Fragestunde - Protokoll Nr. 210 vom 28.11.2012
Beteiligung von Betroffenenverbänden und Fachverbänden in das Verfahren im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme
Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Frage der Abgeordneten Dr. Martina Bunge (DIE LINKE) (Drucksache 17/11611, Frage 19):
In welcher Art und Weise genau sind Betroffenenverbände und Fachverbände im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zur Zwangsbehandlung, Bundestagsdrucksache 17/11513, beteiligt worden, und welche Kriterien sind für den offensichtlichen Eilbedarf in diesem Verfahren maßgeblich?
Auf Initiative des Bundesministeriums der Justiz ist anlässlich der Beschlüsse des Bundesgerichtshofs, BGH, vom 20. Juni 2012 (BGH XII ZB 99/12 und Az. XII ZB 130/12) zur betreuungsrechtlichen Zwangsbehandlung mit zahlreichen Verbänden auf Fachebene gesprochen worden. Das erste Gespräch wurde mit dem Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e. V., BPE, geführt. Weitere Gespräche wurden mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener e. V., Die-BPE, der Aktion Psychisch Kranke e. V., der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde, DGPPN, der Bundesdirektorenkonferenz – Verband leitender Ärztinnen und Ärzte der Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie e. V., BDK, dem Arbeitskreis der Chefärzte und Chefärztinnen von Klinken für Psychiatrie und Psychotherapie an Allgemeinkrankenhäusern in Deutschland, ACKPA, dem Bundesverband der Angehörigen Psychisch Kranker e. V., BApK, dem Bundesverband der Berufsbetreuer e. V., BdB, und dem Bundesverband freier Berufsbetreuer e. V., BVfB, geführt. Mit den drei zuletzt genannten Verbänden wurden Telefonate geführt.
Zudem sind zahlreiche schriftliche Stellungnahmen und Eingaben zum Thema eingegangen.
Die Anmerkungen und Hinweise sind in die Überlegungen zu einer Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme eingeflossen.
Der „offensichtliche Eilbedarf“ folgt daraus, dass infolge der geänderten Rechtsprechung des BGH derzeit eine auf das Betreuungsrecht gestützte Behandlung von Patienten, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer seelischen oder geistigen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können und denen ein erheblicher gesundheitlicher Schaden droht, im Rahmen einer Unterbringung gegen ihren natürlichen Willen nicht mehr möglich ist. Dies hat für einen Teil der nach Betreuungsrecht untergebrachten bzw. unterzubringenden Betreuten schwerwiegende gesundheitliche Folgen. Der BGH führt insoweit selbst aus, dass das Fehlen von Zwangsbefugnissen zur Durchsetzung notwendiger medizinischer Maßnahmen dazu führen kann, dass ein -Betroffener ohne eine solche Behandlung einen erheblichen Schaden nimmt (BGH XII ZB 99/12 Randnummer 48).