Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Thema ist so wichtig, dass es richtig gewesen ist, sich darauf zu einigen, am Ende der Legislaturperiode noch eine Aussprache im Plenum durchzuführen und nicht, wie manche überlegt haben, die Reden zu Protokoll zu geben.
Dr. Max Stadler (FDP):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird Sie nicht überraschen, dass wir die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juni 2009 ganz anders beurteilen als mein Vorredner, der geschätzte Kollege Kauder. Wir sind der Meinung: Wir, die Opposition, haben mit unserer Verfassungsklage eine geradezu epochale Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erwirkt.
Dr. Max Stadler (FDP):
Frau Kollegin Raab, nachdem Sie einen unzutreffenden Vorwurf gegen die FDP erhoben hatten, haben Sie leider eine Zwischenfrage von mir nicht zugelassen. Deswegen muss ich den Weg der Kurzintervention wählen, um Folgendes klarzustellen:
Wenn Sie sagen, man müsse bei der Gesetzgebung abwägen, und wenn Sie betonen, die Union würde mehr in Richtung Sicherheit und die FDP mehr in Richtung Freiheit gehen, dann kann man darüber vernünftig und seriös debattieren. Sie haben aber gemeint, uns auch deswegen kritisieren zu können, weil Sie glauben – so habe ich Ihre Worte im Ohr –, dass die Ausstattung der Polizei und der Sicherheitsbehörden nicht konkurrenzfähig wäre, wenn es nach dem Willen der FDP ginge. So ungefähr haben Sie es formuliert.
Dr. Max Stadler (FDP):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Am 8. März hat Bundesinnenminister Schäuble in einem Interview das Bundesverfassungsgericht kritisiert, weil es sich mit der einstweiligen Anordnung gegen die Vorratsdatenspeicherung angeblich zu sehr in die Politik einmische. Wir teilen diese Auffassung ganz und gar nicht. Ganz im Gegenteil! Wenn der Bundestag Gesetze verabschiedet, die unzulässig in die Grundrechte eingreifen, dann ist es die Pflicht der Karlsruher Richter, sich einzumischen. Und das hat das Bundesverfassungsgericht getan.
Anrede,
wir alle stimmen darin überein, dass eine private Verwertung von Amtswissen nach dem Ausscheiden aus dem Amt das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität des Regierungshandelns und des öffentlichen Dienstes beeinträchtigen kann.
An sich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass sich Mitglieder der Bundesregierung, Parlamentarische Staatssekretäre und politische Beamte auch nach ihrem Ausscheiden der Würde ihres früheres Amtes gemäß verhalten, Interessenkonflikte vermeiden und alles unterlassen, was das Ansehen staatlichen Handelns und das Vertrauen der Allgemeinheit in dessen Integrität gefährden kann.
Dr. Max Stadler (FDP):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Untersuchungsausschuss war notwendig, und er war erfolgreich. Wir haben zahlreiche neue Erkenntnisse zutage gefördert. Nur ein Untersuchungsausschuss konnte es leisten, die verschiedensten Vorgänge minutiös zu überprüfen. Aus Sicht der FDP kam er am Ende zu einem klaren Ergebnis. Dieses Ergebnis lautet: Nach dem 11. September 2001 sind leider auch in Deutschland wiederholt rechtsstaatliche Grundsätze bei der Gefahrenabwehr massiv verletzt worden. Der Grund hierfür liegt in einer Fehlentwicklung im Denken; denn die Bundesregierung war der Meinung, die Rechte Einzelner müssten hinter einer vermeintlichen Staatsräson zurücktreten. Das ist die Hauptursache all der Fälle, bei denen etwas schiefgelaufen ist und die wir untersucht haben.
Antrag Bündnis 90/Die Grünen
Rechtsklarheit und Transparenz schaffen- Öffentlichkeit von Aufsichtsratssitzungen kommunaler Gesellschaften bundesrechtlich eindeutig normieren
Das in dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen formulierte Anliegen, durch eine klare bundesrechtliche Regelung die Öffentlichkeit von Aufsichtsratssitzungen kommunaler Gesellschaften zuzulassen, wird von der FDP-Bundestagsfraktion seit langem unterstützt. Die FDP hat einen ähnlichen Vorstoß bereits früher unternommen, ist dabei leider ebenso wenig auf Gegenliebe bei der großen Koalition gestoßen, wie dies auch heute wieder zu erwarten ist.
Dr. Max Stadler (FDP):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Freien Demokraten unterstützen diejenigen Maßnahmen, die wirklich gegen Kinderpornografie helfen.
(Beifall bei der FDP)
Das Gesetz der Großen Koalition erfüllt diesen Zweck nicht. Deswegen lehnen wir es ab.
(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Mit dem Gesetz, das CDU/CSU und SPD heute vorlegen, wird die Kinderpornografie um kein Jota zurückgedrängt.
(Martin Dörmann [SPD]: Das ist eine Behauptung!)
Die von Ihnen vorgesehenen Zugangssperren im Internet sind in Sekundenschnelle zu umgehen und deswegen kein taugliches Mittel. Es führt kein Weg daran vorbei, sich der weitaus mühsameren Aufgabe zu unterziehen, die Täter zu verfolgen und zu bestrafen
(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
und Seiten mit kinderpornografischen Inhalten zu löschen, statt nur den Zugang zu erschweren.
