Rede vom 24.05.2007
Unrecht des Kalten Krieges wiedergutmachenAnrede,
Die Fraktion Die Linke versucht mit ihrem Antrag „Unrecht des Kalten Krieges wiedergutmachen“ eine Thematik aufzugreifen, die in erster Linie der zeitgeschichtlichen Forschung und Diskussion vorbehalten bleiben sollte. Im Kreis zielt der Antrag darauf ab, die politische Auseinandersetzung, wie sie in den 50er Jahren und frühen 60er Jahren in der Bundesrepublik Deutschland mit der KPD, deren Mitgliedern und Nachfolgeorganisationen und anderen Linksoppositionellen geführt worden ist, zum Gegenstand einer öffentlichen Debatte zu machen. Die konkreten Forderungen, die in dem Antrag der Linksfraktion gegenüber der Bundesregierung formuliert werden, sind aber sehr vage gehalten. Sie dienen offenkundig nur als Vehikel dafür, eine politische Bewertung der Ära des sogenannten Kalten Krieges vorzunehmen und die Debatte hierüber ins Parlament zu tragen.
Die Linksfraktion schweigt sich in ihrem Antrag darüber aus, wie sie sich genau die „Rehabilitierung der Opfer des Kalten Krieges in Deutschland“ vorstellt. Dem Antrag ist nicht zu entnehmen, wem genau und in welchem Umfang eine „materielle Wiedergutmachung für das erlittene Unrecht“ zukommen soll. Es wird auch nicht näher ausgeführt, wie denn die „unverzüglichen Regelungen“ aussehen sollen, mit denen nach Auffassung der Linksfraktion „betroffene Menschen politisch rehabilitiert“ werden sollen. Somit bleiben die konkreten Folgerungen, die die Linksfraktion in ihrem Antrag unter Ziffer II aus der Sachverhaltsfeststellung unter Ziffer I zu ziehen gedenkt, reichlich nebulös.
Daraus ist unschwer der Schluss zu ziehen, dass es der Linksfraktion hauptsächlich darauf ankommt, ihre Sichtweise der politischen Abläufe der 50er Jahre zu präsentieren. Der damalige Umgang in der Bundesrepublik Deutschland mit Kommunisten kann aber selbstverständlich nicht aus dem historischen Kontext herausgelöst bewertet werden. Durch Deutschland verlief die Grenzlinie zwischen der westlichen Welt und dem Ostblock. Schon bald nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges verschärfte sich die ideologische Auseinandersetzung zwischen den westlichen Demokratien und den Staaten des real existierenden Sozialismus. Der Ost-West-Konflikt führte auch zu militärischen Spannungen und damit zu einer Bedrohung für den Frieden in Mitteleuropa.
Demgemäß war die politische Lage in den 50er Jahren nicht vergleichbar mit der Phase der Entspannungspolitik, wie sie 1969 durch die sozial-liberale Koalition unter maßgeblicher Beteiligung der FDP und der Außenminister Walter Scheel und Hans-Dietrich Genscher eingeleitet worden ist. In dieser späteren Phase ist beispielsweise kein Verbotsantrag gegen die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) gestellt worden. Ohnehin blieb die DKP politisch weitgehend bedeutungslos.
Dagegen hatte sich die frühere CDU/CSU-FDP-Bundesregierung in der spannungsgeladenen Situation der 50er Jahre für einen Verbotsantrag gegen die KPD entschieden, wie übrigens auch gegen die SRP.
Das Verbotsverfahren gegen die KPD vor dem Bundesverfassungsgericht ist einzuordnen in einer Zeit, die geprägt war durch die deutsche Teilung und unterschiedliche, einander diametral entgegengesetzte Gesellschaftssysteme. Ähnliche Verfahren gab es in anderen westlichen Demokratien wie Frankreich, Österreich oder Italien nicht. Dort entwickelte sich aufgrund gänzlich anderer Ausgangsbedingungen eine andere Tradition im Umgang mit sozialistischen und kommunistischen Parteien.
Diese wenigen Überlegungen mögen genügen, um meine Ausgangsthese zu untermauern: Das von der Linksfraktion aufgeworfene Thema ist und bleibt ein Objekt politikwissenschaftlicher und zeithistorischer Forschung.
Für eine juristische Aufarbeitung eigenen sich die fünf Jahrzehnte zurückliegenden Vorgänge dagegen nicht. Es besteht kein Zweifel, dass das KPD-Verbot - unabhängig von der politischen Bewertung dieses Verfahrens - legal auf der Grundlage des Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes zustande gekommen ist. Die Bestimmungen über strafbewehrte Verstöße gegen dieses Parteienverbot waren ebenfalls Bestandteil der Rechtsordnung. Von juristischer Willkür kann daher keine Rede sein.