Pressemitteilungen Fraktion
23. 04. 2012
Vorgestern und gestern hatten wir die traditionelle Frühjahrsklausur, die wir immer 14 Tage nach Ostern durchführen. Sie hat sich diesmal zusammengefügt mit dem Bundesparteitag in Karlsruhe, aber wir haben den Marathon gut bewerkstelligt.
Gegenstand war gestern Abend eine allgemeine Aussprache über die politische Situation und den Bundesparteitag. Wir waren mit dem Verlauf des Parteitages zufrieden. Es war ein großer Erfolg. Wir haben das Grundsatzprogramm beschlossen, das anderthalb Jahre Vorlauf hatte. Ein Grundsatzprogramm ist kein Kochbuch für die tägliche Herausforderung der Politik, sondern eine Grundorientierung einer Partei. Eine Geisteshandlung: von der Philosophie, von der Tradition her. Wir sind und bleiben eine Partei der Mitte. Wenn ansonsten das politische Spektrum in Deutschland erkennbar nach links rückt, muss es ja auch noch Vertreter der Mitte geben. Wenn sich andere aus der Mitte verabschieden, müssen wir umso intensiver diese Mittelposition deutlich machen.
Heute haben drei Komplexe im Vordergrund gestanden. Schwerpunkt war die Energiepolitik. Wir haben uns sehr umfassend damit beschäftigt. Es gab im letzten Winter Warnungen der Bundesnetzagentur, dass es Stromausfälle geben könnte. Dazu ist es nicht gekommen. Das zeigt, dass wir durchaus eine gute Grundlage haben. Die Energiewende muss jetzt aber mit beschleunigtem Tempo vollzogen werden. Das heißt Leitungsbau und auch Kraftwerksbau. Wir werden uns noch intensiver im Dialog mit dem Wirtschaftsministerium an die Aufgabe machen müssen, beispielsweise durch vereinfachte Abläufe bei der Genehmigung des Neubaus von Kraftwerken, ähnlich wie man es im Netzausbaubeschleunigungsprogramm schon gemacht hat. Die Fristen müssen verkürzt werden. Bisher dauerte der Bau eines Kraftwerks um die 10 Jahre. Das ist zu lange. Wir wollen innerhalb der nächsten 10 Jahre den wesentlichen Teil der Energiewende vollzogen haben. Deshalb werden wir meines Erachtens dazu noch Sonderregelungen erlassen müssen. Ähnliches gilt auch für den Bau von Off-Shore Windparks. Da gibt es noch Fragen, etwa bei der Haftung auf hoher See.
Zweiter Schwerpunkt waren heute Morgen die Finanzmärkte. Wir diskutierten die Frage, in wieweit man bei nationalen Regelungen noch gehen kann, ohne sich quasi in eine Selbstdemontage eigener Finanzmarktmöglichkeiten hinein zu begeben. Wir haben ja heute bis hinein in den Mittelstand das Phänomen, dass der Anteil der Kreditfinanzierung von Investitionen im gewerblichen Sektor an Bedeutung abnimmt. Manche Eingriffe führen sofort dazu, dass man das Problem nicht löst, sondern nur eine Verlagerung der Aktivität auslöst. Deshalb müssen wir achtgeben, dass wir hier nicht das Kind mit dem Bade ausschütten.
Wir müssen die sogenannten Schattenbanken, das heißt, Institutionen wie Hedgefonds, die bankenähnliche Geschäfte machen, demselben Reglement wie Banken unterwerfen. Wir sind schon ein großes Stück in Deutschland vorangegangen. Wir waren zum Beispiel die Ersten, die die Leerverkäufe verboten haben.
Wir haben uns mit der Frage der Zusammenlegung von BaFin und Bundesbank bei der Bankenaufsicht beschäftigt. Da ist das entscheidende Problem, dass die Bundesbank nicht mitmacht, weil sie dadurch ihre Unabhängigkeit gefährdet sieht. Deshalb wird man andere Wege zur weiteren Effektivierung der Bankenkontrolle gehen müssen.
Wir haben uns beschäftigt mit dem Bereich der Außenpolitik: Auch mit der Wahl in Frankreich, der wir natürlich gespannt entgegen sehen. Wir halten uns natürlich aus dem Wahlkampf raus. Das ist eine französische, innere Angelegenheit. Aber für uns ist ausgeschlossen, dass wir den Fiskalpakt aufgeben. Das ist die Geschäftsgrundlage der gemeinsamen Rettungsmechanismen, um aus der Verschuldungspraxis rauszukommen. Es hat ja keinen Sinn, die Finanzmärkte zu beschimpfen und die Ursache der Abhängigkeit der Finanzmärkte, nämlich eine übermäßige Staatsverschuldung, nicht anzugehen. Deshalb ist dies für uns ein unverzichtbarer Punkt. Wir werden die Wahlentscheidung in 14 Tagen abwarten und dann erneut mit den französischen Partnern und Freunden einen guten gemeinsamen Weg zu suchen haben.
