Fragestunde - Protokoll Nr. 210 vom 28.11.2012
Prüfung der Angemessenheit der GEMA-Tarifreform; Initiativen der Bundesregierung zugunsten einvernehmlicher Regelungen zwischen der GEMA und ihren Gesamtvertragspartnern
Wir kommen nun zur Frage 16, gestellt von unserem Kollegen Burkhard Lischka:
Begleitet die Bundesregierung den Prozess der Prüfung der Angemessenheit der GEMA-Tarifreform, mit der das Bundesministerium der Justiz die Staatsaufsicht beim Deutschen Patent- und Markenamt beauftragt hat, und, wenn ja, in welcher Weise geschieht das?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Herr Präsident! Herr Kollege Lischka, ich darf die Frage 16 wie folgt beantworten: Die Bundesregierung ist über das Bundesministerium der Justiz, dem die Aufsicht über die Staatsaufsicht beim Deutschen Patent- und Markenamt obliegt, in die aufsichtsrechtlichen Prüfungen der Angemessenheit der neuen Tarife der GEMA einbezogen. Die Staatsaufsicht über die Verwertungsgesellschaften prüft intern und berichtet dem Bundesministerium der Justiz fortlaufend über den aktuellen Stand der aufsichtsrechtlichen Prüfungen.
Herr Präsident, die Frage 17 betrifft den gegenwärtigen Stand der Verhandlungen. Vielleicht bietet es sich an, sie ebenfalls jetzt zu beantworten und dann die Nachfragen en bloc zu stellen.
Vizepräsident Eduard Oswald:
Wie ich sehe, ist der Kollege Lischka damit einverstanden. Dann machen wir das so.
Ich rufe also noch die Frage 17 des Abgeordneten Burkhard Lischka auf:
Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Stand der Verhandlungen, und was unternimmt die Bundesregierung, damit es zu einvernehmlichen Regelungen zwischen der GEMA und ihren Gesamtvertragspartnern kommt?
Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Der Bereich der gesamtvertraglichen Einräumung von Nutzungsrechten an urheberrechtlich geschützten Werken unterliegt bekanntlich der Privatautonomie der Verhandlungspartner. Deshalb sollte vorrangig eine Einigung zwischen den Verhandlungspartnern angestrebt werden.
Nach Kenntnis der Bundesregierung hat sich die GEMA mit dem Bund Deutscher Karneval e. V., den Schützenbünden, dem Verband Deutscher Musikschaffender, den Deutschen Diskotheken Unternehmern sowie der Deutschen Disc-Jockey Organisation gesamtvertraglich auf Grundlage der neuen Veranstaltungstarife geeinigt. Dies begrüßen wir selbstverständlich.
Nach Kenntnis der Bundesregierung verhandelt die GEMA daneben mit weiteren großen Nutzervereinigungen, etwa mit dem Deutschen Olympischen Sportbund, dem Deutschen Tanzsportverband, der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände sowie der Bundesvereinigung der Musikveranstalter.
Vizepräsident Eduard Oswald:
Herr Kollege Lischka, Sie haben nun insgesamt vier Nachfragen. Bitte schön.
Burkhard Lischka (SPD):
Herr Präsident, vielen Dank. Ich möchte nur von zwei Nachfragen Gebrauch machen. – Herr Staatssekretär, vor einigen Wochen, am 26. Oktober, fand im Deutschen Patent- und Markenamt eine Anhörung zur geplanten Tarifstrukturreform statt, gemeinsam mit den unterschiedlichen Verbänden, die dort involviert sind. Liegen Ihnen Ergebnisse dieser Anh��rung vor, und, wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung diese Ergebnisse?
Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
In der Tat hat das Bundesministerium der Justiz im Rahmen seiner aufsichtsrechtlichen Möglichkeiten darauf hingewirkt, dass es zu einem solchen Gespräch im Deutschen Patent- und Markenamt gekommen ist. Dieses Gespräch hat am 26. Oktober stattgefunden, und zwar mit zahlreichen Beteiligungen.
