Dr. Max Stadler

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Donnerstag, 3. Januar 2013

Rede vom 18.02.2005

Zwischenfrage Debatte Versammlungsrecht

Dr. Max Stadler (FDP):
Herr Kollege Koschyk, wenn ich einen Kommentar abgeben dürfte und nicht nur eine Frage zu stellen hätte, würde ich dem, was Sie zuletzt zu der Art und Weise gesagt haben, wie die Koalition dieses Gesetzgebungsverfahren betreibt, voll und ganz zustimmen.
Ich habe mich aber deswegen gemeldet, weil Sie vorhin die FDP angesprochen haben und in der Debatte Ernsthaftigkeit angemahnt haben. Ich möchte Sie daher fragen, ob Sie uns diese Ernsthaftigkeit ebenfalls zugestehen, wenn wir mit vielen Fachleuten der Meinung sind, dass ein Aufmarsch der NPD am Brandenburger Tor und am Holocaust-Mahnmal am 8. Mai in der Tat eine unerträgliche Provokation wäre, die aber schon nach dem geltenden Recht verhindert werden kann.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)
Es kann doch Ihrer Aufmerksamkeit nicht entgangen sein, dass diese Auffassung nicht darauf beruht, dass die FDP in Bundesländern angeblich nicht in der Regierungsverantwortung sei. Sie ist übrigens in mehreren Bundesländern in der Verantwortung.
(Jörg van Essen [FDP]: In mehr als die Grünen! – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Und mehr als die CSU!)
Vielmehr wird diese Auffassung von Experten wie dem Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts und von ausgewiesenen Verfassungsrechtlern wie Professor Battis vertreten – ich komme gleich zum Schluss und zum Kern der Frage, Herr Präsident –,
(Heiterkeit – Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Erst einmal zur Frage kommen! – Beifall des Abg. Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD])
und zwar aus folgendem Grund.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Es wäre schön, wenn Sie den Kern der Frage mit dem Schluss verbinden könnten.
(Heiterkeit)
Dr. Max Stadler (FDP):
Ich werde mich bemühen. – Der Kern des Problems liegt nämlich im geltenden Recht in § 15 des Versammlungsgesetzes, wonach Versammlungen zu verbieten sind, die gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstoßen. Selbstverständlich ist diese Vorschrift grundgesetzkonform auszulegen. Es verstößt gegen die Menschenwürde, wenn Neonazis vor dem Holocaust-Mahnmal aufmarschieren. Es ist auch ein Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung, wenn in dem speziellen Zusammentreffen des Jahrestags der Beendigung des Zweiten Weltkriegs und damit der Beendigung der Naziherrschaft Neonazis durch einen symbolträchtigen Ort wie das Brandenburger Tor marschieren.
Stimmen Sie mir zu, dass das geltende Recht wegen dieser Argumente ausreicht und dass deswegen Ihr Vorhalt, die FDP sei untätig, unangebracht ist?
Hartmut Koschyk (CDU/CSU):
Herr Kollege Stadler, wir sind der Meinung, dass unser Gesetzentwurf zur Ausweitung des befriedeten Bezirkes eine schnelle und auch verfassungsfeste Lösung bieten würde, um wirklich eine bessere Handhabe zu haben und gerade im Hinblick auf den 8. Mai handlungsfähig zu sein.
Weil Sie Änderungen am Versammlungsrecht generell ablehnen – also auch abgesehen von der besonderen Berliner Problematik um den 8. Mai herum – und meinen, die gegenwärtige Rechtslage sei ausreichend, will ich Ihnen gerne noch einmal erklären, wogegen ich mich gewandt habe: Ich frage mich, warum das Land Rheinland-Pfalz, in dem Sie bekanntlich mit in der Regierungskoalition sind, heute im Bundesrat einen Gesetzentwurf aus dem Jahr 2000 auf die Tagesordnung gesetzt hat, der eine erstaunliche Ähnlichkeit mit dem seinerzeit auch von der FDP im Bundestag abgelehnten Gesetzentwurf der Union hat. Es scheint hier eine unterschiedliche Auffassung zwischen der SPD im Bundestag und der SPD in der Landesregierung von Rheinland-Pfalz zu geben.
(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich sage nur: Niedersachsen!)
Ich sage Ihnen: Ihre Kollegen in Rheinland-Pfalz sind näher an der Praxis. Sie hingegen sehen das vielleicht etwas zu grundsätzlich. Sie sollten sich eher die Auffassung Ihrer Parteifreunde in Rheinland-Pfalz in der dortigen Regierungsverantwortung zu Eigen machen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Das kann ja die FDP noch intern klären!)


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