Änderung des Strafgesetzbuches
Bundesrat - 869. Sitzung - 07. Mai 2010Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches (Drucksache 98/10)Präsident Jens Böhrnsen: Das Wort hat Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Stadler (Bundesministerium der Justiz).
Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die die Bundesregierung tragenden Parteien waren sich in den Verhandlungen über den Koalitionsvertrag darüber einig, den strafrechtlichen Schutz von Vollstreckungsbeamten vor gewalttätigen Angriffen zu verbessern, insbesondere durch eine Neufassung des § 113 Absatz 2 Strafgesetzbuch.
Tätliche Angriffe gegen Vollzugsbeamte haben sich leider zu einem zunehmenden Problem entwickelt. Die Hemmschwelle für den Einsatz körperlicher Gewalt scheint zu sinken. Es ist für die Bundesregierung selbstverständlich, dass vor allem Polizeibeamte, die bei ihrer schweren und verantwortungsvollen Tätigkeit in besonderem Maße der Gefahr ausgesetzt sind, Opfer solcher Angriffe zu werden, Anspruch auf wirksamen Schutz haben.
In den vergangenen Wochen hat sich eine öffentliche Debatte darüber entwickelt, wie dieser Schutz ausgestaltet werden soll. Der Gesetzesantrag Sachsens stellt eine gute Grundlage für die weiteren Beratungen dar. Ich möchte in der heutigen Debatte nicht auf alle Einzelfragen eingehen, sondern mich auf zwei wesentliche Aspekte konzentrieren:
Erstens gibt es in der Tat eine Lücke in § 113 Absatz 2 StGB. Nach dieser Vorschrift wirkt es sich zwar straferschwerend aus, wenn der Täter eine Waffe bei sich führt, um diese bei der Tat zu verwenden, aber andere gefährliche Werkzeuge sind dort nicht genannt. Künftig soll auch nach Auffassung der Bundesregierung regelmäßig ein besonders schwerer Fall gegeben sein, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter ein gefährliches Werkzeug mit sich führt, um es bei der Tat zu verwenden. Die Gleichstellung von Waffen mit anderen gefährlichen Werkzeugen ist auch aus anderen Straftatbeständen bekannt. Eine Ergänzung des § 113 Absatz 2 StGB um das Merkmal „gefährliche Werkzeuge“ ist sachgerecht und geboten. Damit schließen wir eine derzeit bestehende Lücke.
Zweiter Punkt, den ich ansprechen möchte: Es wird intensiv über die Frage der angemessenen Strafandrohung diskutiert. In der öffentlichen Debatte ist dabei bisweilen zu kurz gekommen, dass in den allermeisten Fällen der Tatbestand des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte mit Körperverletzungshandlungen zusammentrifft; Herr Minister Professor Huber hat es erwähnt. Deswegen wäre eine Betrachtungsweise, die nur auf die Strafrahmen des § 113 Absatz 1 oder Absatz 2 Strafgesetzbuch abstellt, unvollständig. Bekanntlich ist die einfache Körperverletzung in § 223 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht. Der Strafrahmen für gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 StGB liegt regelmäßig sogar bei Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Gerade der Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung ist bei Widerstandshandlungen vielfach erfüllt, etwa wenn diese gemeinschaftlich begangen werden oder wenn Waffen mit sich geführt werden. In manchen Fällen des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte kommt sogar eine Prüfung noch schwererer Delikte, etwa versuchter Totschlag, in Betracht, verbunden mit noch höheren Strafandrohungen.
Ich fasse zusammen: Selbstverständlich sind Widerstandshandlungen angemessen strafrechtlich zu ahnden. Ich bitte aber in die weiteren Überlegungen einzubeziehen, dass dies in den allermeisten Fällen wegen der gleichzeitig verwirklichten Körperverletzungsdelikte ohnehin möglich ist, weil Freiheitsstrafen bis zu fünf oder sogar bis zu zehn Jahren schon nach geltendem Recht zugelassen und vorgesehen sind. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.