Außenminister Westerwelle hat über die Lage im Nahen Osten und ihrer unterschiedlichen Facetten vorgetragen und informiert. Wir haben uns mit der Lage in Syrien und Ägypten und anderen Ländern beschäftigt.
Es gab auch noch einmal Anmerkungen zum Betreuungsgeld. Da ist unsere Haltung unverändert. Wir sind vertragstreu: Vereinbarungen werden gehalten. Aber wir beobachten sehr sorgfältig den internen Diskussionsprozess innerhalb der Unionsparteien. Und wenn dort ein Meinungsbild erreicht ist, sind wir gern bereit, uns gegenseitig über die Möglichkeiten auszutauschen.
Die Klausur hat gezeigt, alle Kollegen und Kolleginnen sind frohen Mutes und mit viel Engagement dabei. Das verspricht für die nächsten anderthalb Jahre für die Arbeit im Bundestag eine lebendige und fruchtbare Tätigkeit.
Frage zum Betreuungsgeld:
Kauder hat einen Vorschlag vorgelegt, was die Rentenzeiten angeht.
BRÜDERLE: Das ist nicht vereinbart. Gegenstand des Koalitionsvertrages ist das Betreuungsgeld, nicht aber Eingriffe in die Rentenstruktur. Darüber haben wir nichts vereinbart. Und deshalb bleibt für mich die Frage, ob es nicht ein Entweder - Oder ist. Aber wir warten erst einmal den Diskussionsprozess in der Union ab. Denn es ist viel einfacher, wenn man die Grundätze des Glaubens geklärt hat, bevor man eine gemeinsame Messe singt.
BRÜDERLE zu aktuellen politischen Themen:
BERLIN. Zum Abschluss der Frühjahrsklausur und zu den aktuellen politischen Fragen des heutigen Tages erklärte der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer BRÜDERLE vor Medienvertretern:Vorgestern und gestern hatten wir die traditionelle Frühjahrsklausur, die wir immer 14 Tage nach Ostern durchführen. Sie hat sich diesmal zusammengefügt mit dem Bundesparteitag in Karlsruhe, aber wir haben den Marathon gut bewerkstelligt.
Gegenstand war gestern Abend eine allgemeine Aussprache über die politische Situation und den Bundesparteitag. Wir waren mit dem Verlauf des Parteitages zufrieden. Es war ein großer Erfolg. Wir haben das Grundsatzprogramm beschlossen, das anderthalb Jahre Vorlauf hatte. Ein Grundsatzprogramm ist kein Kochbuch für die tägliche Herausforderung der Politik, sondern eine Grundorientierung einer Partei. Eine Geisteshandlung: von der Philosophie, von der Tradition her. Wir sind und bleiben eine Partei der Mitte. Wenn ansonsten das politische Spektrum in Deutschland erkennbar nach links rückt, muss es ja auch noch Vertreter der Mitte geben. Wenn sich andere aus der Mitte verabschieden, müssen wir umso intensiver diese Mittelposition deutlich machen.
Heute haben drei Komplexe im Vordergrund gestanden. Schwerpunkt war die Energiepolitik. Wir haben uns sehr umfassend damit beschäftigt. Es gab im letzten Winter Warnungen der Bundesnetzagentur, dass es Stromausfälle geben könnte. Dazu ist es nicht gekommen. Das zeigt, dass wir durchaus eine gute Grundlage haben. Die Energiewende muss jetzt aber mit beschleunigtem Tempo vollzogen werden. Das heißt Leitungsbau und auch Kraftwerksbau. Wir werden uns noch intensiver im Dialog mit dem Wirtschaftsministerium an die Aufgabe machen müssen, beispielsweise durch vereinfachte Abläufe bei der Genehmigung des Neubaus von Kraftwerken, ähnlich wie man es im Netzausbaubeschleunigungsprogramm schon gemacht hat. Die Fristen müssen verkürzt werden. Bisher dauerte der Bau eines Kraftwerks um die 10 Jahre. Das ist zu lange. Wir wollen innerhalb der nächsten 10 Jahre den wesentlichen Teil der Energiewende vollzogen haben. Deshalb werden wir meines Erachtens dazu noch Sonderregelungen erlassen müssen. Ähnliches gilt auch für den Bau von Off-Shore Windparks. Da gibt es noch Fragen, etwa bei der Haftung auf hoher See.