Nach dem, was ich über den Verlauf erfahren habe, war diese Zusammenkunft sehr nützlich, weil dort eine Vielzahl von Fragen, die in der öffentlichen Diskussion aufgeworfen wurden, erörtert werden konnte. Es stellte sich heraus, dass man bei einigen Themen noch zusätzliche Erkenntnisse zum Sachverhalt braucht, sodass den Beteiligten Gelegenheit gegeben worden ist, diese nachzuliefern.
Im Moment läuft die Auswertung dieser Anhörung. Die Ergebnisse werden dann in die weitere Meinungsbildung einfließen.
Vizepräsident Eduard Oswald:
Ihre weitere Nachfrage, Kollege Burkhard Lischka.
Burkhard Lischka (SPD):
Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich habe noch eine abschließende Nachfrage. Herr Stadler, angenommen, dass es in dem weiteren Verfahrensablauf nicht zu einem Abschluss der Verhandlungen und auch nicht zu einer Einigung bzw. zu einem allgemein akzeptierten Einigungsspruch kommt: Kann sich die Bundesregierung vorstellen, in diesem Zusammenhang eine Vermittlerrolle zu übernehmen?
Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Die Bundesregierung hat insoweit schon vermittelnd eingewirkt, als sie – wie ich geschildert habe – daran beteiligt war, dieses umfassende Gespräch zu initiieren, und sich auch Fragestellungen erbeten hat, die in diesem Zusammenhang erörtert wurden. Nunmehr liegt die weitere Diskussion bei den Beteiligten: der GEMA auf der einen Seite und den Verbänden auf der anderen Seite.
Ich finde es sehr erfreulich, dass insbesondere mit der Bundesvereinigung der Musikveranstalter – nach meiner Kenntnis am morgigen Tag – ein Gespräch stattfinden wird. Hier lagen in den letzten Monaten die Vorstellungen über die neuen Tarife wohl recht weit auseinander, sodass es günstig ist, wenn der Gesprächsfaden jetzt wieder aufgenommen wird.
Man muss zudem noch erwähnen, dass es einige Schiedsverfahren gibt. Das ist nämlich der rechtsförmliche Weg, wie man zu einem Vermittlungsergebnis kommt. In einem dieser Schiedsverfahren hat es bereits eine mündliche Verhandlung gegeben, und zwar am 21. November. Eine weitere mündliche Verhandlung ist für den 19. Dezember vorgesehen. Sie sehen also, dass die Bemühungen um eine konsensuale Lösung in vollem Gange sind.
Vizepräsident Eduard Oswald:
Der Kollege Paul Lehrieder hat eine Nachfrage. Bitte schön, Kollege Paul Lehrieder.
Paul Lehrieder (CDU/CSU):
Herr Staatssekretär, ich habe eine Frage hinsichtlich des von Ihnen angesprochenen Schiedsverfahrens: Gibt es Bestrebungen des Bundesjustizministeriums, auf die GEMA insofern Einfluss zu nehmen, als man bis zum Abschluss des Schiedsverfahrens von der beabsichtigten Inkraftsetzung der neuen Tarife, die nach jetzigem Stand zum 1. April erfolgen soll, absehen möge?
Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Herr Kollege Lehrieder, wie Sie wissen, gibt es keine Möglichkeit der rechtlichen Einflussnahme auf die GEMA. Sie ist ein Verein, der die Interessen seiner Mitglieder, beispielsweise der Komponisten, der Textdichter, der Kreativen, treuhänderisch wahrzunehmen hat. Wohl aber beobachten wir, dass die GEMA die neuen Tarife entgegen ursprünglichen Vorstellungen nicht zum 1. Januar 2013, sondern zum 1. April 2013 in Kraft setzen möchte. Bis dahin ist also noch viel Zeit, sich zu einigen. Ich habe bereits erwähnt, dass am 19. Dezember eine mündliche Verhandlung stattfindet. Wir sollten jetzt diesen Prozess der Einigung zwischen den Vertragspartnern abwarten und dann weitere Diskussionen darüber führen.