Dr. Max Stadler (FDP):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Das Gesetz, über dessen Befristungsverlängerung heute diskutiert wird, ist 1998 auf Initiative des damaligen Innenministers Kanther gegen Ende der Legislaturperiode verabschiedet worden. Die FDP – damals zusammen mit der CDU/CSU in der Regierung – hat ihm im Wege eines Kompromisses zugestimmt, obwohl es in unserer Fraktion gewisse Bedenken gegen die Einführung verdachtsunabhängiger Kontrollen gegeben hat.
(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die gab es auch beim Abgeordneten Schily!)
Wir haben damals aber durchgesetzt, dass diese neue Befugnis zunächst auf fünf Jahre beschränkt wird, weil wir der Meinung waren, das sei der ausreichende Zeitrahmen, um zu klären, ob sich eine solche Neuregelung in der Praxis bewährt. Die fünf Jahre sind übrigens bewusst gewählt worden, weil wir die Diskussion über eine Verlängerung oder Beibehaltung der Regelung aus dem Bundestagwahlkampf 2002 herausnehmen wollten.(Dr. Ole Schröder [CDU/CSU]: Sehr gut!)
Daher können wir heute sine ira et studio über die Fortführung sprechen. Wir alle stellen fest, dass diese verdachtsunabhängigen Kontrollen ohne Zweifel zu Fahndungserfolgen geführt haben. Insofern wundere ich mich sowohl über den Antrag der CDU/CSU als auch über die Ausführungen der SPD, in denen Sie beide für eine weitere Befristung eintreten, nachdem Sie in Ihren Redebeiträgen zum Ausdruck gebracht haben, dass dies eine unverzichtbare Maßnahme sei. Ich kann nicht verstehen, warum Sie nicht für eine Verlängerung schlechthin eintreten. Wir von der FDP können es uns allerdings nicht so leicht machen, und zwar aus folgendem Grund.
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des KollegenKoschyk?
Dr. Max Stadler (FDP):
Nein, ich möchte meinen Gedanken im Zusammenhang vortragen. – Nach wie vor gilt, dass verdachtsunabhängige Kontrollen ein Fremdkörper in unserem Rechtssystem sind.
(Beifall bei der FDP – Silke Stokar von
Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das
ist mein Satz!)
Für einen polizeilichen Eingriff musste vor der Befugniserweiterung ein konkreter Verdacht als Voraussetzung vorliegen. Der Wegfall dieser Voraussetzung war neu. Daher muss man schon genau fragen: Ist dies wirklich notwendig? Wir hatten gestern ein Gespräch mit Praktikern des Bundesgrenzschutzes, die sehr wohl der Meinung waren, die Fahndungserfolge, die der Kollege Schröder gerade genannt hat, wären auch auf der Basis des früheren Rechtes möglich gewesen.
(Zuruf von der CDU/CSU: Das kann ich mir nicht vorstellen!)
Darüber wollen wir uns im Ausschuss noch einmal präzise informieren.
Ich nenne noch ein Argument, das wir in den Ausschussberatungen bedenken sollten. Wir haben der Befugniserweiterung damals zugestimmt, weil wir nicht wollten, dass es beim Wegfall der Grenzkontrollen eine Sicherheitslücke gibt. Infolge dessen hat es eine Logik, wenn im Grenzraum verdachtsunabhängig kontrolliert wird. Wir haben dem Gesetz damals im Wege des Kompromisses zugestimmt. Der jetzige Gesetzentwurf geht aber viel weiter und lässt diese verdachtsunabhängigen Kontrollen praktisch im gesamten Bundesgebiet zu. Je weiter die Kontrolle räumlich von einer Grenze entfernt ist, umso mehr fehlen die Logik und die Rechtfertigung, eine solche verdachtsunabhängige Kontrolle als Ersatz für eine Grenzkontrolle einzuführen. Aus diesem Grunde bitte ich um Verständnis dafür, dass wir von der FDP uns heute noch nicht auf unser Votum festlegen, sondern dass wir zunächst im Innenausschuss in einem Fachgespräch – vor allem mit Praktikern – das Für und Wider erörtern möchten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)