Rede vom 15.11.2007
Neuordnung und Modernisierung des BundesdienstrechtsAnrede,
mit dem Gesetzentwurf zur Neuordnung des Dienstrechts des Bundes hat sich die Bundesregierung weit von ihren ursprünglichen Reformzielen entfernt. Der Entwurf wird dem im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD formulierten Anspruch, die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu stärken, nicht gerecht.
Zwar sind einzelne Reformschritte enthalten, die zu begrüßen sind, z. B. die Abkehr vom Besoldungsdienstalter oder die Stärkung des Grundsatzes „Rehabilitation vor Versorgung“. Doch reicht das nicht aus. Was vor allem fehlt, ist eine Stärkung des Leistungsprinzips, insbesondere eine Weiterentwicklung der Leistungsbezahlung.
Hier fällt der Entwurf deutlich hinter den Reformansatz aus dem Jahre 2004, wie er seinerzeit im Eckpunktepapier „Neue Wege im öffentlichen Dienst“ zum Ausdruck kam, zurück. Schlimmer noch: Er verharrt auf dem Stand der 90er Jahre und ist bei Lichte betrachtet nichts anderes als eine Festschreibung der Regelungen aus der Dienstrechtsreform von 1997.
Damals, noch unter FDP-Regierungsbeteiligung, wurde die Gewährung von Leistungselementen zusätzlich zur Besoldung ermöglicht. Leistungsprämie, Leistungszulage und Leistungsstufe wurden eingeführt. Damals, noch unter FDP-Regierungsbeteiligung, war der Bund Vorreiter. Heute, zu Zeiten der so genannten Großen Koalition, läuft der Bund der Entwicklung hinterher. Die FDP bedauert dies.
Für den Aufbau einer weitergehenden Leistungsbezahlung seien, so der Bundesinnenminister, keine finanziellen Spielräume vorhanden. Wer so argumentiert, verkennt, dass die Beamtinnen und Beamten in der Vergangenheit einen ganz erheblichen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung erbracht haben. Beispielhaft erwähnt seien die Kürzungen bei der Sonderzahlung, die Heraufsetzung der Wochenarbeitszeit und die Einschnitte bei der Versorgung. In Anbetracht dieser Vorleistungen wäre es an der Zeit, durch neue Ansätze in der Leistungsbezahlung etwas für die Motivation der Beschäftigten zu tun.
Hinzu kommt, dass die Leistungsbezahlung im Tarifbereich bereits eingeführt worden ist. Ohne Übertragung auf den Beamtenbereich droht der Gleichklang zwischen Besoldung und Tarif verloren zu gehen. Das wird zu großen Schwierigkeiten überall dort führen, wo Arbeitnehmer und Beamte zusammenarbeiten, z. B. in Teams oder bei Projekten.
Nicht einmal eine Experimentierklausel zur Erprobung verschiedener Leistungsmodelle ist vorgesehen. Auf diese Weise hätte man zumindest einmal anfangen und einen Wettbewerb um die besten Ideen in Gang setzen können. An Vorschlägen mangelt es ja nicht. Lassen sie mich an dieser Stelle auf den Antrag „Für ein modernes Berufsbeamtentum“ der FDP-Bundestagsfraktion hinweisen. Darin sprechen wir uns dafür aus, die Leistungsbezahlung gerecht, transparent und unbürokratisch auszugestalten und den Anteil der leistungsabhängigen Vergütungsbestandteile am Maß der beruflichen Verantwortung auszurichten.
Um Missverständnisse auszuschließen: Der FDP geht es nicht darum, Entwicklungen in der Wirtschaft kritiklos auf den öffentlichen Dienst zu übertragen. Das würde den Besonderheiten staatlichen Handelns nicht gerecht. Im Idealfall ist die Entscheidung für eine Tätigkeit im öffentlichen Bereich nicht nur ökonomisch motiviert. Stets sollte die Bereitschaft hinzukommen, Verantwortung für Staat und Gesellschaft zu übernehmen. Doch ohne Blick über den Tellerrand geht es nicht. Der öffentliche Dienst muss mit der allgemeinen Entwicklung in der Arbeitswelt und auch mit der Einkommensentwicklung Schritt halten. Anderenfalls drohen Wettbewerbsnachteile und Nachteile bei der Gewinnung qualifizierten Personals.
