Dr. Max Stadler Archiv Fragestunde


Parallele Anwendung von deutschem und islamischem Recht vor deutschen Gerichten; etwaige Mehrkosten

Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Max Stadler auf die Fragen des Abgeordneten Manfred Grund (CDU/CSU) (Drucksache 17/3619, Fragen 26 und 27):

Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung über die parallele Anwendung von deutschem Recht und islamischem Recht vor Gerichten in Deutschland (siehe Hamburger Morgenpost vom 11. Oktober 2010), und inwieweit kommt es durch die parallele Anwendung zu Besserstellungen von Klägern bzw. Beklagten mit islamischem Hintergrund gegenüber nichtmuslimischen Klägern bzw. Beklagten?

Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung über Mehrkosten, zum Beispiel im Bereich von Sozialleistungen und Transferzahlungen, durch Verfahren mit Klägern mit islamischem Hintergrund infolge einer parallelen Anwendung islamischen Rechts vor deutschen Gerichten?

Zu Frage 26:
Es trifft zu, dass die deutschen Gerichte in Sachverhalten mit Auslandsberührung im Einzelfall auch ausländisches Zivilrecht anwenden. Es existieren aber keine parallelen Rechtsordnungen in Deutschland. Rechtsgrundlage ist vielmehr allein das deutsche Recht, namentlich das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche. In bestimmten Fällen ordnen die dortigen Vorschriften des Internationalen Privatrechts seit jeher die Anwendung ausländischen Rechts ausdrücklich an. Diese sogenannten Kollisionsnormen betreffen bestimmte Fälle mit Auslandsbezug, zum Beispiel im Familienrecht. Allerdings lässt das deutsche Recht die Anwendung ausländischen Rechts nicht schrankenlos zu. Dieses ist vielmehr dann nicht anwendbar, wenn es dem deutschen ordre public, das heißt fundamentalen Prinzipien unserer Rechtsordnung, widerspricht. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Anwendung ausländischen Rechts gegen die Grundrechte verstößt.
Auch andere Staaten sehen im Übrigen die Anwendung ausländischen Rechts vor. Dadurch soll vermieden werden, dass ein und derselbe Sachverhalt durch Gerichte unterschiedlicher Länder unterschiedlich beurteilt wird. Dies dient der Rechtssicherheit. Eine Besser- oder Schlechterstellung ist hiermit nicht verbunden.

Zu Frage 27:
Wie bereits im Zusammenhang mit Frage 26 erläutert, existiert in Deutschland keine parallele Rechtsordnung, die Mehrkosten im hier angesprochenen Sinne verursachen würde. Dementsprechend besitzt die Bundesregierung dazu auch keine Erkenntnisse.


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