Dr. Max Stadler

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Donnerstag, 3. Januar 2013

Haushaltsrede vom 05. Dezember 2011

Andreas Dittlmann                                                                  
Stellv. Vorsitzender der Fraktion FDP/Passauer Liste
                     
Haushaltsrede für 2012 (es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrte Damen,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Herren,
werte Kolleginnen und Kollegen,

Spätestens seit Samstagabend weiß ich, dass die Europäische Politik auch mein Leben betrifft. Seit Samstagabend weiß ich wie wichtig Verhandlungen über die Gebühren für Europäische Patentrechte  und der künftige Sitz des Europäischen Patentgerichtes sind. Samstagabend habe ich von der großen Ehre erfahren, kurzfristig für den Kollegen Dr. Stadler einzuspringen, der wegen einer plötzlichen Erkrankung seiner Staatssekretärskollegin kurzfristig zum EU-Ministerrat nach Brüssel fahren musste.

So darf ich heute vor diesem Hause die Haushaltsrede halten. Dass daher  meine Worte nicht so geschliffen und wohl überlegt sein können, wie so manches Meisterwerk meiner Kollegen, bitte ich zu entschuldigen.

Die Haushaltsberatungen in den Fachausschüssen waren meist kurz und weitestgehend geprägt von einstimmigen Beschlüssen. Auch bei den Haushaltsberatungen im Finanzausschuss vor geraumer Zeit gab es nur eine kurze hitzige Diskussion und danach einen einstimmigen Beschluss.

Nicht nur auf Grund dieser Tatsache kann man feststellen, dass die Verwaltung bei der Haushaltsaufstellung gute Arbeit geleistet hat.  

Die Lage ist (auch) in Passau gekennzeichnet durch sehr unterschiedliche Faktoren:
eine hohe Verschuldung, gute Einnahmen im Jahr 2011 und eine unklare finanzpolitische Zukunft.

1.    In der Vergangenheit ist in Passau viel investiert worden, allerdings zum Teil in den Konsum, wie z.B. in eine Eishalle oder das Ganzjahresbad. Damit hat sich die Lebensqualität erhöht, aber eigentlich haben wir über unsere Verhältnisse gelebt. Das führt zu anhaltend hohen Zins- und Tilgungsbelastungen für den Gesamtkonzern Stadt Passau. Es ist daher richtig, dass der Haushalt 2012  nicht nur eine Nettoneuverschuldung vermeidet, sondern sogar planmäßig eine gewisse Schuldenrückführung vorsieht.

2.    Deutschland ist aus der Banken- und Wirtschaftskrise rasch herausgekommen. Die Wirtschaft hatte 2011 insgesamt ein gutes Jahr. Das hat sich positiv auf die Kommunalfinanzen ausgewirkt. Zudem leistet der Freistaat Bayern im kommunalen Finanzausgleich und mit weiteren Maßnahmen mehr für die Kommunen als andere Bundesländer, und der Bund entlastet im sozialen Bereich durch Übernahme der „Unterkunftskosten“ die Kommunen erheblich.

3.    Dennoch ist Vorsicht geboten. Die Verschuldungskrise in der Eurozone birgt offenkundig erhebliche Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung auch in Niederbayern. Deshalb ist es  vernünftig, sich durch Rücklagen für das Jahr 2012 Handlungsspielräume zu bewahren.

Die Höhe der Verschuldung der Stadt Passau ist uns seit Jahren bewusst. Bereits im letzten Jahr hat unsere Fraktion die Schuldenreduzierung angemahnt. Der Umfang der Schuldenreduzierung war heuer der Hauptstreitpunkt in den Abschlussberatungen des Finanzausschusses.

Ende der 90er Jahre wurden die Entscheidungen für die großen Investitionen in Kohlbruck, für die dazugehörenden Straßenbauten wie zum Beispiel Stelzhamerunterführung und Pionierstraße, und für die Ausgaben für die „Neue Mitte“ getroffen. Allen in diesem Hause war doch damals klar, dass diese Maßnahmen  den städtischen Haushalt auf Jahrzehnte gewaltig belasten werden.

