Dr. Max Stadler Archiv Presse


Das „Stuttgart 21“ der Passauer Jugend

Rund 300 meist junge Demonstranten protestieren gegen mögliche Internet-Beschneidung durch das ACTA-Abkommen

Von Christian Karl
Es ist so was wie ihr „Stuttgart 21“, was die Jugend dieser Tage bundesweit auf die Beine bringt. „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Freiheit klaut“, skandierten wie in vielen deutschen Städten am Samstagmittag auch rund 300 meist junge Teilnehmer, die durch die Passauer Innenstadt marschierten, um gegen das Anti-Produktpiraterie-Abkommen ACTA und mögliche Beschneidung von Internet-Nutzungen zu demonstrieren. Der lautstarke, aber friedliche Marsch, der vom Klostergarten und über die Fuzo und Altstadtgassen bis zum Rathaus führte, fand auf der Route immer mehr Teilnehmer.

Organisatorin Anisja Timm freute sich über die Nachfrage: „Ich hätte mir nicht gedacht, dass wir so viel positive Resonanz erhalten“, sagte die junge Frau, die die Demo zusammen mit den beiden ebenso parteifreien Freunden Severin Sigl und Simon Stempfl koordiniert hatte. Ihnen geht es ebenso wie den Mitstreitern um den Erhalt der Meinungsfreiheit im Internet, weniger drohende staatliche Kontrolle und darum, keine Internet-Hürden und -Sperren in vielerlei Art aufgebürdet zu bekommen.

________________________________________
Staatssekretär Stadler stellt sich und klärt auf
________________________________________

Im Klostergarten zeigten deswegen auch durchaus ältere Passauer Solidarität. „Wir sollten darauf achten, dass da nicht übers Ziel hinausgeschossen wird“, sagte der Unternehmer Thomas Leebmann, der seinen 16-jährigen Sohn zu der Veranstaltung begleitete. „Ich bin grundsätzlich dafür, dass geistiges Eigentum geschützt wird. Aber man soll nicht diejenigen in die kriminelle Ecke stellen, die was machen, was viele mittlerweile als durchaus normal empfinden würden“, sagte der Geschäftsmann und brachte Probleme ins Spiel, die so mancher Schüler künftig vielleicht haben könnte, „wenn er sich im Internet mal Daten und Fakten für ein Referat suchen will“.

Am Ausgangsort Klostergarten sprach spontan auch der Passauer MdB und Justizstaatssekretär Dr. Max Stadler (FDP), um die Sicht der Bundesregierung zu schildern, die das ACTA-Abkommen, das auch ein Staatsvertrag mit vielen Ländern werden soll, noch nicht unterschrieben hat. Am kommenden Mittwoch solle im Bundestag zudem eine Anhörung stattfinden, ließ Stadler wissen, der zugleich darauf verwies, dass die Angelegenheit derzeit beim Europäischen Gerichtshof liege, der rechtliche Grundsätze zum ACTA-Abkommen, das vorwiegend auch dem Schutz gegen Produktpiraterie dienen solle, prüfe. „Und deswegen wird das ganze ACTA-Verfahren jetzt wohl erstmal gut ein Jahr auf Eis liegen“, wie der gelernte Richter informierte. Stadler, dem so mancher aus der Zuhörerschaft zunächst unüberhörbar skeptisch begegnete, bestätigte, dass das ACTA-Abkommen von Unternehmen und Ländern „anfangs wirklich hinter verschlossenen Türen diskutiert“ wurde. Seit 2010 aber werde auch im Bundestag durchaus offen über das umstrittene Abkommen informiert.

Neben Mario C. Sachs (Piratenpartei), der das Abkommen zuvor am Klostergarten heftig kritisierte, sprach vor dem Rathaus auch der Passauer Landtagsabgeordnete Eike Hallitzky (Grüne). Er prangerte an, dass beim ACTA-Zustandekommen „Grundprinzipien der Demokratie in die Tonne getreten“ wurden, weil vieles in dem ausgearbeiteten Abkommen im stillen Kämmerlein und intransparent vorangetrieben wurde. „In den Parlamenten werden wir das aber zu Fall bringen“, deutete der MdL unter Applaus an, ehe sich die Versammlung nach gut eineinhalb Stunden auflöste.



URL dieser Seite: /wcsite.php?wc_c=47648