148. Sitzung des Deutschen Bundestages
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer:
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Max Stadler.
Dr. Max Stadler (FDP):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt auch eine kommentierte Textausgabe von dem Mitarbeiter in Baden-Württemberg, Herrn Storr, der am Zuwanderungsgesetz mitgearbeitet hat. Auch diese erweitert die Rechtskenntnisse.
Lieber Herr Kollege Grindel, angesichts des etwas aufgeregten Tons, den Sie aufgrund Ihres Temperaments in solche Debatten bringen,
(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: So schlimm war es nicht!)
fällt es mir ein wenig schwer, zu sagen – aber ich sage es doch –: Ihr Antrag hat in der Tat einen richtigen Grundgedanken, eine Grundposition, die auch die FDP-Bundestagsfraktion immer vertreten hat. Wir haben einerseits immer gesagt, wir halten am Asylgrundrecht und an den humanitären Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland gegenüber Flüchtlingen, zum Beispiel aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention, fest. Andererseits sind wir aber auch dafür, dass bei denjenigen Personen, die in Deutschland kein Bleiberecht haben und keine Duldung erfahren, konsequent die Abschiebungsregeln angewandt werden. Ich glaube, das ist völlig selbstverständlich.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie listen nun in Ihrem Antrag etliche praktische Probleme auf. In der Kürze der Zeit, die mir nur zur Verfügung steht, kann ich darauf beim besten Willen nicht eingehen. Die Bundesregierung wird im Ausschuss Gelegenheit haben, darzulegen, inwieweit diese Probleme noch existieren. Ich glaube aber, dass manche Probleme schon gelöst sind.
Wo es Lücken gibt, müssen diese geschlossen werden. Wir sind beispielsweise der Meinung, dass es nicht geduldet werden kann, dass Ausweispapiere bewusst vernichtet werden, um eine Rückführung zu verhindern. Wir sind durchaus bereit, für diese Papiere eine Funddatei, die schon einmal beschlossen wurde, einzurichten. Mit anderen Vorschlägen schießen Sie allerdings über das Ziel hinaus. Aber dazu kann ich, wie gesagt, erst im Ausschuss im Detail Stellung nehmen.
Ich möchte einen Grundgedanken Ihres Antrages aufgreifen. Sie sagen sinngemäß, dass durch das Zuwanderungsgesetz die Aufenthaltssituation von Menschen, die verfolgt bzw. deren Menschenrechte verletzt wurden, verbessert worden sei. Daher müsse man auf der anderen Seite konsequent abschieben. Wir sind ebenfalls dieser Meinung. Aber wir betonen besonders den ersten Aspekt Ihres Gedankens. Die FDP möchte, dass das bewährte System des Flüchtlingsschutzes in Deutschland aufrechterhalten wird.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Josef Philip Winkler [BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht nur die FDP!)
Der Vorschlag des Bundesinnenministers vom Sommer, Aufnahmestellen in Afrika einzurichten, hat zu Irritationen in der Öffentlichkeit geführt. Es lag nahe, aus dieser Idee zu schließen, dass die Europäische Union den Flüchtlingsschutz sozusagen in Drittstaaten auslagert. Ein wenig kommt dieser Gedanke auch in Ihrem Antrag zum Vorschein. Dazu sage ich Ihnen: Das ist nicht die Position der FDP.
(Beifall bei der FDP)
Herr Schily hat am 1. Dezember im Innenausschuss klargestellt, er wolle mit diesen Aufnahmelagern nur ein zusätzliches Angebot schaffen und nicht die bestehenden Rechte beschneiden.
(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Die Sache ist doch geklärt!)
Wir werden sehr sorgfältig darauf achten, dass es bei dieser Aussage bleibt.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP sowie des Abg. Rüdiger Veit [SPD] und des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ein letzter Punkt. Für jeden Grundsatz, also auch für den Grundsatz, die Abschiebungsregeln konsequent anzuwenden, existieren natürlich Ausnahmen. Ausnahmen in Härtefällen muss es aus humanitären Gründen geben. In der Praxis würde es kaum jemand verstehen, wenn Menschen, die schon jahrelang hier leben, die sehr gut integriert sind und deren Kinder hier geboren sind, abgeschoben würden.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die heutige Debatte nehmen wir zum Anlass, an diejenigen, die in den durch das Zuwanderungsgesetz neu geschaffenen Härtefallkommissionen tätig sein werden, zu appellieren, für diese Fälle pragmatische Lösungen zu finden, wozu wir als Gesetzgeber leider nicht in der Lage gewesen sind.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)