Diejenigen, die schon immer gegen jede Baumassnahme in der Vergangenheit, der Gegenwart und wohl auch der Zukunft das Wort reden, die können jetzt mit breiter Brust verkünden, dass sie den Anstieg der Verschuldung um 30 Millionen verhindert hätten. Aber diese können ruhig weiter träumen von Weltkulturerbe oder sonstigen Phantastereien…. Gott sei Dank gab es in der Bürgerschaft damals noch eine Mehrheit, und der Dom konnte gebaut werden, obwohl er sich nicht in die malerische Altstadt einfügte und das erhaltenswerte Römerkastell überbaut wurde. Jedenfalls diejenigen, die damals gegen die Maßnahmen in Kohlbruck und auch die „Neue Mitte“ gestimmt haben, sind heute leise, wenn von den vielen Arbeitsplätzen oder der Tatsache berichtet wird, dass die Immobilien in der Fußgängerzone trotz aller Schwarzmalerei begehrt sind.

Denjenigen aber unter uns, die damals für die Investitionen in die Zukunft unserer Stadt stimmten, müsste doch heute genauso wie damals klar sein, dass künftig für einen langen Zeitraum große Projekte kaum mehr möglich sein können. Wir erfüllen unsere Grundaufgaben. Vor allem im sozialen, Bildungs-, Familien- und Jugend-Bereich. Dafür gebührt es der Verwaltung und Herrn Oberbürgermeister ein Lob.

Jede größere Investition muss sehr wohl überlegt sein. Dass eine Vielzahl von Großprojekten bei noch so vielen Zuschüssen nicht zu stemmen ist, dürfte bis auf wenigen unter uns klar sein.

Daher konnte im Finanzausschuss ohnehin niemand nachvollziehen, warum die CSU gleichzeitig zusätzliche Ausgaben und mehr Schuldentilgung verlangt hat. Das passt nicht so recht zusammen. Genauso wie letztes Jahr ihre Forderung nach Senkung der Personalausgaben mit dem Ruf nach mehr „Indianern und wenigen Häuptlingen“ bei gleichzeitiger unbeschränkter Zustimmung zu allen vorgeschlagenen Beförderungen.
 
Straßengroßprojekte sind noch so wünschenswert. Nur unser kleiner Rahmen an Möglichkeiten erfordert, Schwerpunkte bei den Investitionen zu setzen.
Wenn manche immer noch Sirtaki weitertanzen wollen, dann ist es ihr gutes Recht, aber die Musik dazu darf nicht mit dem Geld der zukünftigen Generationen bezahlt werden.

Wir haben die Zeit nun wahrlich genutzt für das Erstellen von Konzepten. Das Wort Konzept ist mittlerweile nicht nur für den Kollegen Feuerer ein „Unwort“. In Zeiten von immer größer werdenden Speicherkapazitäten muss uns vor dem Berg an Konzepten aber nicht bange werden. Wenn wir nach dieser Legislaturperiode für alle großen Zukunftsfragen unserer Stadt ein Konzept haben, dann haben wir die erste Zeit der Konsolidierung wahrlich vernünftig genutzt.

Die Passauer Kommunalpolitik insgesamt steht momentan unter keinem guten Stern.
Die Stichworte sind uns allen bekannt: Betriebsabwanderungen, Geschichtsmuseum, Weltkulturerbe.

Bei einer nüchternen und fairen Analyse ist unsere Fraktion der Meinung, dass – anders als die CSU dies tut – vorschnelle Schuldzuweisungen fehl am Platze sind.

Dies gilt insbesondere für die äußerst bedauerliche Entscheidung der Firma Paul, sich in Windorf anzusiedeln. Als FDP/Passauer Liste stehen wir zu dem kommunalpolitischen Ziel, dass sich Passau wirtschaftlich weiterentwickeln muss, dass wir Arbeitsplätze und Gewerbesteuereinnahmen brauchen und dass deshalb nicht nur die Ökologie, sondern auch die Ökonomie für uns von größter Bedeutung ist. Eine Erweiterung der Fa. Paul in Passau wäre uns höchst willkommen gewesen. Das war vielleicht nicht bei allen Fraktionen im Stadtrat gleichermaßen der Fall.

Der Oberbürgermeister hat dargelegt, welche Bemühungen die Verwaltung angestrengt hat. Letztlich ist es eine unternehmerische Entscheidung der Fa. Paul gewesen, die gegen Passau ausgefallen ist.

