Dr. Max Stadler Archiv Presse


Die neuen Leiden der Werte

Verantwortungsbewusstsein ade? - Experten und Niedernburg-Schülerinnen diskutieren
über Werteverfall

„Es gibt Sätze, die man einmal hört und für das weitere Leben prägend
sind“, sagt Renate Braun, Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Passau. Bei
ihr war es die Maxime einer ehemaligen Lehrerin, welche mahnte,
aufmerksam zu hören, wie es um die Schwachen bestellt ist. Aus der
damaligen Schülerin ist eine erfolgreiche Führungskraft geworden, die auf
Podiumsdiskussionen Heranwachsende auf die Bedeutung von Werten
hinweist; geblieben bis heute das Festhalten am Motto aus den
Kindertagen.
„Die jungen Leute sollten sich etwas zutrauen, grundlegende Werte aber
unter keinen Umständen vernachlässigen“, waren sich die Diskutanten der
gestrigen Gesprächsrunde am Gisela-Gymnasium einig. Bereits zum
vierten Mal fand die Veranstaltung in der Niedernburg-Aula statt, jährlich
debattieren dort Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Kultur über aktuelle
gesellschaftliche Themen.
Neben Braun diskutierten Prof. Dr. Hans Mendl (Lehrstuhl für
Religionspädagogik und Didaktik des Religionsunterrichts, Uni Passau),
Prof. Dr. Gerhard Waschler (ehemaliger Abgeordneter im bayerischen
Landtag, CSU) und Dr. Max Stadler (Staatssekretär im
Bundesjustizministerium, FDP) mit den Schülerinnen der 11. bis 13.
Klasse. Moderiert wurde das Gespräch von Studienrat Michael Preiß und
K13-Schülerin Judith Duschl.
Schüler wie Lehrer interessierte vor allem die Frage nach Moral in den
Führungsebenen von Unternehmen. Negativbeispiele wie Banken-Fiasko,
fragwürdige Managergehälter oder Steuerhinterziehung als Volkssport
zeigen deutlich, dass Werte von einem neuen Leiden, einem zunehmenden
Verfall von Solidarität und Verantwortungsbewusstsein, befallen sind. „Die
Wirtschaft braucht Menschen mit moralischer Bodenhaftung, ein
Unternehmen sollte stets zwei Leitziele haben: Umsätze erzielen und eine
verantwortungsvolle Betriebs- Ethik an den Tag legen. Das Erste darf das
Zweite nicht ausschließen“, betonte Sparkassenchefin Braun, die nach
eigener Einschätzung in der heutigen Sozialstruktur weitaus schlechtere
Chancen auf eine Führungsposition hätte wie noch vor 40 Jahren. „Es ist
ein Skandal, dass Bildung und Zukunftschancen derart stark vom sozialen
Status der Eltern abhängen“, kritisierte Dr. Mendl. Dennoch dürfe die
Antwort der Pädagogen keineswegs ein ausschließlicher Leistungsdrill sein,
„eine nachhaltige Pädagogik muss den Spagat zwischen Wissens- und
Wertevermittlung schaffen“, appellierte Mendl. „Erfolgsstreben darf in
unserer Gesellschaft nicht oberste Priorität haben, dafür muss Solidarität
stärker in den Mittelpunkt rücken“, gab Prof. Dr. Waschler zu bedenken.
„Hier ist neben dem Elternhaus die Schule mehr denn je gefordert“,
ergänzte Dr. Stadler. „Wenn Ihnen nur ein einziger dieser Ratschläge für
die Zukunft hängen bleibt, hat die heutige Veranstaltung ihren Zweck
mehr als erfüllt“, schloss Braun die Diskussion. - mat


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