Dr. Max Stadler Archiv Fragestunde


Entlastung kleiner Genossenschaften

Fragestunde - Protokoll Nr. 210 vom 28.11.2012

Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Entlastung kleiner Genossenschaften

Vizepräsident Eduard Oswald:
Vielen Dank. – Wir sind immer noch im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz. Die Frage 19 der Kollegin Martina Bunge wird schriftlich beantwortet.

Ich rufe die Frage 20 unseres Kollegen Ingo Egloff auf:

Wird die Bundesministerin der Justiz noch im Internationalen Jahr der Genossenschaften 2012 einen Gesetzentwurf zur Entlastung kleiner Genossenschaften vorlegen, nachdem sie im Februar 2012 erklärt hatte, ihr Haus entwickle hierfür Ideen, und nachdem am 13. November 2012 im Handelsblatt zu lesen war, bei dieser Idee handle es sich um die Schaffung einer neuen Rechtsform „Kooperativgesellschaft (haftungsbeschränkt)“?

Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Herr Kollege Egloff, ich kann bestätigen, dass im Bundesministerium der Justiz an einem Gesetzentwurf zum Bürokratieabbau bei Genossenschaften gearbeitet wird, bei dem es insbesondere um die Entlastung kleinster Genossenschaften geht. Sie hatten gefragt, ob der Gesetzentwurf noch im Internationalen Jahr der Genossenschaften vorgelegt wird, also noch in 2012. In diesem Jahr wird der Gesetzentwurf nicht mehr vorgelegt werden können, zumal die offizielle Abschlusszeremonie des Internationalen Jahres der Genossenschaften bei den Vereinten Nationen bereits stattgefunden hat.

Kernstück des Gesetzentwurfes soll die Einführung der sogenannten Kooperativgesellschaft (haftungsbeschränkt) sein. Kleinstgenossenschaften sollen sich künftig als Kooperativgesellschaft gründen können und sind dann – das ist der entscheidende Punkt – von der Pflichtmitgliedschaft in einem genossenschaftlichen Prüfungsverband und von der genossenschaftlichen Pflichtprüfung befreit. Damit werden Kleinstgenossenschaften kostenmäßig entlastet. Die Rechtsform wird somit für Kleinstunternehmen attraktiver.

Wichtig ist aus unserer Sicht: Die Kooperativgesellschaft soll keine neue Rechtsform sein, sondern eine Unterform der Genossenschaft. Durch diese besondere Firmierung als Kooperativgesellschaft wird für Gläubiger deutlich, dass keine Prüfung stattfindet.

Vizepräsident Eduard Oswald:
Sie haben eine Nachfrage?

Ingo Egloff (SPD):
Herr Staatssekretär, ist denn damit zu rechnen, dass der Gesetzentwurf noch im Laufe dieser Legislaturperiode das Parlament erreicht?

Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Herr Kollege Egloff, damit rechne ich schon. Es kommt hinzu, dass Ihre Fraktion erfreulicherweise am 20. November einen Antrag eingereicht hat – der offenkundig von Ihnen initiiert wurde –, um Genossenschaftsgründungen zu erleichtern. Unsere Überlegungen gehen in dieselbe Richtung. Vielleicht gibt es in Nuancen Unterschiede, wenn es darum geht, was genau man in das Gesetz hineinschreiben sollte. Aber da offenbar fraktionsübergreifend das Bedürfnis besteht, gesetzgeberisch tätig zu werden, stehen die Chancen gut, dies noch in dieser Legislaturperiode zustande zu bringen.

Vizepräsident Eduard Oswald:
Ihre weitere Nachfrage?

Ingo Egloff (SPD):
Herr Staatssekretär, Sie haben eben darauf hingewiesen, dass Kleinstgenossenschaften von der Pflichtprüfung entbunden werden sollen. Die entscheidende Frage ist: Ab welcher Grenze fängt eine Kleinstgenossenschaft an? In den Diskussionen, die es zu diesem Bereich zuhauf gibt, ist immer wieder – in Anlehnung an die GmbH – von § 267 Abs. 2 HGB die Rede. Die Frage ist: Verfolgt die Bundesregierung bei der Schaffung von Kleinstgenossenschaften das Ziel, diesen Rahmen zu nutzen? Oder würden Sie sagen, dass die Grenze wesentlich niedriger anzusetzen ist?

 Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Herr Kollege Egloff, genau diese Frage ist mit ein Grund, warum wir jetzt einen Gesetzentwurf erarbeiten. Wir können Ihnen diesen Gesetzentwurf allerdings noch nicht vorlegen. Der Abgrenzungsfaktor ist entscheidend dafür, wie viele Genossenschaften unter die neue Firmierung fallen. Diesbezüglich läuft gerade der Abstimmungsprozess, und zwar sowohl in unserem Haus als auch innerhalb der Bundesregierung. Wir werden Sie danach über das erzielte Ergebnis informieren.

Man muss berücksichtigen, dass es auf der einen Seite das verständliche Bedürfnis gibt, solche Gründungen zu erleichtern, auf der anderen Seite muss man aber auch Mechanismen finden, sowohl Gläubiger als auch die Mitglieder der Genossenschaften zu schützen. An all dem arbeiten wir noch, sodass ich Ihnen zu Fragen zur konkreten Abgrenzung – hier geht es zum Beispiel um die Größe der Genossenschaft als Kriterium – erst zu einem späteren Zeitpunkt Auskunft geben kann.

Vizepräsident Eduard Oswald:
Vielen Dank. – Zu dieser Frage hat auch unser Kollege Hans-Christian Ströbele eine Nachfrage. Bitte.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Staatssekretär, ich muss ausnahmsweise sagen: Diese Töne höre ich gerne. Das zeigt, dass Sie sich Gedanken in dieser Richtung machen. Auch in unserer Fraktion stellen wir entsprechende Überlegungen an. Ich fordere das im Grunde schon, seitdem ich Mitglied des Deutschen Bundestages bin, seit über zehn Jahren.

Für mich ist das ein besonderes Problem, weil ich als Rechtsanwalt früher, als es nicht möglich war, Kleinstgenossenschaften zu gründen bzw. sie in Genossenschaftsverbänden unterzubringen, empfohlen habe, Vereine zu gründen. Deshalb die Frage an Sie: Wie unterscheidet sich die Kleinstgenossenschaft – abgesehen von dem Merkmal Größe – von Vereinen? Würden Sie erwägen, dass man in Zukunft, wenn man einen wirklich schlüssigen, guten Gesetzentwurf hat, diese Kleinstgenossenschaften Kollektive nennt? Denn sie haben sich als solche seit langem in der Gesellschaft etabliert, auch wenn sie als Vereine konstruiert waren.


Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Lieber Kollege Ströbele, da wir uns gut kennen, darf ich Folgendes sagen: Es ist erfreulich, dass Sie immer wieder in den Deutschen Bundestag gewählt worden sind; denn so können Sie sich an diesem Gesetzgebungsvorhaben, das Ihnen offenkundig so sehr am Herzen liegt, beteiligen. Was die Firmierung als Kollektiv anbelangt, vermute ich allerdings, dass in Teilen Ihrer Fraktion mehr Bereitschaft dazu besteht als in den Regierungsfraktionen, sodass ich Ihnen eine solche Bezeichnung nicht in Aussicht stellen kann.

Vizepräsident Eduard Oswald:
Jetzt wissen wir auch das, wobei ich davon ausgehe, dass das im Grunde schon vorher bekannt war.

Wir haben damit den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz abgeschlossen.


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