PNP-Interview: Max Stadler (FDP) über die Sticheleien zwischen der CSU und den Liberalen - und warum die schwarz-gelbe Koalition im Freistaat bei der Wahl trotzdem Vorbildcharakter hat.
*Eine Vermengung von Bundeswehr- und Polizeiaufgaben *werde es mit der FDP nicht geben, sagt der Passauer FDP-Bundestagsabgeordnete und Innenexperte seiner Partei, Max Stadler.
Herr Stadler, einen Monat vor der Wahl steht die FDP in den Umfragen besser da denn je. Wie kommt das?
*Stadler:* Ein Grund ist sicher das Bedürfnis der Menschen nach einem politischen Wechsel. Die Große Koalition ist angetreten, um große Probleme im Land zu lösen. Aber nach vier Jahren hat Deutschland mehr Schwierigkeiten als zu Beginn der Legislaturperiode. Zugleich sehen gerade die Menschen in Bayern, dass eine Regierungsbeteiligung der FDP dem Freistaat gut getan hat und die Zusammenarbeit von CSU und FDP fruchtbar ist. Bayern ist damit sozusagen das Muster für eine schwarz-gelbe Bundesregierung in Berlin.
Für eine Muster-Koalition haben sich CSU und FDP aber ganz schön beharkt, oder wie interpretieren Sie die Nadelstiche von Horst Seehofer?
*Stadler: *Im Grunde hat uns Ministerpräsident Horst Seehofer damit bescheinigt, dass er uns als ernst zunehmende Konkurrenten um Wählerstimmen in Bayern betrachtet. Früher hatte die CSU uns gegenüber ja die Strategie: Nicht einmal ignorieren. Die Nadelstiche sind also allein dem Wahlkampf geschuldet. Ich habe sie trotzdem als nicht förderlich empfunden, weil der Blick darauf verstellt wird, dass die neue Regierung in Bayern erfolgreiche Arbeit geleistet hat.
Warum hat sich die FDP dann noch nicht zu einer klaren Koalitionsaussage für den Bund durchringen können?
*Stadler:* Es gibt in einem Wahlkampf eine gewisse Dramaturgie. Diese Dramaturgie sieht bei uns vor, dass wir eine Woche vor der Wahl bei einem Parteitag in Potsdam einen Wahlaufruf verabschieden und darin das Ziel der schwarz-gelben Koalition noch einmal deutlich aussprechen. Das steht schon lange fest und Horst Seehofer weiß das eigentlich.
Das Umfragehoch der FDP verwundert eigentlich schon deshalb, weil sie für weniger Staat steht. Dabei wird derzeit wieder ein strengeres staatliches Eingreifen gefordert, etwa auf den Finanzmärkten…
*Stadler: *Das ist nur scheinbar ein Widerspruch. Zum einen, weil auch die FDP der Auffassung ist, dass es Spielregeln geben muss. Wir sind beispielsweise nicht gegen eine Bankenaufsicht, sondern haben schon in der Vergangenheit kritisiert, dass diese zersplittert ist. Wir waren immer für eine konzentrierte und damit wirkungsvollere Aufsicht. Gleichwohl unterscheiden wir uns von den anderen Parteien am deutlichsten durch unser Steuerkonzept. Ein wachsender Teil der Wählerschaft folgt dabei aber unserem Grundargument, dass es gerade in einer Krise ein Fehler wäre, Bürgern und Unternehmen durch Steuererhöhungen noch Geld wegzunehmen. Wir halten es für besser, ihnen mehr Geld in der Tasche zu lassen, damit sie durch ihre Nachfrage und Investitionen die Wirtschaft wieder ankurbeln. Dadurch kommt dann letztlich auch wieder mehr Geld in die Staatskassen. Unser Konzept sieht beispielsweise eine Entlastung der Familien durch hohe Grundfreibeträge vor: Eine vierköpfige Familie soll nach unserem Willen bis zu einem Einkommen von 40 000 Euro keine Lohn und Einkommensteuer zahlen. Außerdem muss die Erbschaftssteuer abgeschafft werden. Insgesamt ist das Steuersystem zu kompliziert und muss neu gestaltet werden. Die bestehende Verschuldung macht es allerdings notwendig, dass man eine Steuerreform schrittweise angehen muss.
Bei der Steuerpolitik rennen Sie vor allem in der CSU offene Türen ein. Gerade in der Innenpolitik, zeichnen sich aber in einer schwarz-gelben Koalition zahlreiche Konfliktlinien ab. Die Union drängt etwa auf den Einsatz der Bundeswehr für Polizeiaufgaben….
*Stadler: *Das wird es mit den Stimmen der FDP nicht geben. Wir haben dazu eine ganz klare Haltung: Bundeswehr- und Polizeiaufgaben müssen getrennt bleiben. Das ist nicht verhandelbar. Im Übrigen bin ich aber gar nicht so skeptisch, was die Zusammenarbeit in der Innen- und Rechtspolitik anbelangt. Beispielsweise haben die Skandale bei der Mitarbeiterüberwachung in Firmen, aber auch die Debatte über die Weitergabe von Bankdaten an die USA den Wert des Datenschutzes parteiübergreifend wieder klarer gemacht. Hier treffen wir als FDP jetzt auf mehr Verständnis. In konservativen Kreisen hatte es früher bisweilen geheißen: Datenschutz ist Täterschutz - diese verengte Sichtweise ist vorbei.
Bayerns Innenminister Herrmann hat für kommendes Jahr ein neues NPD-Verbotsverfahren angekündigt. Halten Sie das für aussichtsreich?
*Stadler:* Ich habe mich über die Aussagen des Innenministers sehr gewundert. Zwar hat er damit Recht, dass die NPD eine verfassungsfeindliche Partei ist und daher verboten werden
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*„Herrmann auf halbem Weg stehen geblieben“ *
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könnte. Doch wenn er gleichzeitig betont, an einen Abzug der eingeschleusten Verfassungsschutz-Leute sei nicht zu denken, dann ignoriert er, was das Verfassungsgericht als Vorgabe für ein neues Verbotsverfahren gemacht hat. Ohne Abzug der V-Leute wäre ein neues Verfahren ganz klar zum Scheitern verurteilt. Mit seiner Forderung ist Joachim Herrmann daher auf halbem Weg stehen geblieben.
Wie sieht es mit Ihren persönlichen Plänen aus? Für das Justizressort gelten Sie als möglicher Minister-Kandidat.
*Stadler: *Es ist immer ehrenvoll, wenn man genannt wird, und besser, als wenn es heißt: Der kommt überhaupt nicht in Frage. Natürlich will ich gerne weiter an der Gestaltung der Innen- und Rechtspolitik in Deutschland mitwirken. Wie und wo, das werden wir nach der Wahl sehen. Franz Josef Strauß hat einmal gesagt, er schlafe nicht deshalb bei offenem Fenster, um nur ja keinen Ruf aus der Hauptstadt zu überhören. In diesem einen Punkt stimme ich ihm ausnahmsweise mal zu.
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Das Gespräch führten Ernst Fuchs und Martin Wanninger.