Auch im Bereich des Personalaustauschs zwischen Wirtschaft und Verwaltung tritt die Bundesregierung auf der Stelle. Auch hier gilt: Stillstand ist Rückschritt. Besonders zu kritisieren ist, dass sich die Bundesregierung einmal mehr nicht dafür entscheiden konnte, die Versorgungsansprüche mitnahmefähig auszugestalten. Dies behindert den Wechsel in die Privatwirtschaft. Damit wird die notwendige Flexibilität und Mobilität extrem eingeschränkt. Auch hier werden Kostengründe angeführt. Diese Argumentation ist extrem kurzsichtig. Auf diese Weise begibt sich die Bundesregierung z. B. der Möglichkeit, Personalüberhänge durch ein freiwilliges Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis abzubauen. In der Praxis scheitert ein Wechsel in die Privatwirtschaft regelmäßig an den Nachteilen, die mit der Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung verbunden sind.
Aber auch für die Binnenmobilität des beamteten Personals wird zu wenig getan. Beispielsweise fehlen Vorschriften zur gegenseitigen Anerkennung von Laufbahnabschlüssen von Bund und Ländern und zur Kostenteilung von Versorgungslasten beim Wechsel des Dienstherrn.
Mehr Mut und Kreativität hätte man sich auch in Sachen Pensionseintrittsalter gewünscht. Hier sieht der Gesetzentwurf eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit vor. Wie in der gesetzlichen Rentenversicherung soll das Pensionseintrittsalter stufenweise auf 67 Jahre angehoben werden. Die FDP ist hier weiter. Sowohl für den Renten- als auch für den Versorgungsbereich hat sie ein Konzept vorgelegt, das ab Vollendung des 60. Lebensjahrs einen individuellen Eintritt in den Ruhestand ermöglicht, umgekehrt aber auch eine Weiterarbeit über die jetzt geltenden bzw. vorgesehenen Altersgrenzen hinaus erlaubt.
Lassen Sie mich abschließend zwei weitere Problembereiche ansprechen: Nach dem Gesetzentwurf sollen Beamte mit Lebenspartnern weiterhin wie Ledige behandelt werden. Sie erhalten keinen Familienzuschlag und keine Beihilfe, der überlebende Lebenspartner erhält keine Pension und beim Aufstieg in den Besoldungsstufen soll die Zeit, in denen Beamte sich haben beurlauben lassen, um ihren Partner zu pflegen, nicht anerkannt werden. Für die FDP ist dies nicht akzeptabel. Die darin zum Ausdruck kommende Ungleichbehandlung ist zudem kurzsichtig. Es ist davon auszugehen, dass hier bereits in Kürze auf der Grundlage eines zu erwartenden Grundsatzurteils des EuGH zur Gleichstellung von Arbeitnehmern in Lebenspartnerschaft mit verheirateten Kollegen erheblicher Korrekturbedarf auf den Gesetzgeber zukommen wird.
Eine weitere Frage betrifft eine mögliche Ungleichbehandlung von Soldatinnen und Soldaten gegenüber Beamtinnen und Beamten beim Erreichen des Endgrundgehalts sowie bei der Anrechnung von Dienstzeiten im Falle eines Wechsels des Dienstherrn.
Die FDP-Bundestagsfraktion wird unverzüglich nach Überweisung des Gesetzentwurfs im federführenden Innenausschuss die Durchführung einer öffentlichen Anhörung beantragen. Sie legt Wert darauf, dass der Gesetzentwurf mit der Gründlichkeit und Ernsthaftigkeit beraten wird, die der Bedeutung des Themas entspricht und die erforderlich ist, um das Berufsbeamtentum zu stärken und bestmöglich auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts vorzubereiten.