Öffnung der Ehe für Personen gleichen Geschlechts
Bundesrat - 874. Sitzung - 24. September 2010
Entschließung des Bundesrates zur Öffnung der Ehe für Personen gleichen Geschlechts (Drucksache 286/10)
Erklärung von Staatsminister Eckart von Klaeden (BK) zu Punkt 18 der Tagesordnung
Für Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Max Stadler (BMJ) gebe ich folgende Erklärung zu Protokoll:
Die Bundesregierung hat den festen Willen, die Diskriminierung von homosexuellen Lebenspartnern im Verhältnis zu Ehegatten zu beseitigen. Uns geht es um konkrete Verbesserungen in noch offenen kritischen Punkten. Im öffentlichen Dienst beispielsweise ist überhaupt nicht einzusehen, warum der Lebenspartner eines Tarifbeschäftigten in der gesetzlichen Krankenversicherung mitversichert ist und eine Hinterbliebenenversorgung erhalten kann, dem Lebenspartner eines Beamten dagegen weder Beihilfe noch Hinterbliebenenversorgung zusteht.
Wir wollen die Ausgewogenheit von Rechten und Pflichten von Eingetragenen Lebenspartnerschaften verbessern. Dazu werden wir die familien- und ehebezogenen Regelungen über Besoldung, Versorgung und Beihilfe auf Lebenspartnerschaften übertragen.
Aber auch im Steuerrecht besteht dringender Handlungsbedarf. Die Koalitionsvereinbarung sagt dazu:
Wir werden gleichheitswidrige Benachteiligungen im Steuerrecht abbauen und insbesondere die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Gleichstellung von Lebenspartnern mit Ehegatten umsetzen.
Die Bundesregierung ist schon auf einem guten Weg, in diesen beiden Bereichen zügig rechtliche Verbesserungen durchzusetzen.
Im Beamtenrecht hat der Bundesinnenminister bereits einen Gesetzentwurf erarbeitet, der eine Gleichstellung von Ehegatten und Lebenspartnern vor allem bei der Beihilfe und der Hinterbliebenenversorgung für Bundesbeamte vorsieht. Diese Regelungen sollen zügig ins Bundesgesetzblatt kommen.
Im Steuerrecht wird durch das Jahressteuergesetz 2010 die steuerrechtliche Gleichstellung ein großes Stück vorangebracht. Endlich werden Lebenspartner, die in vielen Fällen wie Ehegatten in einer langjährigen Partnerschaft leben, im Erbschaftsteuerrecht und im Grunderwerbsteuerrecht mit Ehegatten vollständig gleichbehandelt.
Was das Einkommensteuerrecht angeht, so prüft die Bundesregierung noch, wie es auch hier Fortschritte geben kann. Die legislatorische Befassung mit dem Ehegattensplitting erfordert besondere Sorgfalt und vertiefte Diskussion.
Das Bundesverfassungsgericht unterstützt mit seinen wichtigen Entscheidungen aus den Jahren 2009 und 2010 voll und ganz diesen Prozess. Es zieht den Spielraum zur Aufrechterhaltung von differenzierenden rechtlichen Regelungen immer enger. Das Gericht hat bekräftigt, dass Lebenspartner genau wie Ehegatten auf Dauer eine auch rechtlich verbindliche Verantwortung füreinander übernehmen. In diesem Punkt sieht das Gericht zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft keine Unterschiede. Es bedarf deshalb jenseits der bloßen Berufung auf Artikel 6 Absatz 1 Grundgesetz eines hinreichend gewichtigen Sachgrundes, der gemessen am jeweiligen Regelungsgegenstand und -ziel die Benachteiligung anderer Lebensgemeinschaften gegenüber der Ehe rechtfertigt. Die abstrakte Eignung der Ehe ist vom Bundesverfassungsgericht in Bezug auf das Erbschaftsteuergesetz dabei nicht als hinreichend gewichtiger Differenzierungsgrund akzeptiert worden.
Nach wie vor geht das Bundesverfassungsgericht aber davon aus, dass eine Ehe nach dem Grundgesetz grundsätzlich nur eine Verbindung von Mann und Frau ist. Einen gesellschaftlichen Wandel in der Auffassung des Ehebildes hat es bisher nicht festgestellt. Die Ausnahme nach dem Transsexuellengesetz, auf das im Antrag abgestellt wird, spielt schon zahlenmäßig keine Rolle.
Ich sehe deswegen kaum Chancen für den Entschließungsantrag. Für die Öffnung des Rechtsinstituts der Ehe für Schwule und Lesben bedarf es einer Grundgesetzänderung. Diese erfordert eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat, aber eine solche kann ich nicht sehen. In den Ausschüssen des Bundesrates fehlt es ja schon an der einfachen Mehrheit für die Öffnung der Ehe für Lebenspartner. Eine Öffnung der Ehe ohne Grundgesetzänderung würde an der nach wie vor maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts scheitern.
Lassen Sie uns doch bitte auf das dringend Notwendige und politisch Machbare beschränken und dies besonders gut ausführen! Es geht um konkrete Verbesserungen für die Betroffenen.