Zweiter Schwerpunkt waren heute Morgen die Finanzmärkte. Wir diskutierten die Frage, in wieweit man bei nationalen Regelungen noch gehen kann, ohne sich quasi in eine Selbstdemontage eigener Finanzmarktmöglichkeiten hinein zu begeben. Wir haben ja heute bis hinein in den Mittelstand das Phänomen, dass der Anteil der Kreditfinanzierung von Investitionen im gewerblichen Sektor an Bedeutung abnimmt. Manche Eingriffe führen sofort dazu, dass man das Problem nicht löst, sondern nur eine Verlagerung der Aktivität auslöst. Deshalb müssen wir achtgeben, dass wir hier nicht das Kind mit dem Bade ausschütten.
Wir müssen die sogenannten Schattenbanken, das heißt, Institutionen wie Hedgefonds, die bankenähnliche Geschäfte machen, demselben Reglement wie Banken unterwerfen. Wir sind schon ein großes Stück in Deutschland vorangegangen. Wir waren zum Beispiel die Ersten, die die Leerverkäufe verboten haben.
Wir haben uns mit der Frage der Zusammenlegung von BaFin und Bundesbank bei der Bankenaufsicht beschäftigt. Da ist das entscheidende Problem, dass die Bundesbank nicht mitmacht, weil sie dadurch ihre Unabhängigkeit gefährdet sieht. Deshalb wird man andere Wege zur weiteren Effektivierung der Bankenkontrolle gehen müssen.
Wir haben uns beschäftigt mit dem Bereich der Außenpolitik: Auch mit der Wahl in Frankreich, der wir natürlich gespannt entgegen sehen. Wir halten uns natürlich aus dem Wahlkampf raus. Das ist eine französische, innere Angelegenheit. Aber für uns ist ausgeschlossen, dass wir den Fiskalpakt aufgeben. Das ist die Geschäftsgrundlage der gemeinsamen Rettungsmechanismen, um aus der Verschuldungspraxis rauszukommen. Es hat ja keinen Sinn, die Finanzmärkte zu beschimpfen und die Ursache der Abhängigkeit der Finanzmärkte, nämlich eine übermäßige Staatsverschuldung, nicht anzugehen. Deshalb ist dies für uns ein unverzichtbarer Punkt. Wir werden die Wahlentscheidung in 14 Tagen abwarten und dann erneut mit den französischen Partnern und Freunden einen guten gemeinsamen Weg zu suchen haben.
Außenminister Westerwelle hat über die Lage im Nahen Osten und ihrer unterschiedlichen Facetten vorgetragen und informiert. Wir haben uns mit der Lage in Syrien und Ägypten und anderen Ländern beschäftigt.
Es gab auch noch einmal Anmerkungen zum Betreuungsgeld. Da ist unsere Haltung unverändert. Wir sind vertragstreu: Vereinbarungen werden gehalten. Aber wir beobachten sehr sorgfältig den internen Diskussionsprozess innerhalb der Unionsparteien. Und wenn dort ein Meinungsbild erreicht ist, sind wir gern bereit, uns gegenseitig über die Möglichkeiten auszutauschen.
Die Klausur hat gezeigt, alle Kollegen und Kolleginnen sind frohen Mutes und mit viel Engagement dabei. Das verspricht für die nächsten anderthalb Jahre für die Arbeit im Bundestag eine lebendige und fruchtbare Tätigkeit.
Frage zum Betreuungsgeld:
Kauder hat einen Vorschlag vorgelegt, was die Rentenzeiten angeht.
BRÜDERLE: Das ist nicht vereinbart. Gegenstand des Koalitionsvertrages ist das Betreuungsgeld, nicht aber Eingriffe in die Rentenstruktur. Darüber haben wir nichts vereinbart. Und deshalb bleibt für mich die Frage, ob es nicht ein Entweder - Oder ist. Aber wir warten erst einmal den Diskussionsprozess in der Union ab. Denn es ist viel einfacher, wenn man die Grundätze des Glaubens geklärt hat, bevor man eine gemeinsame Messe singt.
Download der gesamten Pressemitteilung im PDF-Format:
321-Statement_Bruederle_23_04.pdf (2012-04-23, 107.80 KB)