Fragestunde - Protokoll Nr. 183 vom 13.06.2012
Vorlage des Dritten Korbs zur Reform des Urheberrechts; Ausgestaltung des Leistungsschutzrechts für Presseverlage
Vizepräsidentin Petra Pau:
Damit kommen wir zur Frage 8 der Kollegin Brigitte Zypries:
Wann wird die Bundesregierung, der Ankündigung im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP folgend, den Dritten Korb zur Reform des Urheberrechts vorlegen, und welche konkreten Regelungen werden darin enthalten sein?
Bitte.
Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Frau Präsidentin, wenn Sie gestatten, würde ich gern die Fragen 8 und 9 von Frau Kollegin Zypries im Zusammenhang beantworten. Darin geht es um den sogenannten Dritten Korb zum Urheberrecht und um das Leistungsschutzrecht für Presseverlage.
Vizepräsidentin Petra Pau:
Natürlich. Dann rufe ich auch die Frage 9 der Kollegin Brigitte Zypries auf:
Wie wird das vom Koalitionsausschuss am 4. März 2012 beschlossene Leistungsschutzrecht für Presseverlage genau ausgestaltet sein?
Damit gibt es die Möglichkeit, vier Nachfragen zu stellen.
Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Das innerhalb der Bundesregierung für das Urheberrecht zuständige Bundesministerium der Justiz wird noch vor der Sommerpause den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Leistungsschutzrechts für Presseverlage vorlegen. Mit einem solchen Leistungsschutzrecht soll den Presseverlegern das ausschließliche Recht eingeräumt werden, Presseerzeugnisse zu gewerblichen Zwecken im Internet öffentlich zugänglich zu machen. Urheber sind angemessen an der Vergütung zu beteiligen.
Darüber hinaus erarbeitet das Bundesministerium der Justiz derzeit Eckpunkte für ein weiteres Gesetz mit Änderungen im Urheberrecht. Diese Eckpunkte werden verschiedene Bereiche umfassen, beispielsweise Regelungen zur Nutzung sogenannter verwaister Werke. Die Arbeiten hieran sind jedoch noch nicht abgeschlossen.
Vizepräsidentin Petra Pau:
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.
Brigitte Zypries (SPD):
Herr Staatssekretär, Sie hatten ja vor einigen Wochen im Unterausschuss Neue Medien gesagt, dass das Justizministerium prüfe, in welcher Form der Beschluss des Koalitionsausschusses zum Leistungsschutzrecht tatsächlich umgesetzt werden könne. Jetzt entnehme ich Ihren Worten, dass es dabei bleiben soll, dass Herausgeber von Zeitungen das ausschließliche Recht haben, ihr Presseerzeugnis ganz oder in Teilen zu gewerblichen Zwecken online öffentlich zugänglich zu machen. Das heißt, die streitige Frage der Snippets wäre damit entschieden: Es bleibt nach wie vor Sache der Verlage, ob sie sie zugänglich machen wollen oder nicht. Habe ich Sie da richtig verstanden?
Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Ich habe Ihnen das Grundprinzip des geplanten Leistungsschutzrechts dargestellt. Zu dem Zeitpunkt, als ich in Ihrem Ausschuss vortragen durfte, war noch fraglich, wie der Beschluss des Koalitionsausschusses umgesetzt wird. Wir machen jetzt den Vorschlag, dass ein Leistungsschutzrecht eingeführt wird. Das heißt, Presseerzeugnisse zu gewerblichen Zwecken im Internet öffentlich zugänglich zu machen, ist dann das ausschließliche Recht der Presseverlage – also nicht mehr ein von den Urhebern abgeleitetes Recht –, mit den Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, etwa bei Verstößen Unterlassungsklage zu erheben oder mit anderen Nutzern Gebührenvereinbarungen zu treffen.
Über die genaue Abgrenzung muss man dann im Gesetzgebungsverfahren reden. Klar ist beispielsweise, dass das Recht, zu zitieren, weiterhin besteht, so wie es dem jetzigen Urheberrecht entspricht.
Vizepräsidentin Petra Pau:
Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage.
