Sie wollten aufklären, wälzten Akten und bestellten Minister zu stundenlangen Fragerunden ein - wenn nur das lähmende Prozedere nicht gewesen wäre. "Wir haben gelitten", erinnert sich Grünen-Politiker Ströbele an den BND-Ausschuss. Kollegen aller Fraktionen sind sich einig: Etwas muss anders werden.
Von Alexander Richter, tagesschau.de
Dreieinhalb Jahre Arbeit, Sitzungen von morgens bis spät in die Nacht, 5700 Protokollseiten und 2000 Seiten Abschlussbericht - der BND-Untersuchungsausschuss zog sich quälend lang durch die vergangene Legislaturperiode, vom September 2006 bis kurz vor die Sommerpause 2009. Zugegebenermaßen grenzte der Untersuchungsauftrag auch an Sisyphos-Arbeit: Wie unterstützte die rot-grüne Bundesregierung die USA in ihrem "Krieg gegen den Terror"? Welche Rolle spielte der Bundesnachrichtendienst (BND) beim Sturz des irakischen Diktators Saddam Hussein? Wer wusste wann von der Journalisten-Bespitzelung durch den BND in den 1990er-Jahren?
Trotz dieses immens großen Aufgabenfeldes waren die Parlamentarier anfangs optimistisch, schnell Ergebnisse vorweisen zu können. Immerhin basierte ihre Arbeit auf dem erst 2004 reformierten "Parlamentarischen Untersuchungsauschussgesetzes" (PUAG), wodurch die Aufklärungsarbeit der Abgeordneten nicht nur beschleunigt und sondern auch vereinfacht werden sollte. Doch das Gegenteil war der Fall und auch Bundesgerichtshof sowie Bundesverfassungsgericht wurden in der Sache angerufen.
"Wir haben gelitten", erinnerte sich Hans-Christian Ströbele im Gespräch mit tagesschau.de. Er saß in seiner Eigenschaft als Obmann der Grünen in nahezu jeder Sitzung des Ausschusses. Da es nicht nur ihm so ging, gibt es nun eine fraktionsübergreifende Initiative die Reform des PUAG zu reformieren.
"Das Gesetz hat sich an einigen Stellen in der Praxis nicht bewährt", resümierte der Max Stadler, der für die FDP als Obmann im Gremium fungierte. Deshalb gebe es derzeit ein "informelles Brainstorming". Bis Mitte März sollten Verbesserungsvorschläge an den ehemaligen Ausschussvorsitzenden Siegfried Kauder geschickt werden. Tatsächlich liegen nun auf dem Tisch des CDU-Politikers die Schreiben der Grünen, der Linksfraktion, der FDP und der SPD.
Besonders in der Kritik steht das Fragerecht nach dem Muster der sogenannten Berliner Stunde. Demnach bekommt jede Fraktion innerhalb von 60 Minuten soviel Fragezeit im Ausschuss, wie es dem Verhältnis von Sitzen im Bundestag entspricht - große Fraktionen bekommen also viel Fragezeit und kleine Fraktionen wenig. Die Grünen hatten damit im BND-Ausschuss nur sieben Minuten Fragezeit. Das steht im Widerspruch zum Grundgedanken eines Untersuchungsausschusses, der ein Minderheitenrecht ist und von lediglich einem Viertel der Bundestagsabgeordneten ins Leben gerufen werden kann.
Die "Berliner Stunde" müsse einen oppositionsfreundlichen Zuschlag erhalten, forderte der ehemalige SPD-Obmann Micheal Hartmann gegenüber tagesschau.de. Wohlgemerkt, er zählte im BND-Ausschuss zu den Profiteuren der "Berliner Stunde". Stadler wird konkreter: Er möchte jeder Fraktion zehn Minuten Fragezeit einräumen - wobei die Partei beginnen soll, die den jeweiligen Zeugen geladen hatte.
Ströbele schlägt ein Verfahren vor, wonach das Fragerecht zwischen Opposition und Regierungsparteien stetig wechselt. Beginnen solle der Ausschussvorsitzende, wobei seine Fragen dem Zeitkonto seiner Partei angerechnet werden. Kauder will dagegen die "Berliner Stunde" im Grundsatz nicht antasten und die Rechte des Vorsitzenden etwas stärken: Er müsse die Fragezeit aber flexibler gestalten dürfen, damit gerade kleine Fraktionen ihre Fragen zu einem Sachverhalt zusammenhängend stellen könnten, sagte er zu tagesschau.de.
Diese Ideen sollen - wie gesagt - die Arbeit eines Untersuchungsausschusses beschleunigen. Dennoch wäre es denkbar, dass es abermals zu Zeitspannen kommt, die sich über fast eine komplette Legislaturperiode ziehen. Dem will Kauder entgegenwirken: Bereits bei der Einsetzung durch das Parlament müsse dem Untersuchungsausschuss eine Frist gesetzt werden, bis wann ein Abschlussbericht vorliegen muss.
Nun gilt es, diese und viele weitere detailreiche Vorschläge unter einen Hut zu bringen und in einen ersten Entwurf zur Änderung des "Parlamentarischen Untersuchungsausschussgesetzes" zu gießen. Laut Plan soll das zu Jahresmitte der Fall sein, wann die Initiative dann zur Abstimmung in den Bundestag eingebracht wird, ist noch offen.