Dr. Max Stadler

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Donnerstag, 3. Januar 2013

Rede vom 15.06.2005

Versorgungsnachhaltigkeitsgesetz

Dr. Max Stadler (FDP): Dass die Einsparungen in der Rentenversicherung auf die Beamtenversorgung zu übertragen sind, wird von niemandem ernsthaft in Abrede gestellt. Hierbei handelt es sich um ein Gebot sozialer Symmetrie. Alles andere entfachte eine neue Neid-Debatte, an der die Beamtinnen und Beamten, die Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger am allerwenigsten Interesse haben dürften; wäre sie doch Wasser auf die Mühlen jener, denen das Berufsbeamtentum seit langem ein Dorn im Auge ist und die es am liebsten abgeschafft sähen. Erfreulicherweise hat die rot-grüne Landesregierung in Düsseldorf für derartige Überlegungen der von ihr eingesetzten Bull-Kommission nunmehr die Quittung erhalten.
Der rot-grünen Bundesregierung ist zumindest zuzugestehen, dass sie sich die Sache nicht einfach macht. Dreh- und Angelpunkt aller Überlegungen wird die Frage der Wirkungsgleichheit der Übertragungsmaßnahmen sein. Diese Frage ist zum einen nominal und zum anderen unter Rückgriff auf die Besonderheiten der Beamtenversorgung zu beantworten. Wir alle kennen die Empfehlung des federführenden Ausschusses für Innere Angelegenheiten des Bundesrates. Der Ausschuss kommt zu dem Ergebnis, dass es schon nominal in der Beamtenversorgung im Vergleich zu der gesetzlichen Rentenversicherung aktuell keinen Nachholbedarf gibt.
Das Niveau der Beamtenversorgung sei seit 1999 um 4,31 Prozent gesunken. Mittelfristig betrage die Niveauabsenkung gut sieben Prozent. Hingegen belaufe sich die Niveauabsenkung in der Rentenversicherung auf maximal sechs Prozent. Die weiteren Beratungen werden zeigen müssen, ob diese Zahlen belastbar sind oder ob es sich hierbei um politische Zahlen handelt, um im Wahlkampf zu punkten.
Neben der rein nominalen Betrachtung darf die Besonderheit der Beamtenversorgung nicht aus dem Blick geraten. Die Beamtenversorgung ist Grundsicherung und Zusatzsicherung zugleich. Sie ist bifunktional. Der Anteil der Pensionen, der der Zusatzversicherung dient und hierin der betrieblichen Altersversorgung vergleichbar ist, muss daher grundsätzlich von Übertragungsmaßnahmen ausgenommen bleiben.
Auch kann ich Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, an dieser Stelle einen grundsätzlichen Vorwurf nicht ersparen: Ihre Politik im Bereich der Beamtenversorgung war eine Politik der tausend Nadelstiche: Hier eine Maßnahme, dort eine Maßnahme; eine Gesamtschau unterblieb. Die FDP hat daher stets gefordert, Umfang und Wirkung aller Maßnahmen aus versorgungsrelevanten Reformen differenziert und im Zusammenhang darzustellen sowie in ihren Auswirkungen vorauszuberechnen. Dies wäre Aufgabe des Dritten Versorgungsberichts gewesen. Leider ist der Dritte Versorgungsbericht trotz mannigfacher Erinnerungen und entgegen anders lautenden Zusagen dem Deutschen Bundestag bis heute nicht zur Beratung zugeleitet worden.
Aus liberaler Sicht ebenfalls zu kritisieren ist das Fehlen des nachhaltigen Aufbaus der Versorgungsrücklage. Die FDP hat sich stets dafür ausgesprochen, zur langfristigen Sicherung der Beamtenversorgung die Kapitaldeckung der Versorgungskosten auszubauen und für neu berufene Beamtinnen und Beamte Versorgungsrücklagen nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu bilden, die generationengerecht und haushaltsfest sind. Außerdem hat sich die FDP stets für eine Erweiterung des Anlagespektrums ausgesprochen. Eine weitere Forderung ist die Ausschreibung der Verwaltung und die Schaffung der Möglichkeit, die Verwaltung privaten Dritten zu übertragen.
Weitere Fragwürdigkeiten des Gesetzentwurfes werden in der parlamentarischen Beratung zu erörtern sein. Dies gilt für die Auswirkungen einer nur eingeschränkten Berücksichtigung von Studienzeiten als ruhegehaltfähigen Dienstzeiten auf den gesellschaftlich erwünschten und wirtschaftlich notwendigen Erwerb von Qualifikationen in einer Wissensgesellschaft. Dies gilt für die vorgesehene Gewährung von Einmalzahlungen an Bundesbeamte und eine sich hieraus möglicherweise ergebende Präjudizwirkung für die Tarifverhandlungen der Länder. Das gilt schließlich für die Einbeziehung des Altersgeldes nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte in die Ruhensregelung des Beamtenversorgungsgesetzes.
Die FDP wird sich konstruktiven Beratungen nicht entziehen. Wir sind daher auf die Gegenäußerung zur zu erwartenden Stellungnahme des Bundesrates sehr gespannt.


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