Dr. Max Stadler

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Donnerstag, 3. Januar 2013

Rede vom 03.12.2010

Gesetzes zur Stärkung der Pressefreiheit im Straf- und Strafprozessrecht (PrStG) Nr. 79 am 03.12.2010 zu Protokoll

Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Das Bundesverfassungsgericht hat stets zu Recht die Pressefreiheit als essenziell für die Demokratie bezeichnet. Dies gilt auch für den investigativen Journalismus. Man möchte meinen, dass die Be­deutung des kritischen Journalismus spätestens seit der Spiegel-Affäre in den 60er-Jahren geklärt sei. Aber Vor­gänge wie die Durchsuchung der Redaktionsräume des Magazins Cicero zeigen, dass ein noch besserer gesetzli­cher Schutz der Pressefreiheit notwendig ist.

Deshalb hat die Bundesregierung den vorliegenden Gesetzentwurf zur Stärkung der Pressefreiheit im Straf- und Strafprozessrecht beschlossen. Damit setzen wir die Koalitionsvereinbarung um und stärken die rechtliche Stellung der investigativen Journalisten. In der Sache geht es dabei um zweierlei: um materielle und um prozessuale Rechte.

Wir stellen klar, dass sich Medienangehörige nicht wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat strafbar machen, wenn sie lediglich geheimes Material besitzen, auswerten oder veröffentlichen, das ihnen zugespielt worden ist. Obwohl die Medienangehörigen ja selbst keiner Pflicht zur Geheimhaltung unterliegen, gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Fälle, in denen gegen sie ermittelt wurde. Jeder Praktiker weiß, dass dies für die Strafverfolger vielfach nur ein Mittel zum Zweck war, um auf diesem Weg Erkenntnisse über undichte Stellen in den Behörden zu gewinnen. Diesen „Umweg“ über die Journalisten soll es in Zukunft nicht mehr geben. Allerdings bleibt selbstverständlich der Geheimnisverrat als solcher strafbar, ebenso wie die Anstiftung hierzu.

Sachgerecht ist es dagegen, den verfehlten Ermittlungsansatz über „Beihilfe“ zu beenden, zumal es ohnehin strafrechtsdogmatisch fragwürdig ist, ob man zu einer bereits vollendeten Haupttat – Geheimnisverrat – überhaupt noch nachträglich Beihilfe leisten kann.

Durch unsere Klarstellung erreichen wir dreierlei:

Erstens
: Journalisten werden vor Ermittlungsmaßnahmen der Strafverfolgungsbehörden geschützt.

Zweitens:
Der Quellen- und Informantenschutz wird gestärkt.

Drittens:
Die investigative Recherche und kritische Berichterstattung wird gesichert.

Mit dieser Neuregelung schaffen wir mehr Rechtssicherheit. Im Verfahrensrecht sehen wir einen besseren Schutz vor Beschlagnahmen vor. Schon heute dürfen Polizei und Staatsanwaltschaft Material, das Journalisten von Informanten erhalten haben, nur unter engen Voraussetzungen und nach einer strengen Abwägung mit der Pressefreiheit beschlagnahmen. In Zukunft wird nicht mehr nur ein auf bestimmte Tatsachen gestützter einfacher Tatverdacht gegen einen Journalisten ausreichen, sondern es muss ein dringender Tatverdacht vorliegen, das heißt, es muss eine große Wahrscheinlichkeit bestehen, dass der Betreffende an einer Straftat beteiligt ist.

Mit dieser Gesetzgebung liegen wir auf der Linie der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Fall Cicero. Die Karlsruher Entscheidung macht aber die Neuregelung keineswegs überflüssig, sondern schafft zusätzliche Klarheit im Interesse der freien Presse.

All dies hat übrigens nichts zu tun mit der aktuellen Debatte um WikiLeaks. Das Recht auf vertrauliche Kommunikation ist ein zentraler Wert. Die WikiLeaks-Debatte wird daher das Bewusstsein für besseren Datenschutz befördern.

Bei dem heutigen Gesetz geht es nicht darum, Datenschutz preiszugeben, sondern darum, dem Grundrecht aus Art. 5 Grundgesetz noch besser Geltung zu verschaffen.

Am Ende sei daher an ein Zitat von Albert Camus erinnert, der einmal schrieb: „Eine freie Presse kann gut oder schlecht sein; aber eine Presse, die nicht frei ist, ist immer schlecht.“

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