Berlin (dpa) - Polizei und Bundesregierung rechnen mit einer Entscheidung Mitte des Jahres über den Probebetrieb der bislang noch umstrittenen Körperscanner auf deutschen Flughäfen. Bis dahin sollen Zwischenergebnisse der laufenden Labortests in Lübeck vorliegen.
Erst danach könne eine Entscheidung über «Realtests» getroffen werden, sagte ein Sprecher des Innenministeriums am Montag in Berlin. Deutschland habe aber noch keinen entsprechenden Antrag bei der EU- Kommission gestellt. Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), sieht gute Chancen für einen Probebetrieb noch in diesem Jahr. Gewerkschaften warnten davor, die Sicherheitsdiskussion auf die Körperscanner zu begrenzen.
Der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, sagte, das gesamte System der Flugsicherheit müsse auf den Prüfstand. Vom Flicken nur eines Sicherheitslochs könne man keine Wunderdinge erwarten. Im ARD-«Morgenmagazin» sagte er, die Personenkontrollen seien löchrig. Verantwortlich seien die Flughafenbetreiber. «Sie lassen sich die Sicherheit bezahlen, aber sie sparen an Sicherheit», kritisierte er. Auch sei mehr Personal bei der Polizei nötig, um mögliche Täter schon im Vorfeld zu beobachten. Zudem müsse es eine bessere Vernetzung zwischen den Sicherheitsbehörden geben.
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) warnte vor einer übereilten Einführung der Körperscanner. «Ich nehme die Argumente, die gegen die Nacktscanner vorgetragen werden, sehr ernst», sagte Ramsauer der Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin. «Eine Einführung solcher Geräte darf keinesfalls übers Knie gebrochen werden.» Die Scanner-Debatte war nach dem nur knapp vereitelten Terror-Attentat eines Nigerianers am ersten Weihnachtsfeiertag in einem US-Flugzeug über Detroit wieder hochgekocht.
Bosbach sagte dpa, es komme jetzt darauf an, dass sich die Geräte mit modernster Technik im praktischen Betrieb bewährten. «Und das geht nicht in Labors, dafür braucht man den Praxistest auf deutschen Flughäfen.» Er sei zuversichtlich, dass mit den Tests noch in diesem Jahr begonnen werden könne. Die Bundespolizei will nach Angaben einer Sprecherin im ersten oder zweiten Quartal dieses Jahres Zwischenergebnisse der Tests mit Körperscannern vorstellen.
Dagegen legte sich die FDP nicht auf einen Zeithorizont zur Einführung der Technik fest. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Max Stadler (FDP), sagte dem Berliner «Tagesspiegel», die Erfahrung habe gelehrt, dass Sprengstoff in der Unterwäsche unerkannt an Bord von Flugzeugen gebracht werden könne. Daher seien Körperscanner «der richtige Ansatz». Jedoch dürften sie erst eingeführt werden, wenn der Eingriff in die Intimsphäre der Menschen so gering wie möglich und mit dem Einsatz ein deutlicher Sicherheitsgewinn verbunden sei. FDP-Generalsekretär Christian Lindner ließ in der «Rheinischen Post» eine Zustimmung seiner Partei zum Einsatz der Scanner offen.
Der Leiter des Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, sagte der dpa, bislang sei ein Punkt in der Debatte vernachlässigt worden: «Ob eine hinreichend sichere Detektion möglich ist - dass ist eine Diskussion, die noch nicht ausreichend geführt wurde. Es ist nicht auszuschließen, dass nicht hundert Prozent aller gefährlichen Gegenstände detektiert werden können.» Wenn die Körperscanner nicht deutlich mehr Sicherheit als die üblichen Kontrollen böten, sei der Einsatz unverhältnismäßig und unnötig.
Nach europäischem Recht sind Körperscanner bislang nicht an Flughäfen zugelassen, wie der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Stefan Paris, erklärte. Um die Scanner in Europa generell zuzulassen, müsste laut Paris eine entsprechende Verordnung geändert werden, indem die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten dafür stimmt. Es seien aber Ausnahmen für Tests an Flughäfen möglich, wenn sie bei der EU- Kommission beantragt und von dieser gebilligt worden seien. «Wir haben in Deutschland einen solchen Antrag nicht gestellt», sagte Paris. In den Niederlanden laufen derzeit Tests mit Körperscannern.