Dr. Max Stadler

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Donnerstag, 3. Januar 2013

Rede vom 07.05.2008

Aktuelle Stunde - Einrichtung eines Nationale Sicherheitsrates

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Für die FDP-Fraktion hat nun das Wort der Kollege Dr. Max Stadler.
(Beifall bei der FDP)
Dr. Max Stadler (FDP):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr von Klaeden, trotz Ihres Bemühens um eine wirklich intelligente Herleitung dessen, was die Union in ihrem Papier fordert, bleibe ich dabei: Ein Nationaler Sicherheitsrat ist überflüssig, verfassungspolitisch verfehlt und verfassungsrechtlich mehr als bedenklich.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Sie haben allerlei Ausnahmesituationen angeführt – von der Schleyer-Entführung bis zum NPD-Verbotsverfahren –, die miteinander nichts zu tun haben und über die schlichte Tatsache hinwegtäuschen könnten, dass die Koordinierung ohnehin selbstverständliche Aufgabe einer Bundesregierung ist. Es bedarf also nicht eines neuen Gremiums, das die politischen Achsen nur verschieben würde.
(Beifall bei der FDP)
Ich stelle mir daher die Frage, wie die Union dazu kommt, ein solches Papier jetzt in die Debatte einzubringen. Kollege Kolbow hat von parteipolitischer Profilierung gesprochen. Die Älteren unter uns – leider gehöre auch ich dazu – werden sich noch an die Große Koalition von 1966 erinnern. Diese war im dritten Jahr ihres Bestehens ebenfalls tief zerstritten. Herr Strauß und Herr Schiller inszenierten damals einen Streit über die D-Mark-Aufwertung. Dies wurde dann zu einem Wahlkampfthema. Wir haben die Sorge, dass die Debatte, die Sie von der CDU/CSU nun begonnen haben, mehr ist als ein vorgezogener Wahlkampf. Wir haben die Sorge, dass es Ihnen um eine entscheidende innenpolitische Weichenstellung geht.
(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Kann man so sehen!)
Denn Ihre Vorschläge stellen den wiederholten Versuch dar, unsere bewährte Sicherheitsarchitektur auf den Kopf zu stellen und bei der Abwehr terroristischer Gefahren dem amerikanischen Vorbild zu folgen. Aber gerade bei diesem Thema ist das der falsche Weg.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir von der FDP setzen dem unsere Verfassungstradition entgegen, von der Sie sich gerade verabschieden wollen. Die FDP ist der Überzeugung: Der Rechtsstaat ist wehrhaft, und es gibt keinen Anlass, rechtsstaatliche Grundsätze aufzugeben.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Deswegen haben wir mit Sorge in Ihrem Entwurf nicht nur Ihr ewiges Mantra gelesen, dass die Trennung von äußerer und innerer Sicherheit überholt sei. Sie haben vielmehr geschrieben, die Trennung von Kriegszustand und Friedenszeit sei nicht länger aufrechtzuerhalten.
(Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Sie haben nur die Zeitung gelesen, nicht unser Papier!)
Das ist in Ihrem letzten Beschluss nicht mehr enthalten. Die Formulierung fehlt in dem Papier. Aber der Duktus des Papiers beruht genau auf dieser fehlerhaften Annahme.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Von dem Denkansatz, wir befänden uns in einem ständigen Kriegszustand, kommen Sie zu falschen Schlüssen.
Wir halten dagegen Folgendes fest: Erstens. Es bleibt bei der Trennung der Aufgaben von Bundeswehr und Polizei.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN und des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])
Die Bundeswehr ist keine Hilfspolizei im Inland.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Der bekannte Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio hat im November in der Welt geschrieben, die Trennung der Aufgaben von Polizei und Militär sei eine zivilisatorische Errungenschaft. An dieser Errungenschaft wollen wir festhalten.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])
Zweitens. Wir halten an der strikten Trennung der Aufgaben von Polizei und Nachrichtendiensten fest.
Drittens. Wir halten daran fest, dass es Eingriffe in die Bürgerrechte nur bei konkreten Gefahrenlagen geben darf.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Sie von der CDU/CSU sprechen dagegen in Ihrem Papier davon, man müsse die Abwehrrechte gegen den Staat, also die Grundrechte, anpassen. Nein, die Grundrechte sind nicht anzupassen, sondern zu bewahren. Das ist unsere Aufgabe als Parlament.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNIS-SES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willy Wimmer [Neuss] [CDU/CSU] – Eckart von Klaeden (CDU/CSU): Nein, das steht da nicht! – Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/ CSU]: Sie haben es nicht gelesen!)
– Es sind Ihre Formulierungen. Es tut mir leid, Herr Schockenhoff, aber Sie haben von uns verlangt, Ihr Papier gründlich zu lesen. Das haben wir gemacht.
(Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [FDP] – Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Das interpretieren Sie falsch!)
Das wendet sich nun gegen Sie.
Ich komme daher zu dem Ergebnis: Der Beschluss der CDU/CSU-Fraktion enthält sowohl außenpolitisch als auch insbesondere innenpolitisch eine falsche, ja eine gefährliche Tendenz. Wir als FDP bleiben bei den bewährten Strukturen des Grundgesetzes.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Deshalb haben Ihre Vorschläge keine Chance auf Realisierung. Ich möchte Ihnen mit Udo Di Fabio sagen, der es in der Welt auf den Punkt gebracht hat, als er formulierte:
Westen muss Westen bleiben. … Gerade deswegen gilt: Sicherheit, aber in Freiheit.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN).


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