Alarmierend ist aber die Abwanderung von zwei weiteren Firmen, wie wir am Samstag aus der Presse erfahren durften. Kurzfristig nach neuen Gewerbegebieten zu rufen, wäre für uns nicht der richtige Weg. Verwaltung und auch die Poltik müssen sich intensiv mit der Situation beschäftigen. Vielleicht sollte sich unser Engagement nicht nur auf Kostümfeste konzentrieren.

Passau ist kein Industriestandort auf Grund seiner Topographie. Wir sind Dienstleistungs- und Bildungsstandort. Unser Pfund ist die weisse Industrie wie der Tourismus und die Schifffahrt umschrieben werden. Die Resourcen hierfür werden bei weitem noch nicht ausgenutzt. Dass ein professionelles Marketing dazu notwendig ist, war die Meinung unserer Fraktion. Leider haben wir dazu keine Mehrheit gefunden.

Und auch bei den Themen Weltkulturerbe und Geschichtsmuseum hat sich unsere Verwaltung durchaus große Mühe gegeben – die Konkurrenz war eben zu stark.
Das Leben geht weiter, auch ohne das wünschenswerte Prädikat „Weltkulturerbe“. Die Wahrung des städtebaulichen und kulturellen Erbes ist ohnehin unsere Aufgabe. Für den Tourismus müssen wir so oder so neue und intensivere Anstrengungen unternehmen.

Dass wir das Geschichtsmuseum nicht bekommen, ist sehr schmerzlich. Der Standort wäre ideal gewesen. Die Bewerbung war bis auf einen Punkt mehr als überzeugend. Nur wenn es um die Anbindung an Bayern und die vorhandene Infrastruktur geht, ziehen wir den Kürzeren. Jahrzehntelang wurde versäumt Bahn- oder Autobahn-Anbindung auszubauen. Ein schwacher Trost ist, dass wir zumindest nach Linz optimal angebunden sind. Nur leider bekommen wir von dort kein Museum.

Auch ohne direkte Vorwürfe an irgendjemanden zeigen die drei  jüngsten Niederlagen – Paul, Kulturerbe, Museum – eine Tendenz auf, die uns zum Nachdenken Anlass geben sollte: In Passau wird viel geleistet, aber manchmal erliegen wir der Gefahr, dass wir uns selber so einschätzen, als sei alles bestens. Das sehen aber andere anders, beispielsweise Teile der regionalen Wirtschaft und überregionale Experten, die uns bei Bewerbungen mit anderen Städten vergleichen.

Und wenn wir einmal die Chance hätten, uns als Vorreiter zu präsentieren wie bei der Idee mit dem Livestream, wird dies gleich so zerredet, dass aus der Chance beinahe eine Blamage wird. Dass die Kosten in Höhe von 10.000 Euro jetzt als Gegenargument angeführt werden, verwundert in einer Stadt, wo Planungsmittel für eine Wassertaxistudie selbstverständlich waren.

Und noch ein Beispiel: da, wo wir freiwillig eine Unternehmensmitbestimmung der Arbeitnehmer eingeführt haben, wie bei der Stadtwerke Passau GmbH, wo wir also fortschrittlich gehandelt haben, möchte der 2. Bürgermeister dies zurückführen auf die rein betriebliche Mitbestimmung. Das wäre ein Minus gegenüber dem erreichten Stand an Mitbestimmung, gefordert aus Verärgerung über das Abstimmungsverhalten der Arbeitnehmervertreter. Zu Recht ist dieser Vorstoß des Kollegen Mangold nicht nur von unserer Fraktion abgelehnt worden, sondern auch von anderen. Erstaunlicherweise haben dazu sowohl der Oberbürgermeister als auch die CSU-Fraktion geschwiegen.

All diese Ereignisse der letzten Monate sollten uns ein Ansporn sein,  besser zu werden.

Der Haushalt 2012 ist in dieser Hinsicht allerdings wenig ambitioniert, er verdirbt aber auch nichts für die Zukunft.

Man könnte sagen: langweilig, aber solide! So wie auch die Beratungen über den Haushalt waren….

Wir sehen ihn als einen Haushalt ohne große Zukunftsperspektive, ohne wirklich interessante neue Projekte, auch leider ohne Fortschritt beim Thema Oberhaus.

