Dr. Max Stadler Reden (Bundesrat 11)


Effektivierung des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr

Bundesrat - 879. Sitzung - 11. Februar 2011

Entwurf eines Gesetzes zur Effektivität des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr (Drucksache 24/11)

Präsidentin Hannelore Kraft: Nächste Wortmeldung: Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Stadler (Bundesministerium der Justiz).

Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Gesetzesantrag zur Effektivierung des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr will die Freie und Hansestadt Hamburg die Möglichkeiten zur Verhängung von Untersuchungshaft erweitern. Dazu soll insbesondere der Anlasstatenkatalog des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr ausgedehnt werden. Zudem soll eine Anpassung an Änderungen im Betäubungsmittelgesetz vorgenommen werden. Schließlich wird eine Ergänzung des Bundeszentralregistergesetzes vorgeschlagen. Auf diese Einzelheiten will ich heute nicht eingehen. Aber gestatten Sie mir bitte eine allgemeine Bemerkung!


Gegen die geplante Erweiterung des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr bestehen aus der Sicht des Bundesministeriums der Justiz erhebliche Bedenken.
Schon im Vorfeld der Bürgerschaftswahlen im Februar 2008 hatte es in Hamburg solche Überlegungen gegeben, die jedoch nicht weiterverfolgt worden sind. Es fehlte seinerzeit an einem überzeugenden Nachweis dafür, dass das geltende Untersuchungshaftrecht unzulänglich und deshalb die Ausweitung des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr unabdingbar sei. An diesem Befund hat sich unserer Meinung nach nichts geändert.

Der Haftgrund der Wiederholungsgefahr dient bekanntlich dazu, in geeigneten Fällen die Allgemeinheit vor Beschuldigten zu schützen, die nicht nur dringend verdächtig sind, schon eine schwere Straftat begangen zu haben, sondern von denen zudem die Gefahr der erneuten Verübung einer schweren Straftat ausgeht. Dies ist in § 112a StPO zu Recht so geregelt. Das Bundesverfassungsgericht hat aber in einer Entscheidung im 35. Band schon gemahnt, dass eine Ausdehnung dieses Haftgrundes nur in engen Grenzen vertretbar sei, da es ja um eine Prognoseentscheidung zu Lasten eines noch nicht verurteilten, sondern lediglich verdächtigten Beschuldigten gehe. Daher muss sich der Gesetzgeber vor Änderungen dieser Bestimmung stets fragen, ob eine solche Änderung tatsächlich veranlasst ist oder ob das geltende Recht ausreicht.

Nach unserer Auffassung ist bisher die behauptete Ineffektivität des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr nicht hinreichend mit Fällen aus der Praxis belegt. Ohne solche Belege können wir aber einen derartigen Gesetzesantrag nicht unterstützen.

Im Übrigen ist es gerade im Jugendstrafrecht geboten, schnell zu Hauptverhandlungen und damit zu rechtskräftigen Entscheidungen zu kommen. Dann hat man ein Urteil als Grundlage auch für eine eventuelle Inhaftierung, keine bloße Verdachtslage mehr. Dies ist der bessere Weg zum Schutz der Allgemeinheit.
– Vielen Dank.



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