Der Passauer MdB und Staatssekretär im Justizministerium, Max Stadler, verteidigt den Reformentwurf zur Sicherungsverwahrung als Weg zu mehr Sicherheit.
Max Stadler (FDP), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesjustizministerium, ist überzeugt, dass gefährliche Sexualtäter mit Hilfe elektronischer Fußfesseln deutlich besser als bisher überwacht werden können.
Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes ringt die schwarz-gelbe Koalition um eine Reform der Sicherungsverwahrung. In Hamburg ist jetzt ein gefährlicher Serien-Sexualtäter auf freiem Fuß. Können Sie die Ängste der Bevölkerung verstehen?
Stadler: Ich teile die Sorgen und Ängste der Bevölkerung vor möglichen neuen Straftaten - auch wenn ich zu Einzelfällen, für die die Landespolitik zuständig ist, nicht Stellung nehmen kann. Bund und Länder müssen aber nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) den Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Straftätern, die aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden, gewährleisten und weiter verbessern. Die Bundesjustizministerin hat vorgeschlagen, künftig im Rahmen der Führungsaufsicht die elektronische Aufenthaltsüberwachung einzuführen. Damit kann der Aufenthaltsort deutlich besser als bisher überwacht und das berechtigte Sicherheitsinteresse der Bevölkerung gewahrt werden. Die Justizministerkonferenz hat diesen Vorschlag fast einstimmig begrüßt.
Unionspolitiker lehnen die Pläne ab. Droht da der nächste Koalitionsstreit?
Stadler: Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger hat bereits vor einigen Wochen Eckpunkte zur Reform der Sicherungsverwahrung vorgelegt, die vom Kabinett gebilligt worden sind. Auch die Minister der Union haben zugestimmt. Deswegen verstehe ich nicht, warum der Bundesinnenminister und die Union insgesamt den Gesetzentwurf der Ministerin, der ja auf den Eckpunkten beruht, jetzt blockieren. Die Reform wird für mehr Sicherheit sorgen. Wir wollen die Möglichkeit deutlich ausweiten, in einem Strafurteil die Sicherungsverwahrung vorzubehalten und später dann die endgültige Entscheidung zu treffen. Damit werden die kritischen Fälle frühzeitig erfasst. Die nachträgliche Sicherungsverwahrung dagegen birgt erhebliche verfassungsrechtliche Risiken und hat zu großen Unsicherheiten in der Praxis geführt.
Wie groß ist der Kreis derer, die in der nächsten Zeit aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden?
Stadler: Eine verlässliche Zahl - es wird von 80 Personen gesprochen - können nur die zuständigen Länder angeben. Bisher haben die Oberlandesgerichte keine einheitliche Entscheidungslinie gefunden, wie mit dem EGMR-Urteil umzugehen ist. Daher ist jetzt eine von der Bundesjustizministerin vorbereitete Gesetzesänderung in Kraft getreten. Seit gestern müssen Fälle, in denen ein OLG von der Entscheidung eines anderen OLGs abweichen will, dem Bundesgerichtshof vorgelegt werden. So wird hier die Einheitlichkeit der Rechtsprechung gesichert. Die Politik ist gut beraten, sich darauf einzustellen, dass es zu Entlassungen kommen wird. Die Bundesjustizministerin hat daher veranlasst, dass Ende nächster Woche in einer Fachbesprechung das Ministerium gemeinsam mit Vertretern der Bundesländer darüber berät, wie eine einheitliche Linie in diesen Fragen herbeigeführt und präventiv alles für den Schutz der Bevölkerung getan werden kann.
Benötigen die Bundesländer jetzt mehr Polizeikräfte?
Stadler: Wie Überwachung und Schutz konkret gewährleistet werden, ist Sache der Länder. Wir wollen keine Vorgaben machen, aber den Ländern Gelegenheit geben, dass wir uns über das weitere Vorgehen abstimmen.
Die Union will sich nicht mehr an die gemeinsam vereinbarte Linie halten.
Stadler: Die Argumente der Union sind nicht ganz neu. Das Positionspapier von CDU und CSU zur Sicherungsverwahrung nähert sich unseren Vorstellungen an. Unser Vorschlag liegt schon seit längerem auf dem Tisch. Wir werden jetzt auf Basis der vom Bundeskabinett beschlossenen Eckpunkte mit der Union beraten. Ich bin zuversichtlich, dass der Gesetzentwurf der Ministerin zur Reform der Sicherungsverwahrung, so wie im Koalitionsvertrag vereinbart, zügig umgesetzt wird.
Gespräch: Andreas Herholz