Dr. Max Stadler Archiv Reden


Rede vom 16.10.2003

''Zum Heimkehrer- Entschädigungsgesetz''

Dr. Max Stadler (FDP):
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Bei diesem Gesetzentwurf geht es um nicht mehr und nicht weniger als die Beseitigung einer Ungerechtigkeit.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Es wäre nicht zu spät, wenn man diese Ungerechtigkeit hier und heute beseitigen würde.
(Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Symbole!)
Herr Staatssekretär Körper, aus diesem Grund finde ich Ihren Hinweis auf die Rede des damaligen Bundeskanzlers Kiesinger aus dem Jahre 1966 wirklich deplatziert.
Er habe damals, 1966, gesagt, dass die Kriegsfolgenentschädigung allmählich ein Ende haben müsse, dass man nach vorne blicken müsse. Wenn das in unserer heutigen Debatte ein wirkliches Argument wäre – ich will keine falschen Parallelen zu anderen Sachverhalten herstellen –, dann wäre es aber auch nicht richtig, dass noch im Jahre 2000 Lücken bei der Entschädigung von NS-Unrecht geschlossen wurden; aber
alle vier Fraktionen waren der Meinung, dass das richtig ist.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie mit dem Zitat aus der Rede von Kiesinger Ihrem Koalitionspartner Bündnis 90/Die Grünen aus der Seele gesprochen haben, setzt er sich doch dafür ein, die vergessenen Opfer aus der NS-Zeit auch jetzt noch zu entschädigen. Das Zeitargument ist das schwächste Argument.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Es ist eine Ungerechtigkeit; denn die Frage der finanziellen Zuwendung hing von dem Zufall ab, ob ein Kriegsheimkehrer in die damals sowjetisch besetzte Zone, in die spätere DDR, oder in den Westen zurückgekehrt ist. Die Betroffenen können es nicht nachvollziehen, dass die eine Gruppe eine Entschädigung bekommen hat und die andere Gruppe nicht. Wenn von der Bundesregierung ausgeführt wird, bei denjenigen, die in den Westen gekommen sind, sei es keine Entschädigung, sondern eine Eingliederungshilfe gewesen, dann können das vielleicht Juristen verstehen, die betroffenen Menschen
jedoch verstehen dies nicht.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Aus diesem Grund wird die FDP dem Gesetzentwurf zustimmen. Denn es ist darüber hinaus auch nicht der Fall, dass wir als Bundesrepublik Deutschland damit finanziell
überfordert wären. Ich möchte allerdings einen Vorbehalt nennen. Es hat mich in dem gesamten Gesetzgebungsverfahren ein einziges ungutes Gefühl beschlichen. Wir kennen die Haltung der Bundesregierung zu dieser Frage; sie wurde vom Herrn Staatssekretär soeben wieder dargestellt. Wir wissen auch, dass die früheren Bundesregierungen
dieselbe Haltung hatten. Deswegen ist natürlich absehbar, dass es für das berechtigte Anliegen keine Mehrheit geben wird. Es tut mir daher Leid, dass in den Menschen Hoffnungen geweckt worden sind, die mit dem Ergebnis der Abstimmung, die gleich ansteht, enttäuscht werden.
(Sebastian Edathy [SPD]: Wer hat denn die
Hoffnungen geweckt?)
Das ändert aber nichts daran, dass das Anliegen gerechtfertigt ist. Deswegen werden wir dem Gesetzentwurf zustimmen.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU –
Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Diese Hoffnung haben aber nicht
wir geweckt!)


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