Dr. Max Stadler

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Donnerstag, 3. Januar 2013

Rede vom 12.11.2008

Gesetz zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt

Dr. Max Stadler (FDP):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Zuge einer streitigen Debatte ist es sicherlich richtig, auch auf Gemeinsamkeiten hinzuweisen. Herr Minister, selbstverständlich wissen auch wir um die terroristische Bedrohung. Selbstverständlich ist auch uns der Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren durch den Terrorismus ein Anliegen.
Der Streit dreht sich um die Methoden. Da wird es allerdings sehr prinzipiell; denn wir sagen: Der Rechtsstaat, so wie er sich bei uns über Jahrzehnte hinweg unter Geltung des Grundgesetzes entwickelt hat, ist stark genug, um die Gefahren abzuwehren. Wir brauchen keine Eingriffe in die Strukturen und Institutionen des Rechtsstaates. Herr Minister, das ist der entscheidende Punkt der Auseinandersetzung. Aufgrund vieler Äußerungen von Ihnen, Herr Schäuble, wissen wir, dass Sie die Sorge haben, dass die überkommenen Institutionen, die Sicherheitsbehörden, so wie sie konzipiert sind, und die rechtlichen Befugnisse nicht ausreichen. Das ist Ihre Sorge, die Sie oft zum Ausdruck gebracht haben. Sie haben nicht zuletzt deswegen gesagt, dass es in der sicherheitspolitischen Debatte keine Tabus geben dürfe.
Wir greifen Ihre Grundhaltung auf und schauen, was davon in den Entwurf des BKA-Gesetzes, der uns heute vorliegt, eingeflossen ist. Wir stellen fest: Es handelt sich eben nicht um den Entwurf eines normalen Polizeigesetzes. Es trifft den Kern der Auseinandersetzung nicht, wenn man sagt: Da ist nur aufgeschrieben worden, was in den Länderpolizeigesetzen sowieso schon steht, und jetzt darf das Bundeskriminalamt das, was jeder Dorfpolizist darf. Tatsächlich verlassen Sie mit diesem Gesetzentwurf bewährte Strukturen des Polizeirechts.
(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Und was ist mit Bayern?)
Es gibt jetzt Eingriffe in die Befugnisse der Länder. Es gibt jetzt Tätigkeiten des Bundeskriminalamts, die nicht mehr durch den Generalbundesanwalt überwacht werden. Das Bundeskriminalamt kann als Polizeibehörde geheimdienstähnliche Methoden anwenden.
Der Sachverständige Professor Geiger hat in der Anhörung darüber gesprochen. Er hat gesagt: Wenn geheimdienstliche Methoden zum Alltag der Polizeiarbeit werden, dann ist das Trennungsgebot zwischen Nachrichtendiensten und Polizeien verletzt. Sie führen so tiefe Eingriffe ein, wie es in keinem Polizeigesetz in dieser Massivität bisher der Fall war. Beispiel: heimliche Onlinedurchsuchungen. Sie sagten hier in Ihrer Rede zu Recht, dass dann immer ein unabhängiger Richter entscheiden muss. Warum steht das dann anders in Ihrem Gesetzentwurf?
(Beifall der Abg. Gisela Piltz [FDP])
Sie haben für den Eilfall vorgesehen, dass es zunächst keiner richterlichen Entscheidung bedarf.
(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Hört! Hört!)
Das ist ein rechtsstaatlicher Sündenfall, der völlig unerträglich ist, weil es diesen Eilfall im Handyzeitalter gar nicht geben darf. Justiz kann so organisiert werden, dass immer ein Richter zu erreichen ist, der eine Entscheidung trifft. Das ist auch die Auffassung des Deutschen Richterbundes.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich sage am Schluss meiner kurzen Rede noch: Da, wo Sie Neuland hätten beschreiten können, haben Sie es nicht getan.
(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Was ist denn mit Bayern?)
Sie hätten die Gelegenheit gehabt, in diesem Gesetzentwurf einen gleichwertigen Schutz für alle Berufsgeheimnisträger vorzusehen. Anwälte, Journalisten und Ärzte hätten Sie mit Strafverteidigern und Abgeordneten gleichstellen können. Sie haben es nicht getan. Sie haben nicht den neuen Weg beschritten, eine parlamentarische Kontrolle vorzusehen, wenn schon der Generalbundesanwalt nicht mehr die Aufsicht und Kontrolle hat.
Vizepräsidentin Petra Pau:
Kollege Stadler, Sie haben zu Recht den Schluss Ihrer Rede angekündigt.
Dr. Max Stadler (FDP):
Ja, ich komme zum Schluss. – Sie hatten nicht die Fantasie, aus der Sachverständigenanhörung Anregungen neuerer Art aufzugreifen, zum Beispiel die von Professor Geiger, der einen Bürgeranwalt vorgeschlagen hat. Wenn immer mehr Menschen heimlich überwacht werden – Sie selber haben ja gesagt, das müsse heimlich geschehen –, dann müssen die Kontrolle und der Schutz aber auch damit Schritt halten.
Dieses Gesetz ist kein normales Polizeigesetz. Es ist ein weiterer Schritt in einen ausufernden Präventionsstaat. Das ist die Wahrheit.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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