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
Das Wort hat Kollege Max Stadler für die FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)
Dr. Max Stadler (FDP):
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach den Anschlägen in den USA am 11. Septem-ber 2001 haben die Nachrichtendienste auch in der Bundesrepublik Deutschland so viele Befugnisse erhalten wie nie zuvor. Für die FDP war immer klar: Je mehr Befugnisse Geheimdienste haben, umso besser muss die parlamentarische Kontrolle ausgestaltet werden.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Daran hat es bisher aber gemangelt. Diese Kontrolldefizite werden mit dem heute zu verabschiedenden Gesetz verringert.
Erinnern wir uns: Einsatz von BND-Agenten während des Irak-Kriegs in Bagdad trotz gegenteiliger Selbstdarstellung der damaligen rot-grünen Bundesregierung, rechtswidrige Bespitzelung von Journalisten, fragwürdige Amtshilfe des Nachrichtendienstes gegenüber Polizeibehörden. All diese Vorgänge sind in der Vergangenheit am dafür berufenen Parlamentarischen Kontrollgremium vorbeigegangen. Das war nicht länger akzeptabel. Das wissen alle in diesem Hohen Haus zwar seit Jahren.
Dr. Max Stadler (FDP):
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär Schauerte hat seinen Beitrag mit dem Satz begonnen, dass Kinderpornografie ein abscheuliches Verbrechen ist. Dem stimmen wir voll und ganz zu.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Renate Gradistanac [SPD])
Die Täter müssen konsequent verfolgt und die Straftaten geahndet werden.
(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Richtig!)
Kinderpornografische Seiten im Netz müssen, wo immer das möglich ist, gelöscht werden. Es reicht nicht, nur den Zugang zu erschweren. Auch die Seiten müssen, wie gesagt, gelöscht werden.
Anrede
Der heute zu beratende Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung des Beschlusses des Rates vom 23. Juni 2008 geht auf den sogenannten Prümer Vertrag zurück. Dieser Vertrag ist durch ein entsprechendes Vertragsgesetz in das deutsche Recht transformiert worden. Damals hat sich die FDP der Stimme enthalten. Die Gründe, die seinerzeit dafür maßgeblich gewesen sind, gelten weiter fort. Deshalb ist die Haltung der FDP zur heute vorliegenden Änderung des Ausführungsgesetzes zum Prümer Vertrag und zu weiteren Folgeänderungen unverändert.
Dr. Max Stadler (FDP):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bitte des Kollegen Brandt, diesem Gesetz zuzustimmen, kann die FDP-Fraktion leider nicht erfüllen. Ich komme gleich auf die Einzelheiten zu sprechen.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hoffentlich!)
Zunächst ist darauf zu verweisen, dass wir es mit einem äußerst sensiblen Bereich zu tun haben, der den Deutschen Bundestag erstmals in dieser Form im Jahr 1968 beschäftigt hat, als die erste Große Koalition aus CDU/CSU und SPD regiert hat. Damals, am 13. August 1968, ist das Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses – es heißt G-10-Gesetz, weil es Art. 10 des Grundgesetzes einschränkt – in Kraft getreten. Dagegen gab es eine Verfassungsklage. Das Bundesverfassungsgericht hat das Gesetz mit Mehrheit für verfassungskonform erachtet, jedenfalls im Grundsatz, wenn es später auch Details beanstandet hat. Es gab aber das berühmte Sondervotum der Verfassungsrichterin Wiltraud Rupp-von Brünneck, das Rechtsgeschichte geschrieben hat. Sie schrieb in dieses Sondervotum: Principiis obsta – wehret den Anfängen!
Dr. Max Stadler (FDP):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Verbesserung der Kontrolle der Geheimdienste war und ist überfällig.
(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)
Wenn man den Nachrichtendiensten mehr Befugnisse gibt – das ist in den letzten Jahren wiederholt geschehen –, dann muss logischerweise auch die Kontrolle über die Nachrichtendienste verbessert werden. Wir brauchen die Dienste, aber sie dürfen in einem demokratischen Rechtsstaat kein Eigenleben entwickeln, sondern haben sich strikt an Recht und Gesetz zu halten. Dafür tragen wir eine Mitverantwortung. Deshalb müssen die Rechte des Parlamentarischen Kontrollgremiums verbessert werden.
(Beifall des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
"Rechtsklarheit und Transparenz schaffen - Öffentlichkeit von Aufsichtsratssitzungen kommunaler Gesellschaften bundesrechtlich eindeutig normieren" - Antrag der Grünen (BT-Drs. 16/11826)
Dieser Antrag der Grünen betrifft ein berechtigtes Anliegen und verdient daher Unterstützung. Allerdings ist das Thema keineswegs neu. Vielmehr hatte die FDP-Bundestagsfraktion mit ihrem Antrag „Gegen Geheimniskrämerei – Entscheidungen kommunaler Gesellschaften transparent gestalten“ (BT– Drucksache 16/395) längst dem Hohen Haus und der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, eine Lösung im Sinne von mehr Transparenz bei den Beratungen und Entscheidungen der Aufsichtsgremien kommunaler Unternehmen herbeizuführen.