Zu früh gefreut: Drexler doch nicht in Berlin
Die 14,7 Prozent aus Bayern reichten nicht für ein Bundestagsmandat - Erster Nachrücker
Freyung. Alle hatten sie ihm schon gratuliert. Die 30 Anhänger bei der Wahlparty sowieso. Aber auch die, die Gerhard Drexler schon kurz nach 18 Uhr am Handy anriefen. Freunde und Bekannte, ja sogar Landrat Ludwig Lankl (CSU). Doch der FDP-Mann Drexler, sonst kaum zu bremsen in seiner Begeisterungsfähigkeit, hatte am Sonntagabend kein gutes Bauchgefühl. „Erst wenn ich den offiziellen Anruf kriege, ist es sicher“, antwortete er den Gratulanten, die ihn bereits mit „Herr Bundestagsabgeordneter“ ansprachen. Seine Frau Susanne lächelte. „Gerhard, Du machst es wie immer spannend.“
Gerhard Drexler hat es letztlich doch nicht geschafft. Erfahren hat er es am Montagmorgen um 6 Uhr aus dem Internet. In der Nacht davor hatte er bis kurz nach 1 Uhr am PC gesessen, seine Excel-Tabelle gefüttert und gebangt, ob das FDP-Ergebnis aus Bayern für 15 Mandate in Berlin reichen könnte. 14,7 Prozent - eigentlich war klar, das reicht nur für 14 Mandate. Aber ein letzter Funke Hoffnung war da. „Die Sonstigen kommen auf 8,5 Prozent, das ist gut“, redete er sich ein. Doch Drexler war klar: Es wird nicht reichen. Er braucht es nicht schwarz auf weiß. Er legte sich ins Bett und stand erst um 6 Uhr auf, um sich dann die Bestätigung im Internet anzuschauen.
Am Tag zuvor hatte er sich schon einen Schlachtplan zurecht gelegt: 4 Uhr aufstehen, 5 Uhr mit dem Auto nach Berlin fahren, 11.30 Uhr erste Fraktionssitzung mit den alten und neuen Abgeordneten. Er sollte nun doch nicht dabei sein.
Drexler gibt sich gar nicht so enttäuscht. „Das Ergebnis ist eh super“, tröstet er sich. „Ich bin 45. Es gibt ja noch ein paar Wahlen.“
Der Passauer FDP-Abgeordnete Max Stadler, der mit seinem 2. Platz auf der Liste gleich hinter Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sicher in den Bundestag einzog, bedauerte es gestern kurz vor besagter Fraktionssitzung in Berlin sehr, dass Drexler nicht dabei sein konnte. „Das ist ein ganz, ganz großer Wermutstropfen in dieser sonst so gut verlaufenen Wahl. Ich hatte sehr gehofft, dass es reicht. Gerhard Drexler wäre mit seiner Art eine Bereicherung für das Parlament gewesen“, sagte Stadler.
Drexler, der in Freyung unabhängiger Versicherungs- und Fonds-Makler ist, hofft auf eine Nachrücker-Möglichkeit. „In vier Jahren kann viel passieren. Beim letzten Mal kamen drei Nachrücker zum Zug“, rechnet er bereits weiter. „Oder sie haben sich wieder verzählt“, merkt er ironisch an.
Drexler hatte beim Kampf um einen guten Platz auf der FDP-Liste zweimal für Aufregung gesorgt. Als in Deggendorf der Direktkandidat für die FDP nominiert werden sollte, überraschte er die sich sicher wähnenden Deggendorfer damit, dass er seine Anhängerschaft in einem Bus mitbrachte. Er hatte FDP-Wähler mobilisiert und so den parteiinternen Konkurrenten geschlagen. Als es Wochen später in der Dingolfinger Stadthalle um die Listenplätze ging, unterlag Drexler immer wieder und landete schließlich mit einer Stimme Unterschied auf Platz 16. Wenn es noch einen einigermaßen aussichtsreichen Platz gab, dann war das der 15. Schließlich wurde festgestellt,dass man sich verzählt hatte. Drexler rutschte auf den angestrebten Platz 15. Es sollte ein Wackelplatz bleiben.
Drexler hat es in den vergangenen Jahren und vermehrt in den vergangenen Monaten verstanden, auf sich aufmerksam zu machen. Annähernd 10 000 Euro steckte er in den Wahlkampf. Die FDP, die im Landkreis nahezu am Boden lag, stand wieder auf. Vor vier Jahren schaffte es Drexler als Bundestagskandidat auf 8,2 Prozent im Landkreis Freyung-Grafenau. Lediglich in drei Orten kam er knapp über 10 Prozent. Jetzt, vier Jahre später, steigerte er sein Ergebnis als Direktkandidat um sechs Prozent. Nur in einem einzigen Ort (Riedlhütte) blieb er unter zehn Prozent. Eine Umkehrwende.
Gerhard Drexler, der zwei Enkel hat, bleibt in den Startlöchern, auch wenn er sich für die nächsten drei Tage ausklinken will. Der Wahlkampf hat den gewichtigen Mann angestrengt. Ein bisschen analysieren will er dann aber doch noch. So fällt auf, dass er lediglich in St. Oswald-Riedlhütte unter 10 Prozent blieb - ein klares Zeichen dafür, dass der Wirtschaftsmann Drexler trotz seiner mehrmaligen Auftritte in der Glashütte nicht das Vertrauen der Gloserer gewinnen konnte.
Die Parteizentrale in München rechnete gestern aus, wie viele Stimmen fehlten, um auf das 15. Mandat zu kommen. Es wären 12 135 gewesen, die FDP hätte in Bayern auf 14,9 Prozent kommen müssen. Wenn die Wähler aus dem Landkreis Freyung-Grafenau Drexler nach Berlin hätten schicken wollen, hätten sie der FDP drei Mal so viele Stimmen geben müssen, wie sie es am Sonntag getan haben. Die FDP hatte 5341 Zweitstimmen erhalten.