Dr. Max Stadler

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Donnerstag, 3. Januar 2013

Besetzung der großen Straf- und Jugendkammer in der Hauptverhandlung

Bundesrat - 886. Sitzung - 23. September 2011

Entwurf eines Gesetzesüber die Besetzung der großen Straf- und Jugendkammer in der Hauptverhandlung – gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 GG (Drucksache 460/11)

Erklärung von Staatsminister Eckart von Klaeden (BK) zu Punkt 44 der Tagesordnung für Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Max Stadler (BMJ) gebe ich folgende Erklärung zu Protokoll:

Das 1993 in Kraft getretene Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege hat den großen Straf- und Jugendkammern die Möglichkeit eröffnet, in geeigneten Fällen in reduzierter Besetzung mit zwei statt drei Berufsrichtern zu verhandeln.

Mit der Einführung der Möglichkeit einer Besetzungsreduktion hatte das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege insbesondere der „Notsituation der Justiz in den neuen Ländern“ Rechnung tragen wollen. Eine Besetzung mit nur zwei Berufsrichtern ist danach dann möglich, wenn die Strafkammer nicht als Schwurgericht zuständig ist oder nicht nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung eines dritten Richters notwendig erscheint.

Diese Regelung wurde immer wieder für zwei oder drei Jahre befristet, zuletzt durch Gesetz vom 7. Dezember 2008 mit einer Verlängerung bis zum 31. Dezember 2011. Ohne eine neue gesetzliche Vorschrift müssten die großen Straf- und Jugendkammern somit ab dem Beginn des Jahres 2012 wieder in der Besetzung mit drei Berufsrichtern und zwei Schöffen entscheiden. Die Bundesregierung hält dies angesichts der stetig steigenden landgerichtlichen Strafverfahren und der personellen Ressourcen in den Ländern nicht für sinnvoll und auch rechtsstaatlich
nicht für geboten.

Der Begründung des letzten Verlängerungsgesetzes entsprechend ist eine umfassende Evaluierung durchgeführt worden. Die im Rahmen der Evaluierung gewonnenen Erkenntnisse sind Grundlage des Gesetzentwurfs.

Die Statistik belegt, dass der Anteil der Hauptverhandlungen mit zwei Berufsrichtern kontinuierlich von durchschnittlich 43 % im Jahre 1994 bis auf 78 % im Jahre 2009 gestiegen ist, wobei deutliche regionale Unterschiede festzustellen sind.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs spiegelt diese Rechtspraxis den gebotenen sensiblen Umgang mit der Besetzungsreduktion derzeit nicht wider. Anders sei die oftmals überwiegende, bei manchen Landgerichten ausschließliche Inanspruchnahme der Besetzungsreduktion nicht erklärlich.

Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der in Auftrag gegebenen Gutachten, der Rechtsprechung und Literatur sowie der Stellungnahmen der Länder und Verbände hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes über die Besetzung der großen Straf und Jugendkammern in der Hauptverhandlung erarbeitet. Die Möglichkeit, mit zwei statt drei Berufsrichtern zu verhandeln, behält der Entwurf grundsätzlich bei. Die Begriffe „Umfang“ und „Schwierigkeit der Sache“, die bisher einen sehr weiten Beurteilungsspielraum der Strafkammern zuließen, sollen jedoch näher konturiert werden.

Der Gesetzentwurf sieht daher eine Aufzählung von Fällen zwingender Besetzung mit drei Berufsrichtern vor, und zwar für solche Fälle, in denen die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, deren Vorbehalt oder die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu erwarten ist. Neben den Schwurgerichtssachen sind dies also Fälle mit besonders schwerwiegenden Rechtsfolgen.

Daneben sollen die Strafkammern – in der Regel – bei Wirtschaftsstrafverfahren und Hauptverhandlungen, die voraussichtlich länger als zehn Tage dauern, mit drei Berufsrichtern verhandeln.

Bei den Regelungen zur Besetzung der großen Jugendkammer wird zusätzlich jugendstrafrechtlichen Besonderheiten Rechnung getragen.

Ich bin der Meinung, dass der Gesetzentwurf einen ausgewogenen Kompromiss zwischen der Sicherung der hohen Qualität unserer Rechtsprechung auf der einen und den personellen Ressourcen der Bundesländer auf der anderen Seite darstellt. Ist die Anordnung einer schwerwiegenden – im Endeffekt möglicherweise gar lebenslangen Freiheitsentzug bedeutenden – Rechtsfolge zu erwarten, ist stets in Dreierbesetzung zu verhandeln. Gleiches gilt für umfangreiche und schwierige Fälle. Im Übrigen lässt der Entwurf weiterhin eine Verhandlung in Zweierbesetzung zu.


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