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Darf Passauer Politik live im Internet erscheinen?

Stadträte diskutieren am Montag über Stadler-Antrag - Verwaltung spricht sich klar dagegen aus, Fraktionen eher dafür

Von Christian Karl
Soll jedermann am Computer Passauer Politik live miterleben können? Über diese Möglichkeit, die vor allem Antragsteller und FDP-Stadtrat Dr. Max Stadler gutheißt, diskutieren und beschließen die potenziellen Hauptdarsteller von Internet-Übertragungen am kommenden Montag. Die Verwaltung ist aus mehreren Gründen gegen dieses Vorhaben, mit dem die Stadt ein Vorreiter in Bayern wäre. Auf Seiten der Stadträte aber deutet sich eher Zustimmung an.
Die Gegenargumente, die von der Verwaltung vorgebracht werden, sind vielfältig: Da gäbe es zunächst den rechtlichen Aspekt. Der Landesdatenschutz-Beauftragte nämlich legt nahe, dass Sitzungsbeiträge von Stadträten oder Bediensteten im Internet nur zulässig seien, wenn diese der Übertragung ausdrücklich zugestimmt haben. Der Personalrat habe sich ausdrücklich gegen eine solche Übertragung ausgesprochen, auch weil er Bedienstete unter Druck gesetzt sieht. Auch könnten in einer Sitzung fahrlässig Tatsachen genannt werden, die nicht für die Öffentlichkeit gedacht seien, was schnell zu haftungsrechtlichen Ansprüchen führen könnte. Im Rathaus sehe man zudem den großen technischen und auch finanziellen Aufwand für solche Live-Übertragungen. Eine installierte Webcam würde eher unbefriedigende Aufnahmen bieten. Ein professionelles Kamerateam würde bei 100 Sitzungen pro Jahr mit bis zu 300 000 Euro zu Buche schlagen, wie Anfragen ergaben.
„Es ist richtig, dass Livestream-Übertragungen mit einem gewissen Aufwand verbunden sind. Aber sie würden interessierten Bürgern eine zusätzliche Informationsquelle bieten“, meint Dr. Max Stadler (FDP/PaL). „Wer nicht Zeit hat, sich eigens als Zuhörer ins Rathaus zu begeben, könnte dann doch online Stadtratssitzungen verfolgen. Damit wäre wieder ein Stück mehr Transparenz in der Kommunalpolitik verbunden. Deshalb sollte Passau eine Vorreiterrolle bei der Nutzung dieser neuen technischen Möglichkeit einnehmen.“
„Die CSU-Fraktion kann sich eine Livestream-Übertragung von Stadtratssitzungen durchaus vorstellen“, gibt Sprecher Armin Dickl die Meinung seiner Kollegen wieder. „Die Politik sollte näher am Menschen stattfinden, dies könnte dabei helfen, Vorurteile gegenüber der Politik im Allgemeinen abzubauen. Sollte sich die Realisierung in einem finanziell überschaubarem Rahmen darstellen, sollte man das Ganze als einen Beitrag zur Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit und Transparenz-Steigerung sehen.“ Das Argument, man würde dabei den Druck auf die Beteiligten erhöhe, will Dickl nicht gelten lassen, „denn jeder interessierte Bürger hat schon jetzt die Möglichkeit, an öffentlichen Stadtratssitzungen teilzunehmen“. Aber nicht jeder habe unter der Woche um 16.15 Uhr die Zeit, ins Rathaus zu fahren.
„Wir haben unterschiedliche Tendenzen in der Fraktion und noch keine abschließende Mehrheitsmeinung. Unabhängig davon aber: Ich bin eher dagegen“, meinte Manfred Springinklee, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD. „Wenn die Presse mit im Raum ist, dauern Sitzungen oft schon länger, weil bestimmte Kollegen dann unbedingt auch ihre Statements noch abgeben müssen. Ich weiß nicht, ob das der sachdienlichen Politik so zuträglich ist und fürchte, dass die Selbstdarstellung dadurch eher noch zunimmt. Vieles wird da sicher dann drei-, viermal wiedergekaut.“
„Mit Ausnahme von Fraktionskollege und Bürgermeister Urban Mangold, der eine Livestreamübertragung positiv findet, gibt es seitens der restlichen Fraktionsmitglieder vielfältige Bedenken zu Live-Übertragungen aus dem Plenum“, erklärt ÖDP-Fraktions-Chef Paul Kastner. „Bedenklich werden die zu erwartenden hohen Kosten sowie die rechtlichen Aspekte bezüglich des Datenschutzes und die Gefährdung der Persönlichkeitsrechte Einzelner gesehen. Es besteht aber auch die Gefahr, dass Stadtrats-Debatten zu Showveranstaltungen Einzelner verkommen. Dass die FDP/Passauer Liste mit Internetübertragungen ohnehin öffentlicher Diskussionen vorgibt, für Transparenz zu kämpfen, erstaunt uns. Gerade aus dieser Fraktion kam der größte Widerstand gegen die Zulassung der Öffentlichkeit bei den GmbH-Sitzungen.“
„Die Fraktion der Grünen ist der Meinung - und war dies immer schon -, dass Bürger ein Anrecht auf Informationen haben, die kommunalpolitischen Inhalts sind. Schließlich ist es ihre und unsere Stadt und wir sind die gewählten Vertreter, die Entscheidungen fällen“, meint Erika Träger. „Ich kann mir vorstellen, dass es für den Bürger durchaus von Interesse ist, zu sehen, wie sich einzelne Politiker und Politikerinnen Entscheidungen stellen.“ Vorab aber gelte es laut der Grünen-Fraktions-Chefin, die Kostenfrage abzuklären. „Ein grundsätzliches Ja zum Antrag der FDP. Jedoch besteht durchaus noch Klärungsbedarf. Deshalb wird von meiner Seite ein Antrag auf Verweisung in die Fraktion zu erwarten sein.“
„Die sich seit langem für größtmögliche Öffentlichkeit der Stadtratsarbeit einsetzende FWG-Fraktion sieht in Live-Übertragungen der Stadtrats-Sitzungen grundsätzlich einen Beitrag zur schnellen, aktuellen und objektiv-umfassenden Information der an kommunalen Entscheidungsprozessen interessierten Bürger“, sagt Alois Feuerer. „Der Bürger könnte sich dabei selbst ein Bild von der Argumentation und der Haltung der Stadträte wie auch von Seiten der Bürgermeister und der Verwaltung machen.“ Allerdings habe die Sache für Feuerer nach derzeitig vorliegenden Informationen einen großen Nachteil: „Die dabei entstehenden hohen Kosten, die momentan - bei fragwürdiger Kosten-Nutzen-Relation - eine nicht unerhebliche Belastung für den Stadtsäckel bedeuten und an anderer Stelle wieder fehlen würden.“


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