Brigitte Zypries (SPD):
In Bezug auf Zitate ist das richtig. Ich muss aber noch einmal auf die Snippets zurückkommen. Die Sonderregelung, dass man Ausschnitte aus Werken bei Google findet, ist eigentlich der wesentliche Kern des Streits. Ich habe noch nicht ganz verstanden, wie Sie dieses Problem lösen wollen.
Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Das Problem wird in der Weise gelöst, dass eine bloße Verlinkung selbstverständlich nicht das Leistungsschutzrecht tangiert. Wenn hingegen ein News-Aggregator auch nur kleine Teile eines Presseerzeugnisses ins Netz stellt, wäre das von dem neuen Leistungsschutzrecht erfasst, mit der gerade schon genannten Folge, dass entweder das Unterlassen begehrt werden kann oder aber, was wir als wahrscheinlicher ansehen, die Beteiligten sich über eine finanzielle Vergütung einigen.
Wichtig ist, dass die private Nutzung vom Leistungsschutzrecht nicht berührt wird; das sage ich noch einmal, damit kein Missverständnis bezüglich dessen Reichweite entsteht. Das Leistungsschutzrecht bezieht sich auf einen eng begrenzten Bereich und soll für diesen ähnliche Regelungen schaffen, wie es sie für Rechteverwerter in anderen Bereichen schon gibt.
Vizepräsidentin Petra Pau:
Sie haben das Wort zur nächsten Nachfrage.
Brigitte Zypries (SPD):
Gehe ich recht in der Annahme, Herr Staatssekretär, dass Sie nicht mit Filtersoftware kontrollieren wollen, ob jemand Google News gewerblich oder privat nutzt? Wie aber wollen Sie das kontrollieren?
Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Die Frageform „Gehe ich recht in der Annahme“ geht ja auf die berühmte Sendung Was bin ich? mit Robert Lembke zurück.
(Brigitte Zypries [SPD]: Ich nehme die 5 Euro auch!)
Dort war es ja so, dass ein Nein zum Ende der Fragezeit und damit des Fragerechts geführt hat. Diese Gefahr besteht bei Ihnen nicht, weil Sie noch die Möglichkeit einer weiteren Nachfrage haben.
Ich kann Ihre Frage aber kurz und bündig mit Ja beantworten. Es soll also keine Überwachungssoftware eingesetzt werden. Ob eine private oder gewerbliche Nutzung vorliegt, hängt natürlich von den Umständen des Einzelfalles ab. Aber die grundsätzliche Trennlinie wird im Gesetz klar enthalten sein. Sicherlich wird es in der Praxis Einzelfälle geben, in denen geklärt werden muss, ob eine Nutzung noch privat oder schon gewerblich ist.
Vizepräsidentin Petra Pau:
Ihre vierte Frage.
Brigitte Zypries (SPD):
Ich habe immer noch nicht ganz verstanden, wie man das feststellen will. Es stellt sich doch die Frage: Ist es privat oder gewerblich, wenn ich an meinem PC sitze und google und Zeitungsausschnitte für meine Arbeit als Abgeordnete suche?
Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz:
Noch einmal: Es ist nicht die Sache des Staates, Sie zu überwachen.
(Brigitte Zypries [SPD]: Das denke ich auch!)
Das werden Sie von einem liberal geführten Bundesjustizministerium zu Recht nicht erwarten.
Zeitungsverleger erhalten vielmehr das Recht, ein Leistungsschutzrecht geltend zu machen. Wenn Sie der Meinung sind, dass ein Nutzer dieses Recht verletzt, dann muss man sich darüber auseinandersetzen, ob eine private Nutzung vorliegt. Da Sie als Abgeordnete nicht gewerblich tätig sind, kann ich Sie beruhigen: Der Fall wird hiervon nicht erfasst. Ich habe dabei nicht berücksichtigt, dass Sie natürlich auch eine Nebentätigkeit gewerblicher Art ausüben könnten und dann in den gewerblichen Bereich kämen. Das haben Sie aber, glaube ich, nicht gemeint.
Vizepräsidentin Petra Pau:
Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär.