Dr. Max Stadler Reden (Bundestag)


Rede vom 27.09.2012

Zu Protokoll (Nr. 195 vom 27.09.2012) gegebene Reden
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Novellierung patentrechtlicher Vorschriften und anderer Gesetze des gewerblichen Rechtsschutzes (Drucksache 17/10308)

Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Mit dem Ihnen vorgelegten Gesetz zur Novellierung patentrechtlicher Vorschriften und anderer Gesetze des gewerblichen Rechtsschutzes verfolgt die Bundesregierung drei Ziele:


Erstens wollen wir die Verfahrensabläufe bei der Erteilung von Patenten beim Deutschen Patent- und Markenamt nutzerfreundlicher ausgestalten.

Zweitens wollen wir den bürokratischen Aufwand sowie die Kosten bei den Anmeldern und beim Patentamt senken.

Drittens geht es uns darum, angesichts der bevorstehenden Umgestaltung der Patentlandschaft in Europa durch das EU-Patent die Bedeutung des deutschen Patents und des deutschen Patentamtes zu stärken.

Dieses Gesetz bildet einen weiteren Baustein auf dem Weg zu einem effizienten, anwenderfreundlichen und konkurrenzfähigen deutschen Patentsystem. Vor drei Jahren ist die letzte größere Novelle in Kraft getreten: Mit dem Patentrechtsmodernisierungsgesetz von 2009 ist es gelungen, die Verfahren vor den Patentgerichten effektiver auszugestalten und eine ausufernde Berufungspraxis einzudämmen. Bei dem vorgelegten Entwurf liegt der Fokus auf der Optimierung des Erteilungsverfahrens.

Für die deutsche Wirtschaft ist ein funktionierendes Patentsystem von lebenswichtiger Bedeutung. Die deutschen Unternehmen haben, was die Zahl der technischen Erfindungen angeht, im europäischen Vergleich eine Ausnahmestellung. Dazu nur eine Zahl: Etwa 40 Prozent aller vom Europäischen Patentamt an Anmelder aus Europa erteilten europäischen Patente gehen nach Deutschland.

Doch auch das deutsche Patent erfreut sich unverändert großer Beliebtheit. Vielen Unternehmen, insbesondere Mittelständlern, genügt es, ihre Erfindung nur im Inland schützen zu lassen. Im vergangenen Jahr wurden ungefähr 60 000 Patente angemeldet und knapp 14 000 erteilt.

Die Bundesrepublik ist unangefochten Innovationsstandort Nummer eins in Europa. Diese Spitzenposition wollen wir erhalten. Dazu müssen wir das Patentrecht an veränderte Gegebenheiten anpassen. Dies gilt für neue technische Entwicklungen ebenso wie für Änderungen im Verhalten der Anmelder.

Dazu greife ich aus der vorliegenden Novelle drei Kernpunkte heraus:

Erstens. Die Einsicht in die Anmeldeunterlagen soll künftig online über das Internet möglich sein. Bisher musste man für die Akteneinsicht die umständliche Methode anwenden, nach München zum Patentamt zu fahren oder sich Kopien per Fax oder Post schicken zu lassen. Patentanwälte und Patentabteilungen von Unter-nehmen haben 18 Monate nach der Anmeldung einen Anspruch darauf, zu erfahren, welche technischen Erfindungen sich im Erteilungsverfahren befinden. Dann kennen sie den Stand der Technik; dann können sie ihre eigenen Entwicklungsaktivitäten darauf abstimmen und alternative technische Lösungsansätze suchen. Es ist zeitgemäß und entspricht der Arbeitsweise der Nutzer des Patentsystems, dass der Informationsfluss über das Internet eröffnet wird.

Mit dieser Neuregelung kommen wir dem einhelligen Wunsch der Patentpraxis nach unkomplizierter und aktueller Bereitstellung von Patentinformationen nach. Gleichzeitig stärken wir damit die Servicequalität des DPMA erheblich. Dass Datenschutzbelange und Urheberrechte bei der Onlineakteneinsicht gewährleistet sein müssen, schreibt der Gesetzentwurf ausdrücklich vor.

Zweitens. Das Stichwort Servicequalität gilt auch für die Privilegierung von Patentanmeldungen in englischer und französischer Sprache. Viele Erfinder melden zunächst beim DPMA an, um sich dort nach neun oder zehn Monaten einen ersten Bescheid abzuholen. Aus diesem Recherchebericht erfahren sie nach derzeitigem Recht den relevanten Stand der Technik. Fällt dieser Bericht ermutigend aus, verfolgen die Antragsteller anschließend den Erwerb ihres Schutzrechts beim Europäischen Patentamt in anderer Sprache, zumeist Englisch, weiter.

Derzeit müssen alle Unterlagen schon drei Monate nach der Anmeldung in deutscher Sprache vorliegen. Unsere Novellierung sieht eine Verlängerung dieser Frist für englische und französische Anmeldungen auf zwölf Monate vor. Damit wollen wir erreichen, dass internationale Anmelder ihre für die Nachanmeldung beim EPA vorgesehenen fremdsprachigen Papiere erst dann ins Deutsche übersetzen müssen, wenn sie sich entschließen, ihr Erteilungsverfahren beim deutschen Patentamt fortzusetzen. Damit wird es attraktiver, das Angebot des DPMA zu nutzen. Und damit wird das DPMA gegenüber dem Europäischen Patentamt konkurrenzfähiger.

Drittens. Verbesserung der Servicequalität ist auch die Überschrift für die inhaltliche Aufwertung des soeben angesprochenen Rechercheberichts. Bisher führt er nur diejenigen Druckschriften auf, die für die Beurteilung der Patentierbarkeit von Bedeutung sein könnten. Die Recherche soll künftig der Praxis auf internationaler Ebene angeglichen und deshalb erweitert werden um eine erste, vorläufige Einschätzung der Patentierungsvoraussetzungen Neuheit und erfinderische Tätigkeit.

Der Anmelder hat dann schon wenige Monate nach der Antragstellung eine vorläufige Bewertung seiner Erteilungschancen in der Hand. Sind diese gering, kann er aus dem Verfahren aussteigen und weitere Kosten vermeiden.

Die vorliegende Novellierung konzentriert sich auf die Straffung und Entbürokratisierung von Verfahrensabläufen bei den Unternehmen ebenso wie beim Patentamt. Als weitere Stichworte nenne ich noch die Vereinfachung des elektronischen Rechtsverkehrs und die leichtere Zulassung der Öffentlichkeit bei Einspruchsverfahren gegen erteilte Patente.

Alle diese Rechtsänderungen scheinen aus der Sicht des Patentlaien nur vergleichsweise geringfügige technische Korrekturen vorzusehen. Doch kann ich Ihnen versichern, dass sie für die Patentpraxis ebenso wie für das DPMA und damit für den Innovationsstandort Deutschland von großer Bedeutung sind. Die Novelle greift Anliegen aus der innovativen Wirtschaft auf, die in den letzten Jahren immer nachdrücklicher vorgetragen wurden. Der Gesetzentwurf übernimmt gleichzeitig eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen aus dem DPMA.

Dabei ist aus gesamtwirtschaftlicher Sicht entscheidend, dass diese Vorschläge erfüllt werden können, ohne die Qualität der Patentprüfung zu beeinträchtigen oder die Erteilungsfristen zu verlängern.

Ich bitte Sie daher, im weiteren Verfahren dem Patentnovellierungsgesetz Ihre Zustimmung zu geben.


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