Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
lieber Jürgen!
Mit Schreiben vom 19.7.2011 hast Du mir gegenüber - offenbar aber an einen größeren Adressatenkreis gewandt - dargelegt, dass im Rahmen der Auseinandersetzung um die Abschiebung des afghanischen Staatsangehörigen Ismail Afzali zu Unrecht Kritik am Ausländeramt der Stadt Passau geübt worden sei, und zwar in maßlos überzogener Weise, obwohl die Stadt Passau lediglich die bindende Gesetzeslage zu vollziehen gehabt habe.
Für dieses Schreiben danke ich Dir ausdrücklich. Ich teile Deine Auffassung voll und ganz und finde es richtig, dass Du Dich als Oberbürgermeister im Rahmen der Fürsorgepflicht vor die städtischen Mitarbeiter stellst.
Bei meinem eigenen Engagement für einen Verbleib von Ismail Afzali in Deutschland habe ich mich weder gegen das Ausländeramt der Stadt Passau noch gegen das Bayerische Innenministerium gewandt. Diese Behörden sind an die bestehenden Rechtsvorschriften gebunden. Dies kann man Ihnen, wie Du richtig schreibst, nicht zum Vorwurf machen. Ich habe mich vielmehr dafür eingesetzt, dass - da ja der Asylantrag schon rechtskräftig abgelehnt war - das Schicksal von Herrn Afzali der Härtefallkommission des Bayerischen Landtags vorgelegt wird. Dies ist dann (auch auf Betreiben der FDP-Landtagsabgeordneten Renate Will hin) durch einen Beschluss des ursprünglich damit befassten Petitionsausschusses so geschehen.
Ich halte das Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger zugunsten eines Verbleibs von Herrn Afzali für sehr begrüßenswert, denn die vorgetragenen Argumente erscheinen mir überzeugend. Es handelt sich dabei aber um humanitäre Gründe, die außerhalb der Rechtslage von der Härtefallkommission berücksichtigt werden können. Diese Kommission ist also die zuständige Stelle, um sich für Herrn Afzali einzusetzen, während der Ausländerbehörde der Stadt Passau die Hände gebunden waren.
Als ich für die FDP-Bundestagsfraktion im Vermittlungsausschuss vor mehreren Jahren die Verhandlungen über die Neugestaltung des Ausländerrechts führen durfte, habe ich sehr stark dafür plädiert, dass in den Bundesländern solche Härtefallkommissionen eingerichtet werden. Dagegen gab es ursprünglich von manchen Seiten Bedenken. Ich bin froh, dass wir diese Bedenken damals ausräumen konnten. Gerade das Beispiel des Herrn Afzali zeigt, dass es humanitäre Gründe gibt, die ausnahmsweise ein Abweichen von den eigentlich rechtlich gebotenen Konsequenzen angemessen erscheinen lassen.
Genau hierfür haben wir die Härtefallkommissionen eingerichtet.
Mit freundlichen Grüßen
Dein
Max Stadler. MdB