Dr. Max Stadler

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Donnerstag, 3. Januar 2013

Rede vom 06.05.2009

Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen

Dr. Max Stadler (FDP):


Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär Schauerte hat seinen Beitrag mit dem Satz begonnen, dass Kinderpornografie ein abscheuliches Verbrechen ist. Dem stimmen wir voll und ganz zu.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Renate Gradistanac [SPD])
Die Täter müssen konsequent verfolgt und die Straftaten geahndet werden.
(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Richtig!)
Kinderpornografische Seiten im Netz müssen, wo immer das möglich ist, gelöscht werden. Es reicht nicht, nur den Zugang zu erschweren. Auch die Seiten müssen, wie gesagt, gelöscht werden.
(Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])
An dieser Stelle würde ich meinen Diskussionsbeitrag am liebsten beenden. Man läuft nämlich Gefahr, bewusst missverstanden zu werden, wenn man zu Ihrem Gesetzentwurf kritische Fragen stellt. Solche kritischen Fragen muss man aber stellen, weil noch nicht alles richtig ausdiskutiert ist, was Sie uns hier vorlegen.
Das beginnt schon mit der Gesetzgebungskompetenz. Sagen Sie nicht, das sei eine Petitesse am Rande. Nein, der Bund darf nur das regeln, wofür er zuständig ist. Sie meinen, es gehe um Wirtschaftsrecht und damit sei der Bund zuständig. Wir sagen: Hier geht es – genau das haben Sie ausgeführt, Herr Staatssekretär – um die Abwehr von Straftaten, also um Prävention und Gefahrenabwehr. Das ist nach unserer Verfassungsordnung Ländersache. Darüber muss man in den weiteren Beratungen ernsthaft reden.
(Beifall bei der FDP)
Immerhin legen Sie jetzt einen Gesetzentwurf vor. Die vertragliche Regelung wäre rechtsstaatlich auf keinen Fall ausreichend gewesen; denn es geht um Grundrechtseingriffe. Bei dem Gesetzentwurf, den Sie vorlegen, stellen sich dennoch weitere Fragen. Die erste Frage lautet: Greifen Sie überhaupt zu tauglichen Mitteln? Ich habe schon erwähnt, dass auf der Grundlage Ihres Gesetzentwurfs kinderpornografische Seiten keineswegs gelöscht werden sollen. Vielmehr wird dadurch nur der Zugang erschwert. Die Zugangserschwernis ist aber leicht zu umgehen; das sagen uns die Fachleute aus der Computerbranche.
Ist das noch ein taugliches Mittel, wenn man es so leicht umgehen kann und wenn die hauptsächlichen Verbreitungswege von Kinderpornografie in sogenannten Peer-to-Peer-Gruppen von den Maßnahmen in Ihrem Gesetzentwurf gar nicht erfasst werden? Die Frage nach der Tauglichkeit einer Regelung ist sehr wohl zu stellen; denn der Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit der Eingriffsmittel umfasst eben auch das Erfordernis, dass Eingriffe tauglich sein müssen.
(Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])
Ich komme zu einem weiteren Punkt, der uns Sorgen macht. Wollen wir wirklich, dass eine Polizeibehörde, und zwar nur sie, einen Eingriff in ein Grundrecht, nämlich die Informationsfreiheit, formuliert und dafür Vorgaben macht? Ist das der richtige Weg, oder braucht man nicht zumindest einen Richtervorbehalt? Als Beispiel nenne ich Gremien, die entsprechende Entscheidungen im Falle von jugendgefährdenden Schriften treffen. Da ist in Ihrem Gesetzentwurf noch nicht alles zu Ende gedacht.
Es gibt im Übrigen einen entscheidenden Punkt, wo wir Sie beim Wort nehmen müssen, da Sie gerade den Ausführungen des Staatssekretärs Beifall gezollt haben. In der Gesetzesbegründung heißt es, dass mit diesem Gesetz der Kampf gegen kinderpornografische Seiten gesetzlich abgesichert werden soll. So weit, so gut. Dem stimmen wir zu. Aber dann folgt ein wichtiger Satz:
Eine Ausweitung auf andere Zwecke ist nicht beabsichtigt.
Meine Damen und Herren, das ist eine gute Absicht. Allein uns fehlt der Glaube,
(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
weil wir in der Vergangenheit häufig genug erlebt haben, dass Sie weitere Eingriffe vorgenommen haben.
Nehmen wir das aktuelle Beispiel heimlicher Onlinedurchsuchungen. In den Diskussionen in diesem Hause hieß es, dass sie nur ausnahmsweise und nur zur Bekämpfung des Terrorismus durchgeführt werden sollen. Aber schon wenige Monate nach der Verabschiedung dieses Gesetzes wurde die Forderung erhoben, die Regelungen auf weitere Bereiche auszudehnen. Deswegen sage ich: Bei allen Maßnahmen, über die wir jetzt diskutieren, muss völlig klar sein, dass man nicht weitergehen darf.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sind Sie allerdings weiter gegangen als in der vorherigen Debatte angekündigt. Nach Ihrem Gesetzentwurf wird künftig auch derjenige, der nur versehentlich auf eine gesperrte Seite gerät und gar nicht weitersurft, dem Bundeskriminalamt gemeldet; das ist zumindest zulässig, also wird es auch geschehen. Wollen wir das? Ist das noch verhältnismäßig? Oder wollen wir die wirklichen Täter aufspüren?
(Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])
Mein Fazit: Sie verfolgen mit Ihrem Gesetzentwurf eine gute Absicht. Kinderpornografie muss bekämpft werden; das ist auch die Position der FDP. Aber über die Ausführung, die Sie vorschlagen, werden wir in den Ausschüssen noch sehr gründlich diskutieren müssen. Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.
(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Genau! So machen wir das!)


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