Dr. Max Stadler

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Donnerstag, 3. Januar 2013

Rede vom 03.06.2005

Informationsfreiheitsgesetz

Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Max Stadler, FDP-Fraktion.
Dr. Max Stadler (FDP):
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach diesem Plädoyer der Kollegin Stokar für ein Informationsfreiheitsgesetz
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Können Sie sich dem nicht entziehen?)
möchte ich Sie fragen, ob wir denn die internen Protokolle der von Ihnen geduldig geführten Verhandlungen über das Zustandekommen einmal nachlesen dürfen; denn dann bekämen wir vielleicht Aufschluss darüber, warum Sie bis heute gebraucht haben, Ihr Versprechen aus der Zeit der Regierungsbildung 1998 endlich zu erfüllen.
(Beifall bei der FDP – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Stadler, ich lade Sie in mein Büro ein! Meine Akten sind für Sie offen!)
Wir haben ja gesehen, wo die Diskussionsfronten verlaufen sind: auf der einen Seite die Parlamentarier, auf der anderen Seite die natürlichen Feinde jeder Transparenz von Behördenhandeln, die Ministerien.
(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Nein! Das sind doch keine Feinde! – Jörg Tauss [SPD]: Die haben wir überzeugt!)
Die Bundesgesundheitsministerin, Ulla Schmidt, hat die Verabschiedung dieses Gesetzes noch vor wenigen Wochen persönlich blockiert, wie wir lesen konnten,
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das war ein Missverständnis! – Gegenruf der Abg. Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Nein, kein Missverständnis!)
weil sie Bedenken von Krankenkassen aufgegriffen hat. Diese sind vom Bundesdatenschutzbeauftragten, von Herrn Bürsch und von Frau Stokar als unberechtigt zurückgewiesen worden.
(Jörg Tauss [SPD]: Zu Recht!)
Aber das war die Problematik in Ihren Reihen.
(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Und sie ist immer noch nicht sauber gelöst!)
In der Sache sagen wir als FDP: Wir unterstützen ein Informationsfreiheitsgesetz. Dies ist eine alte bürgerrechtliche Forderung, die zu einem Zugewinn an Demokratie führt.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Jetzt hat er Recht!)
Frau Kollegin Philipp von der CDU/CSU-Fraktion, die Einwände, die Sie heute vorgetragen haben, könnten sich hören lassen, wenn dies das erste Gesetz dieser Art auf der ganzen Welt wäre.
(Jörg Tauss [SPD]: Richtig!)
Aber es gibt längst eine praktische Erprobung. Die Bundesrepublik Deutschland ist hier Schlusslicht in der internationalen Entwicklung.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es gibt eine Tradition im angelsächsischen Raum. Die amerikanische Bürgerrechtsbewegung hat ein solches Gesetz erkämpft.
(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Schweden 1766!)
Auch die Regelungen in Kanada hätten wir uns zum Vorbild nehmen können usw.
(Beifall bei der FDP)
Die praktische Erfahrung zeigt, dass das funktioniert.
Sie haben einen bedenkenswerten prinzipiellen Einwand erhoben. Sie haben gesagt: Wer vor einem Verwaltungsgericht klagen will, muss nach unserem System von dem Verwaltungshandeln, gegen das er vorgeht, selber betroffen sein. Das ist aber etwas anderes als die Information über Verwaltungshandeln allgemein.
(Zuruf von der SPD: Exakt!)
Diese steht in einer Demokratie jedermann zu. Das ist der Unterschied. Deswegen teilen wir als Liberale Ihren Einwand nicht.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Allerdings hätten wir uns ein großzügigeres und bürgerfreundlicheres Gesetz gewünscht. Die Debatte in Deutschland ist nach jahrelangem Stillstand doch überhaupt nur vom Fleck gekommen, weil
(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Wir Druck gemacht haben!)
die Humanistische Union und andere Bürgerrechtsorganisationen einen eigenen Entwurf vorgelegt haben,
(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Das ist wahr! – Widerspruch bei der SPD)
nachdem Sie nicht zu einer Einigung gekommen sind. Dieser Entwurf, den Sie natürlich kennen, war großzügiger und hätte mehr an wirklicher Information geboten als der Minimalkompromiss, auf den Sie sich bei SPD und Grünen geeinigt haben.
(Beifall bei der FDP)
Der Ausnahmetatbestand in § 3 ist viel zu weit gefasst. Ungünstig ist auch, dass es bereichsspezifische Regelungen in anderen Gesetzen und daneben jetzt ein Informationsfreiheitsgesetz gibt. Das führt nur zu Unklarheit und Verwirrung. Die Regelung eines einheitlichen Anspruches auf Information wäre richtig gewesen.
(Beifall bei der FDP)
Aus diesen Gründen, meine Damen und Herren, sagen wir: Sie gehen einen Schritt in die richtige Richtung. Was Sie machen, ist aber nicht liberal und bürgerfreundlich genug. Wir wollen den Gesetzentwurf nicht ablehnen, weil das Grundanliegen von uns geteilt wird; aber wir können auch nicht zustimmen, weil es wirklich nur eine Minimalregelung ist.
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das ist mehr als minimal, Herr Kollege!)
Daher enthalten wir als FDP uns hier im Bundestag heute der Stimme.
(Beifall bei der FDP – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo bleibt die Informationsfreiheit in Baden-Württemberg, in Rheinland-Pfalz? Da gibt es das nicht!)


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