Alleine die Vielzahl der Ideen aller Fraktionen zum Oberhausareal zeigen, dass die Möglichkeit der Entwicklung des gesamten Oberhausareals eine der wesentlichen Zukunftsaufgaben ist.  Hier könnte die Investition liegen, die wir uns vielleicht noch leisten können. Dass man trotzdem einen Radfahrtunnel für Millionen bauen will, ist aus unserer Sicht unverständlich. Alleine dieser Punkt würde an sich zur Ablehnung des Haushaltes reichen. Die Mehrheitsentscheidung haben wir aber zu akzeptieren. Auch geben wir die Hoffnung nicht auf, dass eine Aufstiegshilfe in dem Tunnel mit integriert werden kann. Nur so ist solch ein Tunnel auch nur ansatzweise bei der finanziellen Lage unserer Stadt zu rechtfertigen.

Wir stimmen dem Haushalt zu, weil das Zahlenwerk in Ordnung ist.
Finanzielle Vorsicht ist weiter geboten.
Daher ist unsere Fraktion der Meinung, dass die Kämmerei eine plausible Aufteilung zwischen Schuldentilgung und Rücklagenbildung vorgeschlagen hat. Den Antrag der CSU, noch mehr in die Schuldentilgung zu gehen und damit weniger Rücklagen zu bilden, haben wir deshalb abgelehnt.

Ziel muss es sein weiter kontinuierlich mit vertretbaren Schritten den Schuldenstand abzubauen. Rücklagen sollten nicht ins unermessliche steigen. Vielmehr sollten wir unsere kurzfristige Handlungsfähigkeit  bewahren, um auf die Veränderungen aus der Welt reagieren zu können. Klar muss uns heute bereits sein, dass höhere Zinsen uns in vielem sehr schnell einschränken können.

Wir beantragen daher zum nächsten Finanzausschussfolgenden Beschluss zu fassen:
Sollten im Haushaltsjahr 2012 sich  Überschüsse auf Grund von über den Haushaltsansätzen liegender Einnahmen ergeben, werden die Rücklagen der Stadt Passau auf 15 Millionen erhöht. Darüber hinausreichende „Haushaltsüberschüsse“ werden zur zusätzlichen Tilgung verwendet.

Das Thema „Schuldenabbau“ wurde im Finanzausschuss im Rahmen der Haushaltsberatungen diskutiert. Die CSU schlug vor, die Rücklagen in unangemessener Weise um weitere 6 Millionen Euro im Jahr 2012 zu reduzieren und in gleicher Höhe Schulden zu tilgen. Die Haushaltsaufstellung für die Folgejahre könnte bei einer solchen Vorgehensweise sich äußerst schwierig gestalten. Ein Rücklagenstand von 24 Millionen Euro aber wie zum Ende dieses Haushaltsjahres sehen wir als zu hoch an.

Auch die stets steigenden Personalkosten sehen wir ebenfalls als zu hoch an. Diese zwingen uns wahrlich auch Qualität und Quantität der städtischen Leistungen in Zukunft noch stärker zu hinterfragen. Völlig unabhängig von politischen Forderungen nach Prozentualen Steigerungen oder Minderungen aus der einen oder andern Ecke.

Ich will nur noch ansprechen, dass die Energiewende nach Fukushima uns auch in den Kommunen betreffen wird. Unsere Fraktion hält es für richtig, dass die Verwaltung gegenüber dem Ausbau der Windkraft in Passau zurückhaltend ist. Die Energieausbeute wäre gering und wir haben eben auch die Aufgabe, das Landschaftsbild zu schützen.

Dennoch wird man noch mehr für alternative Energien tun müssen. Es ist nicht einzusehen, warum man nicht entlang der Autobahn Solaranlagen errichten darf. Unsere Fraktion hat dazu ja einen Antrag gestellt. Juristische Hindernisse muss der Landesgesetzgeber beseitigen.  Dr. Max Stadler hat dazu vor einer Woche ein Gespräch mit  Wirtschaftsminister Martin Zeil geführt. Eine Lösung zeichnet sich hier ebenso wie bei der  Aufteilung der Gewerbesteuer bei Solaranlagen ab.


Abschließend möchte ich für die FDP/Passauer Liste noch einen Vorschlag für die künftige Darstellung einer mittelfristigen Investitionsplanung einbringen: So wie wir die mittelfristige Investitionsplanung gefordert und heuer für den städtischen Haushalt erhalten haben,  brauchen wir auch eine Gesamtplanung für den Konzern Stadt Passau.  Wenn man nur die Stadt und nicht ihre Töchter im Blick hat, ergibt sich ein unvollständiges Bild.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
 

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