Dr. Max Stadler

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Donnerstag, 3. Januar 2013

Pressemitteilungen

27. 12. 2006

STADLER: Große Koalition unsensibel gegenüber den Bürgerrechten

BERLIN. Zum Jahreswechsel erklärte der Vorsitzende des Arbeitskreises für Innen- und Rechtspolitik der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Max STADLER:

Die große Koalition hat sich im Jahr 2006 in ihrer Innen- und
Rechtspolitik genauso unsensibel gegenüber dem Wert der Bürgerrechte
gezeigt wie zuvor ihre rot-grüne Vorgängerregierung. Obwohl das
Bundesverfassungsgericht in mehreren wichtigen Urteilen die Gesetzgebung von Rot-Grün wegen Verstößen gegen das Grundgesetz korrigieren musste, hat die CDU/CSU/SPD-Koalition die notwendige Kurskorrektur unterlassen.

Das Ziel, die Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus
abzuwehren, muss nach Auffassung der FDP mit strikt rechtsstaatlichen
Mitteln erreicht werden. Diesem Maßstab entspricht das neue
"Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz" nicht. Mit diesem Gesetz wurden die vom früheren Innenminister Otto SCHILY initiierten erweiterten
Befugnisse für die Geheimdienste verlängert, ohne dass es eine
ausreichende Evaluierung über die Wirkung der "Otto-Kataloge" von 2002
gegeben hätte. Vor allem wurde dabei das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum so genannten Großen Lauschangriff nicht beachtet, wie die CDU/CSU/SPD-Koalition in einem Entschließungsantrag zu diesem Verlängerungsgesetz selbst eingeräumt hat.

Zudem hat es die Koalition versäumt, endlich die Kontrolle der
Nachrichtendienste effektiver auszugestalten. Die FDP hat einen
Gesetzentwurf zur Reform der Arbeit des Parlamentarischen
Kontrollgremiums eingebracht. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die
Koalition diese Reformvorschläge nicht aufgreift.

Die Einführung der "Zentralen Anti-Terror-Datei" verfolgte ein richtiges
Ziel, nämlich einen besseren Informationsaustausch zwischen den
Sicherheitsbehörden, jedoch mit falschen Mitteln. Eine reine Indexdatei
wäre die Lösung gewesen, mit der es zu keiner Verletzung des
grundgesetzlichen Gebots der prinzipiellen Trennung von Polizei und
Nachrichtendiensten gekommen wäre.

Keine klare Linie lässt die Koalition bisher bei der Frage erkennen,
dass das Folterverbot die Verwertung von Informationen verbietet, die
unter Folter von ausländischen Behörden erlangt worden sind. Im
Europol-Übereinkommen von 1998 ist noch klar geregelt, dass derartige
Informationen von Europol nicht gespeichert werden dürfen. Bei der
Einführung der Zentralen Anti-Terror-Datei hat die Koalition den Antrag
der FDP abgelehnt, diese Bestimmung aus dem Europol-Übereinkommen zu übernehmen.

Erfreulich ist, dass die Pläne der CDU/CSU zum Einsatz der Bundeswehr im Inneren bisher keine Mehrheit gefunden haben. Innere Sicherheit ist und bleibt Aufgabe der Polizei. Die Fußballweltmeisterschaft ist - entgegen
den Unkenrufen aus den Reihen der Union - auch ohne eine
Grundgesetzänderung für Bundeswehreinsätze im Inneren bestens über die Bühne gegangen.

Bedenklich ist, dass sich die Koalition mit der Neuauflage des Luftsicherheitsgesetzes offenkundig über ein Urteil des
Bundesverfassungsgerichts hinwegsetzen will.

Absolut inakzeptabel war es aus Sicht der FDP, dass sich Bundesinnenminister Wolfgang SCHÄUBLE Mittel für die Online-Überwachung von privaten Personalcomputern bewilligen ließ, obwohl es für diesen gravierenden Eingriff in die Privatsphäre bisher keine ausreichende Rechtsgrundlage gibt.

Mehrere praktische Fälle, wie die Durchsuchung der Redaktion von
"Cicero" sowie das Abhören von Telefonaten von Journalisten mit dem
Anwalt des Entführungsopfers Khaled el Masri, zeigen, dass
Berufsgeheimnisse besser geschützt werden müssen, insbesondere das
Anwalts- und das Redaktionsgeheimnis. Die FDP fordert die Koalition auf,
den Entwurf der FDP-Fraktion zum Schutze der Pressefreiheit zu übernehmen.

Die FDP begrüßt, dass die Innenminister von Bund und Ländern sich auf
einen ersten Schritt für eine "Altfallregelung" zugunsten seit langem in
Deutschland lebender, integrierter Ausländer geeinigt haben. Dieser
Beschluss der Innenministerkonferenz erscheint aber selbst
Bundesinnenminister Wolfgang SCHÄUBLE nicht als ausreichend. Daher
strebt SCHÄUBLE eine weitergehende bundesgesetzliche
Bleiberechtsregelung an. Die Regierungskoalition konnte sich hierauf aber
bisher trotz mehrerer Krisensitzungen nicht verständigen. Dies beweist,
wie wenig handlungsfähig die Koalition in der Innenpolitik ist.



Download der gesamten Pressemitteilung im PDF-Format:
1503-Stadler-Buergerrechte.pdf (2006-12-27, 143.02 KB)


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