Rede vom 12.11.2008
Gesetzes zur Neuordnung und Modernisierung des BundesdienstrechtsAnrede,
mit der heutigen Beratung beenden wir den Prozess der Neuordnung des Dienstrechts. Die Modernisierung des Dienstrechts fängt damit erst an. Zahlreiche Aufgaben blieben unerledigt, vieles fehlt: die mitnahmefähige Ausgestaltung der erworbenen Versorgungsansprüche, die Weiterentwicklung der Leistungselemente, eine Flexibilisierung des Ruhestandseintritts und die Gleichstellung eingetragener Lebenspartner mit Ehegatten im Besoldungs-, Versorgungs- und Beihilferecht. Befriedigend ist das nicht. Die FDP hätte sich mehr Mut und mehr Entschlossenheit gewünscht. Die Länder sind hier vielfach weiter. Sie entwickeln sich zu den eigentlichen Schrittmachern bei der Modernisierung des Dienstrechts. Wir hätten diese Rolle dem Bund zugedacht. Doch der Reformmotor stottert. Der Bund fällt als Ideen- und Impulsgeber aus. Wieder einmal ist es der großen Koalition nicht gelungen, sich auf mehr als auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu einigen. Die eigentlichen Probleme wurden entweder gar nicht angefasst, oder, wie im Falle der Mitnahme von Versorgungsansprüchen, in eine Entschließung der Koalitionsfraktionen abgeschoben. Was bleibt, ist eine handwerklich saubere Umsetzung technischer Einzelfragen, ein, wie es die Sachverständigen in der Anhörung ausgeführt haben, braves, biederes oder auch betuliches Gesetz. Was fehlt, ist ein Bekenntnis zum Berufsbeamtentum. Was fehlt, ist eine Vision, eine Vorstellung davon, wie ein modernes und zukunftsfestes Berufsbeamtentum des Bundes aussehen sollte.
Die FDP-Bundestagsfraktion hat in allen vorgenannten Punkten Alternativvorschläge unterbreitet. Ich verweise zur Vermeidung von Wiederholungen auf unseren heutigen Entschließungsantrag zum Dienstrechtsneuordnungsgesetz. Ich verweise darüber hinaus auf unseren Antrag „Für ein modernes Berufsbeamtentum“ auf BT-Drucksache 16/129, den wir gleich zu Beginn der Wahlperiode in den Deutschen Bundestag eingebracht haben. Darin setzen wir uns für eine leistungsbezogene Bezahlung ein, die gerecht, transparent und unbürokratisch ausgestaltet ist und darüber hinaus auch regional-, arbeitsmarkt-, berufsgruppen- und aufgabenbezogene Differenzierungen erlaubt. Auch die FDP behauptet nicht, in Sachen Leistungsbezahlung im Besitz eines Patentrezepts zu sein. Auch verkennen wir nicht die Schwierigkeiten in der Praxis, wie sie sich im Bereich der Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes gelegentlich zeigen. Es ist jedoch der falsche Weg, daraus die Konsequenz zu ziehen, in den wesentlichen Punkten alles beim Alten zu belassen. Mindestens erforderlich gewesen wäre eine Experimentierklausel, um verschiedene Leistungsmodelle zu erproben und einen Wettbewerb um die besten Lösungen in Gang zu setzen.
Beim Ruhestandseintritt setzt die FDP statt auf starre Altersgrenzen auf ein flexibles Konzept, das es dem Einzelnen ermöglicht, ab Vollendung des 60. Lebensjahres den Zeitpunkt seines Ruhestandseintritts selbst zu bestimmen, sofern seine bis dahin erworbenen Versorgungsansprüche über dem Niveau der Mindestversorgung liegen. Umgekehrt soll es allen, die dies wollen und können, möglich sein, auch über die jetzigen bzw. zukünftig geltenden Altersgrenzen hinaus zu arbeiten. Ein längeres Verbleiben im aktiven Dienst ist mit Anreizen zu versehen. Für Deutschland muss das Leitbild gelten, möglichst lange am Erwerbsleben teilzuhaben, statt wie bisher möglichst frühzeitig auszuscheiden.
