Fragestunde - Protokoll Nr. 174 vom 25.04.2012
Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls gegen den in Ingolstadt wohnhaften und in den Niederlanden rechtskräftig verurteilten NS-Kriegsverbrecher Klaas Carel Faber
Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Fragen der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) (Drucksache 17/9351, Fragen 66 und 67):
Welche Maßnahmen hat das Bundesministerium der Justiz eingeleitet, um den bereits im November 2010 erlassenen -Europäischen Haftbefehl gegen den in Ingolstadt wohnhaften und in den Niederlanden rechtskräftig verurteilten NS-Kriegsverbrecher Klaas Carel Faber durchzusetzen, und welche Mechanismen existieren, um die zuständigen bayerischen Landesstellen gegebenenfalls zum Vollzug zu drängen?
Warum sind seit Ausstellung des Europäischen Haftbefehls bereits mehr als 15 Monate ergebnislos verstrichen, und wann ist mit einer Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls zu rechnen?
Zu Frage 66:
Der Auslieferungsverkehr auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls findet auf dem direkten Geschäftsweg zwischen den Justizbehörden der betroffenen Mitgliedstaaten Niederlande und Deutschland statt. Die Bundesregierung hat grundsätzlich keine Möglichkeit der Einflussnahme auf die Durchsetzung bzw. den Vollzug eines Europäischen Haftbefehls.
Die niederländischen Behörden haben mit dem Europäischen Haftbefehl um Auslieferung des Klaas Carel Faber zur Strafvollstreckung ersucht. Dem war eine Anregung des Bundesministeriums der Justiz an das niederländische Justizministerium vorausgegangen, die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls zu prüfen.
Die Auslieferung von Herrn Faber auf der Grundlage des niederländischen Europäischen Haftbefehls wurde jedoch vom Oberlandesgericht München mit Beschluss vom 16. Mai 2011 mit der Begründung abgelehnt, Herr Faber sei deutscher Staatsangehöriger und mit seiner Auslieferung zur Strafvollstreckung nicht einverstanden. Deutsche Staatsangehörige können nach § 80 Abs. 3 IRG grundsätzlich nur mit ihrer Zustimmung zur Strafvollstreckung ausgeliefert werden.
Es besteht keine Einflussnahmemöglichkeit der Bundesregierung auf die bayerische Landesjustiz, die für den Vollzug des niederländischen Europäischen Haftbefehls zuständig ist. Die Landesjustizverwaltung ist gegenüber der Bundesregierung nicht weisungsgebunden. Im Übrigen ist die Frage der Zulässigkeit der Auslieferung eine solche, die ein unabhängiges deutsches Gericht zu prüfen hat. Eine Einflussnahme der Bundesregierung auf ein Gericht verbietet sich.
Zu Frage 67:
Auf der Grundlage des Europäischen Haftbefehls erging im gerichtlichen Verfahren am 16. Mai 2011 eine Entscheidung des Oberlandesgerichts München, dass die Auslieferung zur Strafvollstreckung unzulässig ist. Eine Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls ist daher nicht mehr möglich. Das Auslieferungsverfahren ist im Hinblick auf den Europäischen Haftbefehl abgeschlossen.
Die Niederlande haben im Anschluss an die abgelehnte Auslieferung um Übernahme der Strafvollstreckung ersucht. Zuständig für die Entscheidung über die Übernahme der Strafvollstreckung ist das Landgericht Ingolstadt. Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt hat am 2. Januar 2012 bei der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Ingolstadt beantragt, die Vollstreckung aus dem niederländischen Urteil für zulässig zu erklären und entsprechend dem niederländischen Urteil eine lebenslange Freiheitsstrafe festzusetzen. Eine Entscheidung des Landgerichts Ingolstadt steht noch aus.