissen im Bundesrat wird das bisherige Verfahren plötzlich zur Disposition gestellt. Dies zeigt, dass parteipolitische Motive zu der Reformdebatte geführt haben. Solche Motive wären ein schlechter Ausgangspunkt für eine so einschneidende Veränderung der Rolle des Bundesrats.
Gerade im Interesse des Föderalismus sollte es daher bei den bestehenden Regeln bleiben.