Rede vom 23.09.2004
Bekämpfung des internationalen TerrorismusHerr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Die FDP-Fraktion hat in den vergangenen Monaten wiederholt eine Evaluierung – so sagt man heute; besser wäre es vielleicht, von einer Auswertung zu sprechen – der Anti-Terror-Gesetze von Anfang 2002 verlangt. Aber es ist nichts passiert, Herr Staatssekretär. Deswegen haben wir heute einen Antrag gestellt. Ich nehme mit Befriedigung zur Kenntnis, dass Sie aufgrund unseres Antrages unserem Anliegen Rechnung tragen werden.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Helmut Heiderich [CDU/CSU] – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)
Es müsste eigentlich ein selbstverständliches Anliegen sein, dass eine Politik der inneren Sicherheit betrieben wird, die sich auf die Auswertung von Fakten und Tatsachen stützt und nicht nur auf Meinungen.
(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Ist es ja auch! Das haben wir festgestellt!)
Wir haben den Antrag auch deswegen gestellt, weil wir mit der Art und Weise der Gesetzgebung in der letzten Zeit nicht zufrieden sein können. Es gibt ganz eindeutig eine anlassbezogene Gesetzgebung. Wenn – bedauerlicherweise – etwas Schlimmes passiert, dann kommt die Gesetzgebungsmaschinerie in Gang und die Parteien überbieten sich mit Vorschlägen für neue Gesetze. Das ist die Situation. Wir wollen aber eine rationale und an den Rechtstatsachen orientierte Innenpolitik. Dies zu erreichen ist der tiefere Grund unseres Antrags.
(Beifall bei der FDP – Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Das kann man doch nicht im Voraus planen, Herr Kollege!)
Ich darf daran erinnern, wie das Verfahren nach den furchtbaren Anschlägen vom 11. September 2001 gewesen ist. Die bis dato umfangreichste Änderung der Gesetze zur inneren Sicherheit ist von Rot-Grün im Bundestag mit einem raschen Tempo – weitgehend mit Zustimmung der CDU/CSU – verabschiedet worden. Dabei hat es sich nicht nur um eine umfangreiche uantitative Änderung der Gesetze, sondern auch um eine qualitative Änderung unseres Rechtsstaates gehandelt. Ich sage das nicht bewertend; es ist vielmehr ein Faktum. Denn wir sind im polizeirecht von der klassischen Aufgabe der Verfolgung begangener Straftaten oder der Verhütung von konkret bevorstehenden Straftaten weggekommen hin zu einem auf Prävention ausgerichteten Staat,
(Otto Fricke [FDP]: Leider wahr!)
in dem die Polizei immer mehr eingreift, ohne dass es dafür konkrete Anlässe gibt.
(Beifall bei der FDP)
Vielleicht ist dies notwendig. Aber es muss im Zuge einer Evaluierung einmal geklärt werden, was diese Maßnahmen gebracht haben
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr richtig!)
und wo vielleicht Lücken sind. Diese Evaluierung muss natürlich ergebnisoffen sein und sie muss jetzt stattfinden. Denn die Debatten, die damals geführt worden sind, entwickeln sich fortlaufend weiter. Ich nenne einige Beispiele. Erstes Beispiel ist die zukünftige Rolle des Bundeskriminalamtes. Herr Schily will, dass es mehr Kompetenzen bekommt.
(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kriegt er nicht!)
Die Länder sagen, dass es die von Schily behaupteten Sicherheitslücken nicht gibt.
(Gerold Reichenbach [SPD]: Falsche Behauptung!)
Das ist ein typisches Beispiel für einen Fall, in dem man eine Evaluierung braucht.
(Beifall bei der FDP)
Ich nenne als weiteres Beispiel den Grundsatz der Trennung von Geheimdiensten und Polizei. Dies ist seit 50 Jahren ein eherner Grundsatz des Rechtstaates. Er wird heute leichterhand zur Disposition gestellt. Ich nenne weiterhin die Debatte um die Sicherheitsarchitektur. Wir von der FDP sagen, dass wir im Zuge der Maßnahmen für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit dem Staate das geben, was des Staates ist – nicht weniger, aber auch nicht mehr.
(Beifall bei der FDP)
Um dies rational zu klären, brauchen wir – um mit den Worten von Erhard Denninger, dem bekannten Frankfurter Staatsrechtler, zu sprechen – nicht nur eine Überprüfung der schon geltenden Gesetze auf ihre Effizienz und auf ihre Lücken hin, sondern auch eine Überprüfung unter dem Gesichtspunkt, ob die Balance von innerer Sicherheit und Freiheit noch gewährleistet ist. Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Das wird doch alles gemacht! Sie können den Antrag zurückziehen!)