Die FDP setzt darüber hinaus auf mehr Mobilität zwischen öffentlichem Dienst und gewerblicher Wirtschaft. Solange es bei der jetzigen Regelung mit der obligatorischen Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung bleibt, wird dem beamteten Personal ein Wechsel in die Privatwirtschaft zu wirtschaftlich akzeptablen Bedingungen nicht möglich sein. Die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD sprechen dieses Problem in ihrem Entschließungsantrag an, lösen es aber nicht. Die FDP wird an dieser Stelle nicht locker lassen. Wir behalten uns weitere parlamentarische Initiativen ausdrücklich vor. Die Sorge, dass das beamtete Personal im Falle der mitnahmefähigen Ausgestaltung von Versorgungsansprüchen in Scharen davonläuft, teilen wir nicht. Und wenn, stimmte etwas mit den Beschäftigungs- und Bezahlungsbedingungen im öffentlichen Dienst nicht. Dann wäre es Aufgabe des Gesetzgebers, durch entsprechende attraktivitätssteigernde Maßnahmen einen Ausverkauf des öffentlichen Dienstes zu verhindern und für geeigneten Nachwuchs sowie für qualifizierte Quereinsteiger zu sorgen.
Gänzlich unverständlich ist die unterbliebene Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnern mit Ehegatten im Dienstrecht des Bundes. Schon aus Rechtsgründen spricht viel für eine solche Gleichstellung. Ich erlaube mir an dieser Stelle den Hinweis auf die jüngste Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Vorlegungssache Tadao Maruko. Zumindest aber spricht rechtspolitisch alles für eine solche Gleichstellung. Spätestens nach der Einbeziehung der Lebenspartnerschaft in die gesetzliche Renten- und Krankenversicherung erweist sich die Ungleichbehandlung der in einer Lebenspartnerschaft lebenden Beamtinnen und Beamten gegenüber Verheirateten als Anachronismus, den es zu beseitigen gilt. Hier hat der Gesetzgeber, wie das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich festgestellt hat, einen weiten, längst noch nicht ausgeschöpften Gestaltungsspielraum. Von diesem Gestaltungsspielraum macht die Koalition höchst unterschiedlichen Gebrauch. Es ist in hohem Maße widersprüchlich, wenn die Gleichstellung nunmehr auch beim Erbschaftsteuerrecht erfolgen soll, was zu begrüßen ist, in der Besoldung, Versorgung und bei der Beihilfe der Beamtinnen und Beamten des Bundes aber nach wie vor unterbleibt.
Aus den vorgenannten Gründen ist es der FDP-Bundestagsfraktion nicht möglich, dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zuzustimmen. Hieran ändert auch der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen nichts. Dieser bringt keine wirklichen Verbesserungen. Er enthält im Wesentlichen Klein-Klein. Sollte die Koalition auf der Suche nach einer Blaupause für ein nachhaltig modernisiertes und zukunftsfestes Berufsbeamtentum sein, sei auf den eingangs erwähnten Antrag „Für ein modernes Berufsbeamtentum“ vom 1. Dezember 2005 und unseren heutigen Entschließungsantrag hingewiesen. Beide Anträge empfehle ich dem Deutschen Bundestag zur Zustimmung.
Ebenfalls zur Zustimmung empfohlen sei der Gesetzentwurf der FDP-Bundestagsfraktion zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes auf BT-Drucksache 16/9317. Hinter den dort vorgesehenen Verbesserungen für Soldatinnen und Soldaten bleiben die in dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen enthaltenen Prämien für Angehörige der Spezialkräfte der Bundeswehr deutlich zurück. Diese benachteiligen insbesondere länger dienende Kommandosoldaten und Kampfschwimmer, da erst mit Stichtag 1. April 2008 eine Berechtigung zur Prämienzahlung eingeräumt wird, obwohl viele Angehörige der Spezialkräfte bereits seit zehn Jahren in den jeweiligen Verbänden dienen. Die Attraktivität gerade für die erfahrenen Soldaten, die einen Großteil der Einsätzkräfte bilden, ist auf diese Weise nicht gegeben. Hier geht die FDP einen anderen Weg, indem sie in den Mittelpunkt ihres Gesetzentwurfs insbesondere die Personalbindung von Wissensträgern stellt.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.