von SEBASTIAN DAIMINGER
Wo bleibt die neue Transparenz im Rathaus, die OB Jürgen Dupper (SPD) und sein Vize Urban Mangold (ÖDP) vor ihrer Wahl so gerne predigten? Das Thema scheint aktuell etwas unliebsam geworden. Es geht um die geplante Live-Übertragung von Stadtratssitzungen im Netz. Der Plan: Mehr Bürgerbeteiligung durch mehr Information via Internet. Die FDP brachte diese Idee im Dezember letzten Jahres per Antrag ein. Die Stadt selbst ist nun redlich bemüht, das Thema im nächsten Ausschuss für Verwaltung und Personal (2. Mai) abzuschmettern. In einer fünfseitigen Beschlussvorlage ergießt sich die Rathausspitze in Gegenargumenten und versucht sich mit juristischen Finessen und viel Bedenkenträgerei geschickt rauszuwinden.
So finden die Verantwortlichen gleich mehrere Gründe, warum die Räte dem Antrag für mehr Transparenz bei Stadtratssitzungen nicht zustimmen sollten. Vor allem habe man rechtliche Bedenken, weil Stadtratsmitglieder und Referenten aus der Verwaltung einer Übertragung der Sitzungen im Internet ausdrücklich zustimmen müssten. So eine Entscheidung könne bei manchen „psychischen Druck“ auslösen. In der Beschlussvorlage heißt es: „Rückfragen bei den Bediensteten der Stadtverwaltung haben so gut wie ausschließlich negative Rückmeldungen ergeben.“ Der Personalrat gab zu bedenken: „Ich sehe unser Personal Drucksituationen ausgesetzt, sollte der Stadtrat einstimmig zustimmen.“ Sonderbar nur, dass Beförderungen und finanzielle Zulagen diverser Stadtbediensteter gerne damit begründet werden, dass diese schließlich stärker in der Öffentlichkeit stehen.
Ein Stadtratsmitglied sagte gegenüber der AS: „Offenbar haben da einige Angst, dass sie künftig intensiver kontrolliert werden, wenn sie Halbwahrheiten oder fachlichen Müll von sich geben!“ Ähnliches befürchtet man offenbar auch bei der Stadt - formuliert es nur anders: „Sollten in einer öffentlichen Sitzung rein fahrlässig bestimmte Tatsachen genannt werden, die für die Öffentlichkeit nicht bestimmt sind, kann dies schnell zu haftungsrechtlichen Ansprüchen führen.“
Weitere Begründungen der Stadt gegen die Live-Übertragungen im Internet: Technisch sei die Sache schwer umsetzbar und teuer. Die Installation einer festen Webcam an der Decke sei für eine Bildübertragung zu statisch. Die Beauftragung einer Spezialfirma würde hingegen 300 000 Euro pro Jahr kosten. Der Lokalsender TRP1 habe allerdings angeboten, für 1050 Euro pro Sitzung eine Übertragung zu ermöglichen, plus einer einmaligen Gebühr von zusätzlich 6500 Euro. Offenbar hat die Stadt Passau keine Lust, in der Sache eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Die negative Einstellung wird auch damit begründet, dass noch keine andere kreisfreie Stadt in Bayern derzeit Live-Debatten ihres Plenums weltweit ins Internet stellt.
Justiz-Staatssekretär Max Stadler (FDP) sagte gestern zur AS: „Die Gegenargumente überzeugen mich nicht. Da wir nur von öffentlichen Sitzungen reden, sehe ich juristisch kein Problem. Ich denke, die Verantwortlichen haben nur Sorge vor etwas Neuem und dem damit verbundenen Aufwand.“
In eine ähnliche Richtung schießt sein neuer Parteikollege: „Offenbar will man Transparenz immer nur dort haben, wo man sie selbst brauchen kann“, frotzelt FDP-Mitglied Andreas Dittlmann und nimmt dabei vor allem Transparenz-Verfechter Urban Mangold (ÖDP) ins Visier. Dieser erklärte: „Ich bin grundsätzlich nicht gegen den Vorschlag, möchte mich aber noch mit meiner Fraktion beraten. Mit Transparenz hat das für mich aber nichts zu tun. Denn schon jetzt kann ja jeder Bürger die öffentlichen Sitzungen besuchen.“n